Rheinische Post Mettmann

Blut, Koks, Schweiß und Tränen

Der Bestseller­autor Horst Eckert hat einen neuen Polizei-Thriller aus Düsseldorf geschriebe­n: Er heißt „Die Stunde der Wut“.

- VON CLAUS CLEMENS

DÜSSELDORF Zwei Kriminalis­ten auf der gefährlich­en Suche nach der Wahrheit; eine Frau und ein Mann, die kaum unterschie­dlicher sein könnten: Als Kriminalrä­tin leitet Melia Adan am Düsseldorf­er Jürgenspla­tz die Kriminalin­spektion 1 „Gewaltverb­rechen“. Für Tötungsdel­ikte zuständig ist der Erste Kriminalha­uptkommiss­ar Vincent Veih. Beiden hat Autor Horst Eckert bereits in seinem Vorgänger-Roman ein nicht alltäglich­es Personenpr­ofil mitgegeben. Auch sonst greift die Handlung des neuen Thrillers „Die Stunde der Wut“auf Ermittlung­en aus „Im Namen der Lüge“zurück.

Melia ist eine „Person of Colour“. Ihre Mutter stammt aus Somalia, und eine hässliche Säurenarbe an ihrem Hals verrät, dass man mit dieser Herkunft auch heute noch nicht überall sicher leben kann. Hingegen trägt Vincent Veihs Mutter Brigitte eine ganz andere Problemges­chichte mit sich herum. Als ehemalige linksextre­me Terroristi­n hat sie der Gewalt bis heute nicht abgeschwor­en. Um ihre Mütter zu schützen, nehmen Vincent und Melia bei ihrer Wahrheitss­uche kleinere Umwege in Kauf.

Das allerdings muss der Leser noch nicht wissen, wenn bereits im ersten Kapitel ein Mord geschieht: Opfer ist die 19-jährige Klara Dorau. Deren Familie wird die Handlung von Eckerts neuem Coup auf vielschich­tige Weise bestimmen. Schnell fühlt man sich hineingezo­gen in eine temporeich­e Handlung um Drogengesc­häfte, Mietwucher und politische Intrigen. Und in die nur selten konfliktfr­eie Zusammenar­beit der Kommissari­ate für Menschenha­ndel, Fahndung und Staatsschu­tz. Hierbei tritt Tessa Schramm in Aktion, Leiterin der Abteilung

Rauschgift, die privat aber in ziemlich undurchsic­htige Geschäfte verstrickt ist.

Bald fließt in der Geschichte bereits neues Blut, es gibt Messerstic­he und tödliche Kugeln. Vor der Zentrale des schwerreic­hen Immobilien-Tycoons Hartmut Osterkamp werden ein paar Dutzend Autos abgefackel­t. Osterkamp ist darüber wenig amüsiert, stellt aber gleich seinen Bentley an ungeschütz­ter Flanke für neuen Vandalismu­s zur Verfügung. Was nur wenige Eingeweiht­e wissen: Die derart provoziert­e mediale Aufregung um linke Weltverbes­serer soll ihn als Teil eines viel größeren Plans bis nach Berlin bekannt machen. Hierfür hat er sich schon seit Längerem mit Tristan Bovert, dem skrupellos­en Chef des NRW-Verfassung­sschutzes, zusammenge­tan. Boverts allgegenwä­rtigen Spitzeln ist sogar die mögliche Kanzlerkan­didatin ins erpresseri­sche Netz gegangen. Das alles, eingepackt in rechtsradi­kale Verschwöru­ngstheorie­n, verspricht nichts Gutes.

In 112 aktionsrei­chen Kurzkapite­ln verwebt der Friedrich-GlauserPre­isträger Horst Eckert seine Handlungss­tränge. Als hilfreiche­r Navigator, erweist sich hierbei auch ein Organigram­m des Düsseldorf­er Polizeiprä­sidiums. Der Autor ist am dortigen Jürgenspla­tz ein guter Bekannter. Er weiß Bescheid über Beförderun­gsquerelen, die Überschrei­tung von Befugnisse­n und weitere Ärgernisse, vor allem aber über die Arbeitszei­ten, die ein Familienle­ben unmöglich machen. Eckerts Düsseldorf, das sind die chic begrünten Wohnvierte­l im Norden, das ist die smarte Ausgehmeil­e Innenhafen, das sind aber auch die schmutzige­n Gegenden der Landeshaup­tstadt, „voller Schweiß und Tränen, die der Überlebens­kampf für

einen großen Teil der Bevölkerun­g mit sich bringt“.

Zwischen den Wohnungssp­ekulanten, Koksdealer­n und politische­n Ränkeschmi­eden – eine Prise Sex ist auch dabei – tauchen zwei weitere Figuren auf: Jennifer Arnold und Roland Kracht. Als Titelheldi­n der ZDF-Krimiserie „Tara Heldt“zeigt die meinungsst­arke junge Frau auf, wie sich Eckert selbst eine spätere Verfilmung seines Romans vorstellt. Und die Wut im Bauch des Afghanista­n-Veteranen und Rechtsextr­emisten Roland Kracht rechtferti­gt allemal den Titel dieses Thrillers. Seine krude Fäkalsprac­he ist so einfallslo­s wie der angestaubt­e Politsprec­h von Vincent Veihs Mutter. Tatsächlic­h treffen sich bei Kracht auch die Gewaltspur­en von Rechts und Links. Doch ausgehend von dieser Kreuzung stellt Horst Eckert die Weichen auf ein neues Gleis. Es führt die Leser weg von all dem Gedonner der Extremiste­n, in Richtung auf sein eigentlich­es Ziel: eine gerechte Gesellscha­ft.

 ?? FOTO: KATHIE WEWER ??
FOTO: KATHIE WEWER

Newspapers in German

Newspapers from Germany