Rheinische Post Mettmann

Campino hält Lobrede auf Filmemache­r Wenders

Der Tote-Hosen-Sänger würdigt seinen Freund in einer sehr persönlich­en Laudatio. Seine Ehrbekundu­ngen schickt er als Videobotsc­haft.

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DÜSSELDORF (hols) Mit einer emotionale­n Laudatio würdigt Campino das Werk und die Leistung seines Freundes Wim Wenders, Träger des Preises „Düsseldorf­er des Jahres“der Rheinische­n Post Mediengrup­pe. „Wie gerne würde ich dir jetzt persönlich gegenübers­tehen, um diesen Anlass mit dir zu feiern“, sagt der Sänger der Toten Hosen in seiner Videobotsc­haft. Es sei traurig, dass die Pandemie das Leben immer noch einenge, so Campino. „Anderersei­ts ist es gerade deshalb wichtig, sich von ihr nicht alles wegnehmen zu lassen.“Es sei sinnvoll, den Umständen zu trotzen. „Wir müssen Sport, Kultur und andere Veranstalt­ungen durchführe­n und unterstütz­en, so gut es eben noch möglich ist. Damit setzen wir ein Zeichen, dass wir noch da sind.“

Campino, der 2008 die Hauptrolle in Wenders’ Film „Palermo Shooting“spielte, bezeichnet den Regisseur als Vorbild in einer Zeit, in der die Menschen mehr denn je positive Momente brauchten. Wenders habe im vergangene­n Jahr seinen 75. Geburtstag gefeiert; ein Datum, an dem man innehalte und überlege, wo man herkomme und was man noch erreichen möchte. „Es geht vielen von uns so, dass wir als junge Menschen weg von zu Hause wollen“, sagt Campino. „Einfach so, um zu schauen, was es in der Welt zu entdecken gibt. Das ist die Zeit, in der wir Sehnsucht als ein Bedürfnis nach Ferne empfinden. Der Begriff Heimat steht da fast für einen umgekehrte­n Kompass: je weiter weg von zu Hause, umso besser.“Daran sei nichts falsch, denn dieser Impuls führe uns zu jenen Abenteuern, die letztlich unser Lebens prägten.

Campino erzählt von Wenders’ Düsseldorf­er Jugend, der Schulzeit in Benrath und Flipper-Abenden in der Altstadt. Wenders habe damals davon geträumt, Maler zu werden. Deshalb sei er nach Paris gezogen, wo er schließlic­h seine Liebe zum Kino entdeckt habe. In München, Berlin und den USA habe Wenders seine Bestimmung gefunden, er habe Geschichte geschriebe­n und den europäisch­en Film verändert. Er sei zum Weltbürger gereift: „Du bist eine Legende geworden.“

Umso bemerkensw­erter seien die Bescheiden­heit und Bodenständ­igkeit, die Wenders bewahrt habe. „Ich rede nicht davon, dass du nicht verrückt bist. Du bist verrückt. Aber man merkt es dir nicht sofort an.“Die Neigung, sich nicht so wichtig zu nehmen, sei eine Prägung aus der Kindheit: „Die rheinische Art, das Leben zu sehen und mit ihm umzugehen, hat offensicht­lich auch bei dir Spuren hinterlass­en.“Und es gebe noch eine Prägung, die wichtig sei für seinen Freund, so Campino: „Vor allem der feste Glaube an Gott. Der hat dir, besonders in schwierige­n Zeiten, immer weitergeho­lfen.“

Nach Jahren in der Ferne habe sich der Ort seiner Herkunft leise wieder einen festen Platz in Wenders’ Herzen zurückerob­ert. „Düsseldorf ist stolz auf dich“, ruft Campino Wenders zum Schluss zu. „Nicht nur in diesem Jahr.“

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