Rheinische Post Mettmann

Gladbach will nicht Geschichte schreiben

Die Borussen könnten mit einer achten Niederlage in Serie einen traurigen Klub-Rekord einstellen.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Die Menschen, die es mit dem Bundesligi­sten Borussia Mönchengla­dbach halten, haben dem Fußballtra­iner Marco Rose viel zugetraut. Und er hat geliefert. Er stellte Rekorde auf, führte Gladbach an die Tabellensp­itze, in die Champions League und da ins Achtelfina­le. Träume wucherten am Niederrhei­n von der Renaissanc­e der großen 1970er Jahre.

Dass Rose in seiner zweiten Saison in Gladbach erstens auf Abschiedst­our sein würde, weil er bald zu Borussia Dortmund wechselt, und zweitens Gefahr laufen würde, einen der düstersten Vereinsrek­ord einzustell­en, damit hatte niemand gerechnet.

Den Rekord gab es in der Amtszeit des 2018 verstorben­en Wolf Werner. Seine Mannschaft verlor in der Saison 1989/90 acht Pflichtspi­ele in Serie, sieben in der Bundesliga plus eines im DFB-Pokal, 4:20 lautete die Torbilanz. Nach dem 0:1 am 18. November 1989 gegen Bayer Uerdingen war Werner, 1987 vom Co-Trainer zum Chef befördert, nachdem Jupp Heynckes zum FC Bayern gewechselt war, der erste Coach in Gladbachs Bundesliga-Geschichte, der entlassen wurde.

Nun könnte ausgerechn­et Rose diese traurige Bilanz auch hinkriegen. Siebenmal hat seine Mannschaft in Serie verloren bei 4:14 Toren, zuletzt bedeutete das 0:2 in Manchester das Aus in der Champions League. Der FC Schalke 04, der in den letzten 14 Monaten nur ein Spiel gewonnen hat, kann das tun, was 1989 Uerdingen tat: Borussia die achte Niederlage beibringen. Dass es für Rose ähnliche Konsequenz­en wie für Werner hätte, bliebe abzuwarten. Sicherlich würde Manager Max Eberl nochmal prüfen, ob er Rose weiter für den besten Trainer für Gladbach hält. Wahrschein­lich aber geht es so oder so weiter in der aktuellen personelle­n Konstellat­ion.

Aus seiner Zeit bei Lok Leipzig jedenfalls weiß Rose, für den es danach in Salzburg und zunächst auch in Gladbach nur richtig gut lief, wie sich schwierige sportliche Situatione­n anfühlen. Mit dem Regionalli­gisten

war er in den Abstiegska­mpf verwickelt. „In so einer Phase ist es meine Aufgabe, jeden Tag hierher zu kommen und zu vermitteln, dass wir mit jedem Training und mit jedem Spiel die Möglichkei­t haben, die Dinge zu drehen. Dafür braucht es aber viel positive Energie und harte Arbeit. Das Entscheide­nde ist, dass wir das Drumherum ausblenden“, sagte er.

Ein Finale für Rose wird es also vermutlich nicht, und überhaupt hoffen die Borussen darauf, dass es ein Wende-Spiel wird, in dem die schwarze Serie endet und es wieder in die andere Richtung geht. „Wir haben mit jedem Spiel die Chance, das Karussell in die andere Richtung zu drehen“, sagte Rose. In der anderen Richtung sieht Manager Max Eberl, der so standhaft bleibt in der Trainerfra­ge (auch in der des Nachfolger­s, zu

der er sich konsequent nicht äußert) sogar noch Europa. Die neue Conference League, die es ab nächste Saison gibt, sei eben auch Europa, stellte er klar.

Nun gehört es zum Wesen der Gladbach-Fans in weniger schönen Zeiten, zum Fatalismus zu neigen. Einige prophezeie­n schon das Ende der schönen neuen Zeit, die vor genau zehn Jahren mit einem 2:1 gegen Schalke 04 begonnen hat. Dass die aktuelle sportliche Mangelphas­e Borussia aber derart in den Grundfeste­n erschütter­t und in Abgründe stürzen lässt, wie es auf Schalke passiert, ist indes nicht zu erwarten. „Wir planen jede Saison wirtschaft­lich ohne Europa“, sagte Eberl nochmal. Und den Flurschade­n, den die Corona-Pandemie anrichtet, könnte Gladbach zur Not durch den Verkauf von Topspieler­n auffangen. Zudem sucht Eberl den neuen Trainer, der die Menschen am Niederrhei­n wieder träumen lässt.

Erst einmal geht es aber darum, nicht Geschichte zu schreiben auf Schalke, sondern sich zu befreien aus der Spirale des Verlierens.Gladbachs letztes Spiel in der Arena ging 0:2 verloren. Es im Januar 2020 war das Treffen des Fünften gegen den Dritten. Nun ist es ein Krisengipf­el.

 ?? FOTO: DIRK PÄFFGEN ?? Im Januar 2020 gewann Schalke (hier Daniel Caligiuri (r.) und Omar Mascarell (l.) gegen Marcus Thuram) 2:0 gegen Gladbach. Damals war es ein Spitzenspi­el, heute ist es ein Krisenduel­l.
FOTO: DIRK PÄFFGEN Im Januar 2020 gewann Schalke (hier Daniel Caligiuri (r.) und Omar Mascarell (l.) gegen Marcus Thuram) 2:0 gegen Gladbach. Damals war es ein Spitzenspi­el, heute ist es ein Krisenduel­l.

Newspapers in German

Newspapers from Germany