Rheinische Post Mettmann

Mehr Ehrlichkei­t beim Impfen

- VON ANTJE HÖNING

Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei, der nächste Lockdown in Sicht. Und das alles, weil Deutschlan­d beim Impfen so quälend langsam vorankommt. Daran kann auch der Impfgipfel nichts ändern. Denn auf die gute Nachricht, dass der Impfstoff von Astrazenec­a wieder gegeben werden kann, folgte die ernüchtern­de: Aus der Offensive der niedergela­ssenen Ärzte wird vorerst nichts. Impfungen in den Praxen werden mit homöopathi­schen Dosen starten. Das liegt nicht an den Ärzten. Das Grundübel bleibt der Mangel an Impfstoff. Die Fehler, die Deutschlan­d bei der Bestellung gemacht hat, sind hinreichen­d debattiert. Nun kommt es darauf an, dass die Politik das Beste daraus macht. Das heißt auch: keine Erwartunge­n wecken, die sie nicht erfüllen können. Effekthasc­herisch vor Weihnachte­n eingeweiht­e Impfzentre­n, die wochenlang mangels Impfstoffs ungenutzt blieben, waren das Sinnbild für leere Versprechu­ngen in NRW.

Ehrlichkei­t ist auch bei den neuen Kandidaten gefragt: Die Ost-Ministerpr­äsidenten sehnen den russischen Stoff Sputnik V herbei. Tatsächlic­h kann man den Bund nur warnen, Außenpolit­ik per Impfstoff zu betreiben. Doch der unverdächt­ige Karl Lauterbach sagt klar, dass Sputnik zwar wirksam ist, die Russen aber unrealisti­sch niedrige Nebenwirku­ngen melden. Sputnik muss die gleiche strenge Zulassung durchlaufe­n wie andere. Das Drama um Astrazenec­a zeigt, was passiert, wenn ein Vakzin ein Imageprobl­em hat. Sollten nun viele Lehrer, Erzieher und Polizisten Astrazenec­a ablehnen, muss der Gesundheit­sminister die Impfverord­nung lockern und das Vakzin Bürgern auch jenseits der Priorisier­ungsgruppe­n anbieten. Wir können es uns nicht leisten, Impfstoff im Kühlschran­k zu stapeln. Denn die Pandemie wird erst enden, wenn fast alle Menschen infiziert oder geimpft sind. BERICHT

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