Rheinische Post Mettmann

Drei Kandidaten bei der Commerzban­k

Fieberhaft sucht das Institut einen Chefausfse­her. Neben neuen Namen bleibt Ex-HSBC-Chef Andreas Schmitz Favorit. Ein Traditions­haus auf Suche nach dem Ausweg

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Die Commerzban­k sucht händeringe­nden einen neuen Aufsichtsr­atschef, nachdem HansJörg Vetter vor wenigen Tagen nach nur gut einem halben Jahr in dieser Funktion aus gesundheit­lichen Gründen sein Amt niedergele­gt hatte. Für die zweitgrößt­e deutsche Privatbank bedeutete das einem herben Rückschlag. Der 68-jährige Schwabe galt als treibende Kraft hinter dem dringend nötigen Umbau des Bankhauses. Insidern zufolge wird intern und extern nach einem neuen Chefkontro­lleur gesucht.

Das Anforderun­gsprofil ist klar: Der neue Mann oder die neue Frau an der Aufsichtsr­atssptze muss die von Vetter und Vorstandsc­hef Manfred Knof vor einigen Wochen auf den Weg gebrachte neue Strategie mittragen. Weitere Verzögerun­gen beim Umbau, der 10.000 Jobs kosten soll, kann sich das angeschlag­ene Institut nicht leisten. Nach Andreas Schmitz, der lange Jahre die Düsseldorf­er Privatbank HSBC Trinkaus

& Burkhardt geführt hatte, kursieren nun zwei weitere Namen.

So will das „Handelsbla­tt“erfahren haben, dass das Bundesfina­nzminister­ium sowohl Günter Bräunig als auch Ingrid Hengster ins Spiel gebracht habe. Bräunig ist derzeit noch Chef der staatliche­n Förderbank KfW, wird aber altersbedi­ngt im Sommer dort ausscheide­n. Dass er den Posten übernehmen könnte, gilt in Finanzkrei­sen allerdings als eher unwahrsche­inlich. Denn der KfW-Chef hat wiederholt deutlich gemacht, dass er eine andere Lebensplan­ung habe, jedenfalls dürfte er nicht gewillt sein, wieder einen Vollzeitjo­b zu übernehmen.

Das aber ist der Vorsitz im Aufsichtsr­at der Commerzban­k. „Allein schon wegen der Regulierun­gsfülle muss auch ein Aufsichtsr­atschef einer Bank viel Zeit in seine Arbeit stecken“, sagt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtsc­haft an der Universitä­t Hohenheim. Davon abgesehen sei es aber für die teilversta­atlichte Bank weiter „extrem wichtig“, einen Vorsitzend­en des

Umbau Die Nachricht erschütter­te die deutsche Bankenwelt in Januar wie ein Erdbeben: Etwa 10.000 Vollzeitar­beitsplätz­e sollen in Deutschlan­d wegfallen. Das ist rund jede dritte Stelle.

Auslöser Das Jahr 2020 schloss die zweitgrößt­e deutsche Privatbank mit einem Nettoverlu­st von 2,9 Milliarden Euro ab. Das ist das höchste Minus seit 2009.

Kontrollgr­emiums zu haben, der in alle Richtungen vermitteln könne – also sowohl zum Staat gute Kontakte habe als auch in die Privatwirt­schaft.

Den Kontakt zum Staat haben beide genannten KfW-Kandidaten. Neben Bräunig ist ja auch Ingrid Hengster seit langem im Vorstand der Staatsbank. Dass sie aber ihren Posten tauschen könnte gegen die Führung des Kontrollgr­emiums, halten Beobachter jedoch ebenfalls für recht unwahrsche­inlich. Die gebürtige Österreich­erin kommt zwar aus der Privatwirt­schaft, sie war zwischen 1986 bis 1995 sogar bei der Commerzban­k angestellt, bevor sie ihr Weg über die schweizeri­sche UBS, die Credit Suisse, die ABN Amro Bank und die Royal Bank of Scotland zur KfW führte. Doch werden der 60-Jährigen auch gute Chancen auf die Nachfolge Bräunigs an der Spitze der KfW eingeräumt. Die Entscheidu­ng darüber soll bis Ende März fallen.

Deshalb äußert man in Finanzkrei­sen auch die Vermutung, dass die Kandidaten­nennung auch einen taktischen Hintergrun­d haben könnte, um die Verhandlun­gen mit Andreas Schmitz voranzubri­ngen. Ihn hält auch Bankexpert­e Hans-Peter Burghof für eine gute Lösung. Zwar hat der ehemalige HSBC-Chef keine Erfahrung im sogenannte­n Retail-Geschäft, also dem Geschäft mit kleinen Privatkund­en. Doch verfügt er über eine reiche Erfahrung auch als langjährig­er Präsident des Bundesverb­ands deutscher Banken.

Immerhin: Ganz so dringend wie im vergangene­n Jahr ist die Berufung eines neuen Aufsichtsr­atschefs nicht. Denn seit Jahresanfa­ng ist mit Manfred Knof ein neuer Vorstandsv­orsitzende­r im Amt, der die Bank mit kräftigen Kostenredu­ktionen wieder ins richtige Fahrwasser bringen will.

Eine strategisc­he Neuausrich­tung, die diesen Namen verdient, dürfte nur im Zusammensp­iel zwischen ihm und einem neuen Chefkontro­lleur gelingen. Derzeit hat den Posten kommissari­sch der Arbeitnehm­ervertrete­r Uwe Tschäge übernommen.

(mit rtr)

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FOTO: DPA

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