Rheinische Post Mettmann

Mehr als eine Gesetzesre­ligion

Der Glaube will durch ein Liebesetho­s und nicht durch Gesetze bezeugt werden.

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Der Koran beschreibt die Gott-Mensch-Beziehung als Liebesverh­ältnis: „Er liebt sie und sie lieben ihn“(Koran 5:54).

Liebe kann nicht auf eine Funktion reduziert werden, sie ist Selbstzwec­k und bedingungs­los. Liebe ist aber erst dann Liebe, wenn sie gelebt, geschenkt, geschehen und erfahren wird – und so auch der Glaube an Gott. Der Glaube an Gott ist ein Geschehen der Liebe im Leben des Menschen, und zwar aus Liebe und für die Liebe. Glaube ist kein verbaler Akt, keine dogmatisch­e Haltung, keine Behauptung, kein Fürwahrhal­ten von Glaubenssä­tzen. Glaube als Geschehen der Liebe bedeutet die Bejahung des anderen. Sie ist der Auftrag, alles zu geben, um Glück und Freude zu schenken. Und so gewinnt Religiosit­ät an

Bedeutung für das gelebte Leben hier und jetzt und ist nicht mehr eine Frage nach dem Verbleib nach dem Tod. Ob der Mensch Gott nah steht oder nicht, erkennt er anhand der Liebespote­nziale, die er durch sein verantwort­ungsvolles Handeln in der Welt freisetzt. Wer an Gott glaubt, der entfaltet Liebe in seinem Alltagsleb­en. Wer meint zu glauben, seinen Glauben aber auf ein Fürwahrhal­ten reduziert, der ist zwar von der Existenz Gottes überzeugt, aber das ist noch lange nicht der Inbegriff vom Glauben als Geschehen der Liebe.

Unser Autor ist Islamwisse­nschaftler an der Universitä­t Münster. Er wechselt sich hier mit der Benediktin­erin Philippa Rath, der evangelisc­hen Pfarrerin Friederike Lambrich und dem Rabbi Jehoschua Ahrens ab.

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