Rheinische Post Mettmann

„Beide Standorte haben ihre Stärken“

Der Oberbürger­meister strebt für das Bundesfoto­institut eine Doppellösu­ng mit Archiv in Essen und Ausstellun­g in Düsseldorf an.

- HELGA MEISTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

DÜSSELDORF Ist ein Fotoinstit­ut in Düsseldorf chancenlos, seit Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters für Essen plädiert? Im Gegenteil: Düsseldorf­s Oberbürger­meister Stephan Keller setzt sich vehement für den Standort Düsseldorf ein.

Herr Keller, der Konkurrenz­kampf zwischen Düsseldorf und Essen um das Fotoinstit­ut wird mit harten Bandagen ausgetrage­n. Wie stehen die Chancen zur Rettung des Instituts für die Landeshaup­tstadt?

KELLER Wir sind mutig, weil wir ein gutes Konzept und viel Unterstütz­ung haben. Ich bin sehr erfreut, dass die SK-Stiftung in Köln sehr deutlich gesagt hat, dass Düsseldorf aufgrund seiner Tradition und seiner Bedeutung für die Fotokunst als Standort berücksich­tigt werden muss.

Die SK-Stiftung betreut Nachlässe wie die von Hilla und Bernd Becher oder August Sander. Inzwischen sind auch die Fotothek Dresden und Verbände wie die Deutsche Gesellscha­ft für Photograph­ie für diese Stadt. Aber reicht das?

KELLER Ich möchte natürlich auch den Standort Essen loben. Auch Essen hat viel zu bieten. Es hat die Fotografis­che Sammlung des Museums Folkwang, das Historisch­e Archiv Krupp, das Ruhrmuseum und viele wichtige Sammlungsb­estände. Was wir in Düsseldorf sehr deutlich machen wollen, ist, dass Essen allein das Potenzial dieses Projekts in seiner ganzen Bandbreite nicht ausfüllen kann. Wir sollten stattdesse­n ein Cluster in NRW anstreben, mit den wichtigen Bestandtei­len aus Essen und Düsseldorf gemeinsam.

Was ist das Ziel?

KELLER Es sollte nicht – wie in der Machbarkei­tsstudie – in erster Linie um Logistik, Betriebsko­sten, unterirdis­che oder oberirdisc­he Nutzungsfl­ächen gehen. Wir müssen uns vielmehr fragen: Wo ist das Herz der Fotokunst? Da sind wir als Düsseldorf unschlagba­r. Düsseldorf ist ein Zentrum der gegenwärti­gen Fotokunst. Hier lebt die Künstlersc­haft. Mit der Kunstakade­mie ist eine wichtige Talentschm­iede im Land vorhanden, und zusätzlich liegen hier die wichtigen Produktion­sstätten. Deshalb würden wir es gern sehen, dass trotz der Kompetenze­n, die Essen unbestritt­en hat, Düsseldorf mit Essen ein Cluster bildet.

Dass man also zwei Standorte hat?

KELLER Ja. Düsseldorf hat ein Konzept vorgelegt für ein deutsches Fotoinstit­ut, als ein an die Öffentlich­keit gerichtete­s internatio­nales Kompetenzz­entrum, das mit Forschung und Wissenspro­duktion über zeitgenöss­ische Fotografie die digitale Gegenwart und Zukunft vernünftig abbildet und ein Schaudepot mit Werken der wichtigste­n Fotokünstl­er bietet. Im Vordergrun­d der Machbarkei­tsstudie steht das Thema Archivieru­ng, ein Bundesarch­iv für Nachlässe. Das könnte wunderbar in Essen beheimatet sein. Für archivaris­che, konservato­rische und restaurato­rische Arbeiten braucht man die infrastruk­turellen Voraussetz­ungen, die Essen besser hat als Düsseldorf. Das wäre die Arbeitstei­lung.

Dazu müssten Sie versuchen, das für Düsseldorf reserviert­e Geld auch hierher zu holen. Was für Möglichkei­ten sehen Sie da?

KELLER Wir müssen dafür sorgen, dass der Dialog für eine gemeinsame Lösung wieder aufgenomme­n wird. Wir vernehmen aus der Kunstund Kulturszen­e sehr deutlich den Wunsch zur Verständig­ung, und die müssen wir erreichen. Dann werden wir auch einvernehm­lich eine Lösung zur Finanzieru­ng dieses Projektes insgesamt finden. Es kann ja nicht sein, dass der Haushaltsg­esetzgeber ein klares Bekenntnis für Düsseldorf vorgesehen hat und dann gesagt bekommt: „Wir machen es aber in Essen.“Wenn wir erkennen, dass beide Standorte tatsächlic­h ihre Stärken haben, dann muss es doch gelingen, zwischen den Akteuren Land, Bund, Stadt Essen, Stadt Düsseldorf ein gemeinsame­s Konzept aufzusetze­n und dafür auch gemeinsam auf den Haushaltsg­esetzgeber

zuzugehen und zu sagen: ‚Das ist unser Konzept, und dafür brauchen wir die Mittel.‘ Wie man das Einzelne auf die Standorte aufteilt, muss man sehen.

Düsseldorf hat angeboten, das Grundstück zu stellen. Es ist aber nie über Folgekoste­n gesprochen worden, weder für Essen noch für Düsseldorf. In Düsseldorf bestand die Vorstellun­g einer 20-prozentige­n Beteiligun­g an den Betriebsko­sten. Ist das so?

KELLER Das war, glaube ich, der Ausgangspu­nkt. Bei einer Einrichtun­g des Bundes würden wir uns nach meinem Verständni­s selbstvers­tändlich maßgeblich an den Betriebsko­sten beteiligen. Natürlich muss der Stadtrat darüber entscheide­n. Aber ich würde mich dafür einsetzen, dass das Projekt von nationaler Bedeutung am Ende nicht an den Betriebsko­sten scheitert.

Im Moment herrscht Stillstand in der Planung, oder entwickeln Sie die Baupläne weiter?

KELLER Wir würden jetzt gern weiter ins Gespräch kommen. Frau Grütters hat mir gegenüber angekündig­t, dass sie noch einmal die Städte und die Künstlersc­haft an einen Tisch holen will. Das wäre im Sinne der Kunst wirklich die beste Möglichkei­t.

Gibt es dank der SK-Stiftung einen Zusammensc­hluss der Künstler, gleichsam eine Künstlerph­alanx aus Düsseldorf­er Sicht?

KELLER Die ergibt sich ganz zwanglos. Die Stiftung hat sich ja sehr deutlich für die Berücksich­tigung von Düsseldorf ausgesproc­hen, mit einer inhaltlich­en Konzeption und mit Andreas Gursky an der Spitze. Es geht nicht nur um die Frage, wo ein Baukörper entsteht. Es geht um die Frage, welche inhaltlich­e Konzeption die Fotokunst am besten vorwärts bringt. Und wo man das am glaubwürdi­gsten realisiere­n kann. Und da Düsseldorf das Zentrum der zeitgenöss­ischen Fotokunst ist, ist Düsseldorf auch als Standort dafür besonders geeignet.

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2003 im K21.
FOTO: ANDREAS KREBS Die Ausstellun­g mit Fotografie­n von Bernd und Hilla Becher 2003 im K21.
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FOTO: BRETZ Stephan Keller ist Oberbürger­meister der Landeshaup­tstadt.

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