Protokolle eines Protests: Wie Wülfrath selbstständig blieb
Axel Neubauer organisierte als Vorsitzender des Bürgervereins Düssel den Widerstand gegen die Gemeindereform. Nun übergab er die Unterlagen dazu.
WÜLFRATH Eine der spannendsten Epochen der Nachkriegsgeschichte und ihre Folgen erlebten die Bürger in Nordrhein-Westfalen Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die nordhrein-westfälische Landesregierung unter Ministerpräsident Heinz Kühn wollte das Land neu gliedern, um den Bewohnern kleiner Kommunen vergleichbare Lebensbedingungen wie den Großstädtern zu schaffen.
Es war die Zeit der Technokraten, wie Stadtarchivar Dr. Axel Bayer betont. Altes wurde abgerissen und durch moderne Hochhäuser ersetzt, die manche als seelenlose Gebäude betrachteten. Das Land mit 2324 Städten und Gemeinden sollte in 396 Städten und Großgemeinden neu gegliedert werden. Die Diskussion
um Zusammenlegung und Eingemeindung erreichte auch Wülfrath, das nach den Vorstellungen des Innenministers Willi Weyer komplett Wuppertal zugeschlagen werden sollte.
Doch da gab es die Bürgervereine der verschiedenen Stadtteile Wülfraths, unter Federführung von Axel Neubauer, dem damaligen Vorsitzenden des Bürgervereins Düssel. Er organisierte Widerspruch und Protest gegen die Pläne der Landesregierung. Unter dem Slogan: „Wir haben die Stadt Wülfrath aufgebaut! Lasst es nicht zu, dass Wuppertal sie klaut“konnte er bei einer Demonstration am 9. Januar 1974 über 3000 Wülfrather aktivieren, die ihrem Unmut lautstark Luft machten, demnächst Wuppertaler sein zu müssen. Eher konnte sich die Bevölkerung der Kalkstadt vorstellen, in
Zukunft ein Stadtteil Mettmanns zu werden. Auch diese Möglichkeit diskutierten die Verwaltungen der beiden Städte mit ihren Stadtdirektoren Günther Schiffmann (Wülfrath) und Gerhard Görres (Mettmann) an der Spitze und hatten für den Fall der Fälle bereits einen Vertragsentwurf vorbereitet.
Doch es kam anders: Hilden wurde kein Anhängsel von Düsseldorf und Wülfrath musste nur die Stadtteile Dornap und Hahnenfurt nach Wuppertal abgeben. Rützkausen und die Obere Flandersbach mussten die Stadtgrenze nach Velbert verlegen. Damit verlor Wülfrath zwar die Steuereinnahmen des Kalkwerkes in Dornap, wurde jedoch nicht komplett von Wuppertal geschluckt.
Der Kreis hingegen, damals noch Kreis Düsseldorf-Mettmann, ging gestärkt aus der umfassenden Umstrukturierung
hervor. Der Kreis hieß vom 1. Januar 1975 an „Kreis Mettmann“und der Stadt Monheim, die bereits von Düsseldorf eingemeindet worden war, gelang es, diesen Schritt vor Verwaltungsgerichten rückgängig zu machen. Seither kann sich der Kreis Mettmann, obwohl umgeben von Großstädten, erfolgreich behaupten.
All diese Einzelheiten hat Axel Neubauer in mühevoller Arbeit aus Archiven der Zeitungen und Protokollen der Stadt und des Landtages zusammengetragen. Wie er sagte: „Dass der Verbleib im Kreis gelungen ist, konnte nur mit der Unterstützung der Bürgervereine gelingen.“Nun übergab er sämtliche Unterlagen dem Stadtarchivar Axel Bayer, damit die Geschichte der kleinsten Stadt im Kreis vollständig bewahrt werden kann.