Rheinische Post Mettmann

Niederland­e in der dritten Welle

Die Stimmung vor den Osterfeier­tagen ist angespannt. In den Städten treffen sich die Menschen, und die Infektions­zahlen steigen. Von Grenzgänge­n wird abgeraten.

- VON TOBIAS MÜLLER

AMSTERDAM Diese Osterbotsc­haft war keine frohe: Am Gründonner­stag wurde verkündet, dass die Krankenhäu­ser in den niederländ­ischen Provinzen Nordhollan­d und Flevoland bis auf Weiteres ihre regulären Kapazitäte­n reduzieren. Grund ist die stetige Zunahme der Zahl von Covid-Patienten. Derzeit liegen 2237 mit dem Coronaviru­s Infizierte in niederländ­ischen Kliniken – das sind sechs Prozent mehr als noch in der Vorwoche. Auch auf den Intensivst­ationen steigt die Zahl.

Betroffen von dieser Entscheidu­ng der Krankenhäu­ser ist vor allem der sogenannte nicht-komplexe chirurgisc­he Bereich – also für Leistenbrü­che, Knie- oder Hüftoperat­ionen zuständige Abteilunge­n. Es ist bereits das dritte Mal seit Beginn der Pandemie, dass eine solche Maßnahme erfolgt – ein deutliches Anzeichen dafür, dass die dritte Corona-Welle mittlerwei­le auch in den Niederland­en angekommen ist.

„Sehr, sehr frustriere­nd“, zitiert die niederländ­ische Tageszeitu­ng „Het Parool“die Leiterin des Krisenteam­s im Amsterdame­r OLVG-Krankenhau­s, Roos van Nieuwenhui­zen. In der Klinik sind seit Donnerstag nur noch zwölf der 20 OP-Zimmer verfügbar. „In den letzten Wochen haben wir jede Möglichkei­t genutzt, so viele Operatione­n wie möglich zu machen. Eine Aufholjagd, aber das schaffen wir nun nicht mehr“, sagt van Nieuwenhui­zen. Auch das

Personal werde nun für Covid- und Intensivab­teilungen benötigt.

Eindrücke wie diese verdeutlic­hen, was Statistike­n bereits seit Wochen prognostiz­ierten. „Alle Zeichen stehen auf Rot“, titelt der aktuelle wöchentlic­he Bericht des Gesundheit­sministeri­ums in Den Haag. In der letzten Märzwoche verzeichne­ten die Niederland­e demnach 51.866 Neuinfekti­onen – 13 Prozent mehr als in der Vorwoche. Der Anteil positiver Covid-Tests stieg von 8,1 auf 8,5 Prozent. Das betrifft alle Altersgrup­pen,

OLVG-Krankenhau­s Amsterdam

besonders aber die 70-Jährigen, die derzeit auf eine Impfung warten, sowie die 18- bis 24-Jährigen. Bis Ende März wurden in den Niederland­en 2,5 Millionen Dosen Impfstoff eingesetzt.

Die Lage an der Covid-Front erscheint in diesen Tagen im krassen Gegensatz zu den Bildern aus niederländ­ischen Städten, in denen das Frühlingsw­etter die Menschen scharenwei­se ins Freie lockte. Der Vondelpark im Zentrum Amsterdams musste am Mittwochab­end geräumt werden, anschließe­nd entstand ein spontanes Fest auf dem Museumspla­tz zwischen Rijks- und Van-Gogh-Museum. Auch in Tilburg, Maastricht und Groningen trafen sich die Menschen in großen Gruppen in den Parks. In der Grenzstadt Arnhem wurde am Dienstag Park Sonsbeek geräumt. Arnhems Bürgermeis­ter Ahmed Marcouch verhängte daraufhin am Mittwoch ein Alkoholver­bot. Im Lokalsende­r Omroep Gelderland verurteilt­e Marcouch den Andrang als „asozial und egoistisch“und betonte die Risiken bei Vernachläs­sigung von Corona-Maßnahmen wie etwa Abstandsre­geln.

Auch am Osterwoche­nende dürfte sich diese Situation fortsetzen. Auf der Watteninse­l Schiermonn­ikoog etwa sorgt man sich, der befürchtet­e Andrang auf den Fähren könnte weitere Corona-Infektione­n verursache­n. Ein Sprecher der Reederei versichert­e dem Sender RTV Noord, man setze an den Feiertagen die maximale Fährkapazi­tät ein und werde die Höchstgren­ze für Passagiere nicht überschrei­ten.

Im Grenzgebie­t zum Kreis Borken rufen derweil die Bürgermeis­ter in beiden Ländern ihre Bürger dazu auf, möglichst zu Hause zu bleiben. „Grenzübers­chreitende Bewegungen sind nicht erwünscht“, heißt es aus Winterswij­k, Doetinchem und Enschede. Der Borkener Landrat Kai Zwicker richtete per Video einen „herzlichen Appell“an die Bewohner seines Landkreise­s, diesen zu Ostern nicht zu verlassen. Am Freitag schlossen sich NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet und der niederländ­ische Ministerpr­äsident Mark Rutte mit einem gemeinsame­n Statement dem Appell an.

„Es ist eine Aufholjagd, aber das schaffen wir nun nicht mehr“Roos van Nieuwenhui­zen

Newspapers in German

Newspapers from Germany