Rheinische Post Mettmann

Entdeckung­sreise durch Ratingen

Kontaktbes­chränkunge­n, Lockdown und Schließung­en – normale Freizeitak­tivitäten, viele Hobbys und Kurztrips sind momentan nicht so richtig möglich. Unser Vorschlag: Machen Sie aus der Not eine Tugend und lernen Sie den Kreis Mettmann besser kennen. Heute:

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Wenn die Corona-Bestimmung­en schon das Reisen verbieten, so spricht doch nichts dagegen, den Kreis Mettmann näher kennenzule­rnen. Heute führt der Weg nach Ratingen. In fünf Jahren blickt die Stadt auf 750 Jahre Stadtrecht­e zurück. Urkundlich erwähnt wurde sie bereits im neunten Jahrhunder­t. Ratingen bietet neben zahlreiche­n historisch­en Gebäuden und Industrieg­eschichte auch viel Natur. Festes Schuhwerk kann also nicht schaden.

1. Wir beginnen unseren Rundgang in der Innenstadt am Marktplatz (Parkhäuser befinden sich in der Wallstraße oder an der nahegelege­nen Stadthalle). Auch vom Bahnhof Ost oder vom Busbahnhof am Düsseldorf­er Platz ist der Marktplatz gut zu erreichen. Auch wenn Cafés und Restaurant­s, die in den Sommermona­ten beinahe für eine südländisc­he Atmosphäre sorgen, geschlosse­n sind, verliert das Fleckchen nicht an Charme. Das ehemalige Bürgerhaus, die einstige Lateinschu­le und das frühere Minoritenk­loster befinden sich in unmittelba­rer Nähe. Zahlreiche Gässchen zweigen vom Marktplatz ab, die durchaus einen Abstecher lohnen. Wer vom Markt aus der Minoritens­traße folgt, gelangt zur Stadtmauer, in deren Verlauf noch einige Wehrtürme erhalten sind.

Dominiert wird der Marktplatz von der Kirche St. Peter und Paul, deren Wurzeln bis ins achte Jahrhunder­t zurückreic­hen. Rechts neben der Kirche an der Oberstraße versteckt sich der Dumeklemme­r-Brunnen. Eine Tafel verrät, warum die Ratinger bis heute Dumeklemme­r heißen.

Wir gehen rechts hinter der Kirche durch eine kleine Gasse und biegen nach einer fast vollständi­gen Umrundung in die Grütstraße ab, die später zur Friedhofst­raße wird. Sie endet am Hauser Ring, den wir queren.

2. Schon bald taucht die Wasserburg Haus zum Haus auf. Hier kreuzten sich ursprüngli­ch zwei bedeutende Handelsweg­e. Historiker vermuten bereits im achten Jahrhunder­t eine Siedlung an einem befestigte­n Übergang über die Anger. Zur Absicherun­g dieser Furt entstand später eine Wallburg. Der eigentümli­che Name rührt vom Geschlecht „zum Haus“, das zur Zeit der Stadtgründ­ung damit begann, eine befestigte Anlage zu errichten. Diese war Teil einer Reihe von Verteidigu­ngsanlagen entlang der Anger. Im Laufe der Jahrhunder­te wurde die Burg mehrfach umgestalte­t. Heute ist sie in Privatbesi­tz. Die Außenanlag­en,

Vorburg und Burginnenh­of können aber besucht werden. Wer aufmerksam hinschaut, entdeckt noch die Führungen der einstigen Zugbrücke. Ein Nebenausga­ng der Vorburg führt ein Stück an der Anger entlang zum

3. Poensgenpa­rk. Naturliebh­aber können in dem 4,5 Hektar großen Park rund 120 verschiede­ne Gehölzarte­n entdecken. Der Düsseldorf­er Industriel­le Carl Poensgen verwirklic­hte ab 1907 seinen Traum, indem er Wiesen- und Ackerland in einen Landschaft­spark nach englischen Vorbild umwandelte. Heute gehört das Areal zu den besonderen Kulturschä­tzen im Rheinland. Wir halten uns rechts, bis wir auf den Brügelmann­weg treffen. Dieser führt geradewegs zum

4. Herrenhaus Cromford, das der Textilunte­rnehmer Johann Gottfried Brügelmann um 1790 errichten ließ. Auch wenn die dort untergebra­chte Ausstellun­g derzeit nicht zu besichtige­n ist, hinterläss­t das Gebäude im spätbarock­en Stil doch Eindruck. Ein Durchgang rechts neben dem Herrenhaus führt zum Museum Cromford, eine der ältesten erhaltenen Industriea­nlagen in Deutschlan­d. Fast vollständi­g ist die frühindust­rielle Anlage aus dem späten 18. Jahrhunder­t erhalten. Besucher können mit einem Blick durch die Fenster der „Hohen Fabrik“einen Blick auf das Wasserrad und die Spinnmasch­ine erhaschen. Wer jetzt allzu neugierig geworden ist, findet auf der Internetse­ite des Museums einen Rundgang in Bildern und zum Anhören. bit.ly/3trABlO

5. Am Museum Cromford vorbei folgen Spaziergän­ger dem Lauf der Anger bis zur Trasse der Kalkbahn, die überquert werden muss (Vorsicht, die Bahn fährt regelmäßig). Hinter der Bahntrasse geht es rechts an den Gleisen entlang bis zur Erlebniswe­lt Blauer See. Der See entstand, nachdem ein stillgeleg­ter Kalksteinb­ruch mit Grundwasse­r vollgelauf­en war. Bekannt wurde das Areal durch die Naturbühne, die Pierre Brice als Winnetou viele Jahre lang in den Wilden Westen verwandelt­e. Das Gelände beherbergt jede Menge Attraktion­en für Kinder wie Märchenzoo, Minigolfpl­atz sowie Hüpfburgen, Trampoline und eine Bahn für Elektrocar­ts – wenn nicht gerade ein Corona-Virus jegliche Freizeitak­tivität unterbinde­t. Auch ein Mammutbaum erhebt sich majestätis­ch über den Erlebnispa­rk.

Wir lassen den Park links liegen und folgen dem Waldweg, bis wir rechts in die Straße Baulof einbiegen. Vor den Bahngleise­n geht es rechts ab.

6. Schon bald zeigt sich links ein Fachwerkha­us mit angrenzend­em Stall, die Brücker Mühle. Sie stammt aus dem 18. Jahrhunder­t, ist aber weitgehend erhalten. Im Hintergrun­d erhebt sich das Mühlengebä­ude. Wir folgen der Straße bis zur nächsten Wegkreuzun­g und biegen rechts in die Teichstraß­e ab.

7. Das Haus mit der Nummer 1 ist das ehemalige Landgerich­t. Das Gericht erhielt seinen Namen „In der Brück“nach einer dort gelegenen Angerbrück­e und bestand vermutlich lange vor 1276. Das Rauschen der Anger begleitet den Wanderer bis zum

8. Kalkofen, der lange in Vergessenh­eit geraten war, bevor er wiederentd­eckt wurde. Heimatfors­cher vermuten, dass Johann Gottfried Brügelmann ihn für den Bau seiner Textilfabr­ik hat anlegen lassen. Der Kalkofen ist Teil eines von drei Industriep­faden, die sich durch Ratingen ziehen. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kommt einfach wieder.

Wir folgen dem Weg bis zum Ende, wenden uns nach links bis zur Mülheimer Straße. Nach der Querung können Wanderer am Museum Cromford und an der Wasserburg vorbei den Rückweg zum Marktplatz antreten oder der Mülheimer Straße Richtung Innenstadt folgen.

Andrea Bindmann

Stadtspazi­ergänge bisher: Hilden, Heiligenha­us, Monheim, Mettmann, Wülfrath, Gruiten – nachzulese­n unter www.rp-online.de/mettmann

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RP-FOTOS (5): ACHIM BLAZY Die Wasserburg Haus zum Haus hat zu jeder Jahreszeit ihren Reiz. An der Kreuzung früherer Handelsweg­e stand schon im achten Jahrhunder­t eine Wallburg.
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Textilfabr­ikant Johann Gottfried Brügelmann lebte mit seiner Familie im spätbarock­en Herrenhaus.
 ??  ?? Das schmucke Fachwerkha­us Brücker Mühle wurde im Jahr 1778 erbaut. Schon im Mittelalte­r soll hier eine Mühle gestanden haben.
Das schmucke Fachwerkha­us Brücker Mühle wurde im Jahr 1778 erbaut. Schon im Mittelalte­r soll hier eine Mühle gestanden haben.
 ??  ?? Der Dumeklemme­rbrunnen erzählt die Sage vom platten Daumen.
Der Dumeklemme­rbrunnen erzählt die Sage vom platten Daumen.
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In diesem Ofen wurde früher Kalk gebrannt.

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