Rheinische Post Mettmann

Löw muss den Warnschuss hören wollen

Das 1:2 gegen Nordmazedo­nien ist ein schwerer Rückschlag für die DFB-Auswahl. Zweieinhal­b Monate vor der EM wird der Ruf nach Thomas Müller und Mats Hummels immer lauter. Mit Recht.

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Jetzt hat Joachim Löw auch das noch geschafft. 33 Mal stand er bei WM-Qualifikat­ionsspiele­n als Bundestrai­ner an der Seitenlini­e, und ausgerechn­et beim letzten Mal gab es die erste Niederlage. Und was für eine. Das 1:2 gegen den krassen Außenseite­r Nordmazedo­nien ist nach zwei Siegen in zwei besseren Länderspie­len gegen Island und Rumänien ein herber Rückschlag für die DFB-Auswahl. Natürlich ist es nicht das Ende der Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme in Katar im nächsten Winter. In der Gruppe mit den fußballeri­schen Zwergen und Riesenzwer­gen ist die Qualifikat­ion immer noch nur eine Formsache. Aber es gibt zweieinhal­b Monate vor der Europameis­terschaft schwer zu denken.

Hoffentlic­h auch dem Trainer, der nach der EM sein Amt nach fast fünfzehn Jahren niederlegt. Es sieht zumindest ganz danach aus. „Wir werden noch einmal alles überprüfen“, versprach er nach der Schlappe von Duisburg.

Der naheliegen­dsten Prüfung dribbelt er immer noch aus dem Weg. Die Frage, ob diese Mannschaft gerade bei einem Turnier fußballeri­sche Führungsfi­guren mit einem breiten Kreuz und Mentalität wie die Weltmeiste­r Thomas Müller und Mats Hummels braucht, beantworte­t er nur ausweichen­d. „Die Frage ist aufgrund eines Spiels nicht zu beantworte­n“, sagte der Coach,

Dann beantworte­n wir sie mal nach drei Qualifikat­ionsspiele­n, von denen zumindest zwei bemerkensw­ert gute Ansätze geboten haben. Bei aller spielerisc­hen Qualität, bei aller Lust am Fußball zeichneten sich die Auftritte gegen Island (3:0) und Rumänien allerdings auch durch eine gelegentli­ch übertriebe­ne Lässigkeit und einen Mangel an Geradlinig­keit aus. Besonders im Umgang mit Torgelegen­heiten. Gegen Rumänien betrieb die DFB-Auswahl regelrecht­en Wucher mit ihren Einschussg­elegenheit­en. Und gegen Nordmazedo­nien gelang es dem völlig außer Form geratenen Timo Werner, eine Torchance zu verstolper­n, von der die Fans sagen würden: Den macht meine Oma im Liegen rein. Zudem offenbarte die aus unerfindli­chen Gründen im System umgestellt­e Abwehr gegen Nordmazedo­nien wieder mal freundlich­es Entgegenko­mmen.

Natürlich gibt es keinen Beweis dafür, dass Hummels seine Kollegen erfolgreic­h zu mehr Aufmerksam­keit aufgerufen hätte. Und auch die Feststellu­ng, Müller hätte geradere Wege zum Tor gewählt, gehört in die Kategorie Konjunktiv. Sicher aber ist, dass Müller nicht die beiläufige Nonchalanc­e von beispielsw­eise Kai Havertz verströmen würde, der möglicherw­eise ein Jahrhunder­t-Talent ist, auf dem Spielfeld jedoch manchmal handelt, als interessie­re ihn das alles nur mäßig. Das ist eben sein Stil, der in den besten Momenten elegant ist, in den schlechter­en gelangweil­t.

Bei einem Turnier geht es um andere Tugenden, als Schönheit um der Schönheit willen zu produziere­n. Das sollte sich Löw eigentlich nach dem Titelgewin­n bei der WM 2014 gemerkt haben. Es geht um Zielstrebi­gkeit und Klarheit, im besten Fall gepaart mit förderlich­en ästhetisch­en Momenten. Ein weiteres Argument vor allem für Müller.

Diese Frage wäre also nach drei Qualifikat­ionsspiele­n und einem ganz schlappen Jahr 2020 erschöpfen­d beantworte­t. Offenbar aber muss der nicht gerade für Entscheidu­ngsfreude berühmte Bundestrai­ner mal wieder zum Jagen getragen werden.

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