Diese deutschen Teams sind in Tokio dabei
Die Handballer lösen im Nachsitzen das Olympia-Ticket. Doch die meisten anderen Ballsport-Mannschaften verpassen die Spiele.
BERLIN (dpa/klü/rent) An den olympischen Gold-Rechenspielen von DHB-Vizepräsident Bob Hanning wollte sich Alfred Gislason nicht beteiligen. Doch die souverän gemeisterte Qualifikation für die Sommerspiele in Tokio steigerte auch beim Handball-Bundestrainer die Lust auf eine Medaille. „Wir geben alles, versuchen gezielt an uns zu arbeiten und unsere Chance zu nutzen. Wir sind keiner der ganz großen Favoriten, aber man muss immer mit uns rechnen“, formulierte Gislason eine Kampfansage an die Konkurrenz. Dem Bundestrainer fällt die Aufgabe zu, eine schlagkräftige Truppe für Tokio zu formieren. Nur 14 Akteure darf er mitnehmen. „Jetzt haben wir die Zeit zu schauen, wer dann dabei sein wird“, sagte Gislason zum Personal-Puzzle in den kommenden Monaten.
Die Erleichterung beim Verband, dem bei einem Scheitern schwere Zeiten bevorgestanden hätten, war groß. „Wir wissen, dass der finanzielle Erfolg und die gesamte Außendarstellung des Handballs sehr stark von der Männer-Nationalmannschaft abhängen“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Die deutschen Frauen sind in Tokio nicht dabei. Sie hätten für die Teilnahme an einem Qualifikationsturnier bei der WM 2019 mindestens Siebte werden müssen, belegten am Ende aber Platz acht und scheiterten.
Wir sagen Ihnen, welche deutschen Ballsportteams sich für Tokio sonst noch qualifiziert haben, welche die Spiele verpassen und welche noch hoffen dürfen:
Baseball/Softball Die deutschen Baseballer haben bei der EM in Bonn und Solingen die Teilnahme am Olympia-Qualifikationsturnier knapp verpasst. Das deutsche Team verlor erst das Viertelfinale unglücklich, dann auch das Spiel um Platz fünf. Die ersten fünf Mannschaften der EM durften an der Olympia-Qualifikation teilnehmen. Auch die Softballerinnen schafften es nicht nach Tokio.
Basketball Nach dem WM-Reinfall in China 2019 hat das Männer-Nationalteam unmittelbar vor dem Olympia-Turnier die Möglichkeit, sich noch ein Ticket zu holen. Die Mannschaft um NBA-Profi Dennis Schröder muss sich vom 29. Juni bis 4. Juli 2021 bei einem Sechser-Turnier im kroatischen Split gegen Russland, Mexiko, Tunesien, Kroatien und Brasilien durchsetzen. Da es nur der Sieger nach Japan schafft, wird die Mission nicht einfach. Insgesamt finden vier Quali-Turniere in der Zeit mit je sechs Mannschaften statt.
Die Frauen sind aus dem Rennen, sie waren nicht einmal bei einem der vier Qualifikationsturniere dabei.
3x3-Basketball Bei der olympischen Premiere der Streetball-Variante haben die deutschen Männer keine Chance mehr auf die Qualifikation. Die Frauen spielen vom 26. bis 30. Mai in Graz um ihren Startplatz.
Es geht gegen Frankreich, die USA, Uruguay und Indonesien. Von insgesamt 20 Teilnehmern schaffen es drei. „Es wird natürlich ganz schwer“, sagte Stefan Raid, Vizepräsident des Deutschen Basketball Bundes (DBB). Für ein abschließendes Qualifikationsturnier stehen die DBB-Frauen auf der Warteliste. Dabei wird das letzte Ticket vergeben.
Fußball Die deutschen Männer haben sich bei der U21-EM für Tokio qualifiziert. Die Frauen werden als Olympiasiegerinnen von Rio 2016 in Tokio nun gar nicht erst dabei sein. Die Mannschaft von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg scheiterte durch ihr K.o. im WM-Viertelfinale 2019 gegen Schweden an der Qualifikation. Das DFB-Team hätte für das Ticket nach Tokio mindestens das Halbfinale erreichen müssen. „Wir sind in einem Prozess und werden uns nun neue Ziele setzen“, sagte Voss-Tecklenburg, die das Amt als Bundestrainerin erst im November 2018 übernommen hatte, damals. Die Sommerspiele sind für die Fußballerinnen sonst eine gute weitere Chancen, sich international einem Millionenpublikum zu zeigen. Doch die Bundestrainerin kann dem Olympia-Aus auch was Gutes abgewinnen, weil man nun Zeit für das habe, was man aufbauen wolle, sagte sie in einem Interview auf der DFB-Seite.
Hockey Beide Nationalteams haben bei den Qualifikationsspielen in Mönchengladbach im Oktober/November 2019 souverän ihre Tokio-Tickets geholt. Die Frauen setzten sich problemlos gegen Italien
(2:0/7:0) durch, die Männer hatten gegen Österreich (5:0/5:3) keine Mühe. Zum ersten Mal waren jedoch Play-off-Partien für die deutschen Abonnement-Teilnehmer zur Olympia-Qualifikation erforderlich gewesen. Frauen-Bundestrainer Xavier Reckinger fühlte sich in diesem Wettkampfformat dann auch ein wenig „komisch“, weil ein einzelnes Wochenende plötzlich eine derart große Bedeutung hatte.
Rugby Beide Teams sind gescheitert. Die Frauen des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV ) schieden beim ersten Europa-Qualifikationsturnier in Kasan Mitte 2019 chancenlos in der Vorrunde aus, sie waren auch als Außenseiterinnen gestartet. Für die Männer war im Juli 2019 in Colomiers/Frankreich im Viertelfinale gegen die Iren Schluss.
Volleyball Sowohl die deutschen Männer als auch die deutschen Frauen sind in Japan nicht dabei. Beide Teams schafften es bis ins Finale der Qualifikationsturniere, kassierten dann aber eine klare Niederlagen. Die Männer unterlagen im Turnier in Berlin im Januar 2020 den Franzosen 0:3, die Frauen scheiterten im niederländischen Appeldoorn mit 0:3 an der Türkei.
Wasserball Die Männer verpassten erst bei der EM, dann beim Qualifikationsturnier in Rotterdam im Februar 2021 die Qualifikation klar. Das Team schied in den Niederlanden bereits in der Vorrunde ohne Punktgewinn aus und ist zum drittenmal in Folge nicht bei den Olympischen Spielen dabei. Dadurch wird es mit der öffentlichen Förderung für die Sportart zunehmend schwerer, was wiederum die Aussichten auf sportlichen Erfolg weiter mindert. Bundestrainer Hagen Stamm war für die Mission Tokio als Trainer zum Verband zurückgekehrt, trat nach der verpassten Qualifikation aber ab. Er hatte das Team bei der WM 2019 immerhin überraschend bis ins Viertelfinale geführt. Den Tiefschlag beim Qualifikationsturnier führte er auch auf die fehlenden Spielpraxis in Deutschland während der Corona-Pandemie zurück.
Auch die Frauen holten sich das Tokio-Ticket bei der EM nicht. Zudem verpasste die Mannschaft als Elfter der EM die Teilnahme am Qualifikationsturnier.