Die CSU kämpft um ihr Image
1,2 Millionen Euro Honorar soll der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter für Geschäfte mit Corona-Schutzmasken erhalten haben. Er gilt als bestens vernetzt in seiner Partei.
MÜNCHEN Eine fantastische Zahl steht im Raum: 1,2 Millionen Euro soll der CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter laut Medienberichten offenbar als Rechtsanwalt eingestrichen haben – für Vermittlungsdienste und das Aufsetzen eines Vertrags. Verkauft wurden Corona-Schutzmasken eines hessischen Herstellers an das Landes- und Bundesgesundheitsministerium sowie ans Berliner Innenressort, Strippenzieher dafür war der Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein, der mittlerweile aus der CSU ausgetreten ist. Dieser soll für seine Dienste 660.000 Euro erhalten haben. Über eine verschachtelt-verschleiernde Konstruktion soll ihnen das Geld zugeleitet worden sein. Gegen beide ermittelt die Münchner Generalstaatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit.
Nüßlein stammt aus Bayerisch-Schwaben, Sauter ebenso. Nüßlein vertritt den Bundestags-Wahlkreis, der aus Neu-Ulm, Günzburg und Teilen des Unterallgäus besteht. Sauter sitzt für Günzburg im Landtag, er hat viele Funktionen auf regionaler Ebene und in der
Partei. Er gilt als sehr gut vernetzt. Immer wieder wird auch der Name Michael Kraess genannt – er und Nüßlein waren in den 90er-Jahren JU-Vorsitzende in Nachbar-Landkreisen und sollen weiter in Verbindung stehen. Kraess ist mittlerweile für eine Lobby-Organisation tätig.
Die Generalstaatsanwaltschaft geht davon aus, genug Hinweise gegen den 70 Jahre alten Sauter in der Hand zu haben, und durchsuchte zehn Objekte in München sowie im Regierungsbezirk Schwaben. Sauter weist laut der Nachrichtenagentur dpa alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Im Landtag herrschte große Aufregung und Entsetzen, als die Ermittler auf den Flur kamen und sich Sauters Räume vornahmen. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze ging die CSU frontal an: Die Partei lehne seit Jahrzehnten jede Transparenzoffensive ab, wolle „von sich und dem eigenen tiefen, schwarzen, dunklen Sumpf ablenken“und versage „auf voller Linie“. Der SPD-Fraktionschef Horst Arnold sieht „Züge Organisierter Kriminalität“.
Auch die CSU-Spitzen, die Sauter schon vor einer Woche harsch aufgefordert hatten, alles offenzulegen und „die Summe und die Details zu nennen“, äußerten sich erneut. Generalsekretär Markus Blume sprach von „radikaler Transparenz und null Toleranz“. Wer mit der Krise Geschäfte mache, „der fliegt“. Fraktionschef Thomas Kreuzer meinte zu der im Raum stehenden Million Euro: „Das wäre unglaubliches Fehlverhalten.“Und Parteichef Markus Söder sagte: „Hilfe anzubieten in der Krise, ist eine Tugend. Damit Geschäfte zu machen, ist mit den Werten der CSU und der Demokratie nicht vereinbar.“Der Skandal soll innerparteilich von einer Gruppe um den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber aufgearbeitet werden. Alfred Sauter, der Ende der 90er-Jahre für ein Jahr bayerischer Landesjustizminister war, ist ein gut verdienender Anwalt. Einer, der ihn lange Zeit erlebt hat, sagt: „Mich überrascht das sehr, denn er ist ein saucleverer Jurist.“Er sei nun „total irritiert und richtig betroffen“. Es sei schwer zu glauben, dass Sauter die Linie der Rechtmäßigkeit überschritten habe. Eben wegen seiner „völligen wirtschaftlichen Unabhängigkeit“sei er auch einer gewesen, der sich immer getraut habe, seine Meinung zu sagen. Aber die Generalstaatsanwälte müssten ja einige Infos haben, wenn
sie sogar im Parlament zur Durchsuchung ansetzten.
Natürlich fürchtet die CSU im Jahr der Bundestagswahl nach diesem Skandal einen erheblichen Imageschaden. Und dass das alte Wort von den „Amigos“wieder seine Kreise über der Partei zieht, das für Filz und Vetternwirtschaft steht. Nun ist in Berlin auch noch ein weiterer Abgeordneter zurückgetreten: Tobias Zech war 2016 für eine Beraterfirma im mazedonischen Wahlkampf aktiv.
Die CSU-Spitze verspricht immer wieder „maximale Aufklärung“, zu der auch Sauter beitragen soll. Angeblich soll er eine halbe Million Euro an eine Stiftung in Günzburg gespendet haben – allerdings erst zwei Wochen, nachdem die Affäre Nüßlein begonnen hatte und sein Name in die Öffentlichkeit geriet. Die CSU-Fraktion berät inzwischen über seinen Ausschluss aus der Fraktion. Nächste Woche Freitag ist eine Parteivorstandssitzung geplant.