Wie Keith Jarrett, Mozart und Chopin bei Operationen helfen
DÜSSELDORF Schon der Gedanke an eine OP kann bei Patienten Angst und Stress auslösen, was den Eingriff und die Genesung danach erschweren kann. Die Forschung sucht deshalb seit längerem nach alternativen Behandlungsarten, zumal etwa die klassische Vollnarkose mit Nebenwirkungen und Risiken verbunden sein kann. Am Florence-Nightingale-Krankenhaus in Kaiserswerth können Patienten deswegen zum Beispiel unter Teilnarkose über Videobrillen Filme, Dokus und Konzerte anschauen, was ihnen beim Entspannen helfen soll.
Ein Team von Psychologen und Medizinern der Heinrich-Heine-Uni (HHU) und Uniklinik, der Ruhr-Universität Bochum und der Uniklinik Augsburg hat nun herausgefunden, dass auch Musik einen positiven Effekt hat. In einer interdisziplinären, sogenannten einfach verblindeten Studie haben sie herausgefunden: Eine begleitende Musiktherapie wirkt positiv auf stressassoziierte, physiologische Parameter wie Blutdruck und Herzfrequenz und reduziert die Menge des ausgeschütteten Stresshormons Cortisol. „Sie wirkt sich positiv auf das Stresslevel der Patientinnen aus und steigert damit ihr Wohlbefinden“, sagt Nora
Schaal vom Institut für Experimentelle Psychologie der HHU, die mit Philip Hepp von der Uniklinik Augsburg die Studienleitung inne hat. Mit diesem „einfachen und kostengünstigen Ansatz könnte, zumindest bei einfachen Eingriffen, die Menge an benötigten Sedativa und Analgetika verringert werden“, so Schaal.
Das Team hatte untersucht, welche Wirkung Musik auf die psychische Situation von Frauen hat, die sich zur Vorbereitung einer Chemotherapie einer Portkatheder-Operation unterziehen. Portkatheder werden häufig gesetzt, wenn Tumorpatienten etwa nach einer Brustkrebs-OP eine nachfolgende Chemotherapie
benötigen. Über diese unter der Haut sitzenden Implantate können sicher und für die Frauen möglichst wenig belastend die notwendigen Medikamente verabreicht werden, ohne dass für jede Behandlung ein neuer Venenkatheter gelegt werden muss. Diese Implantate werden in einer kurzen OP meist in Lokalanästhesie eingesetzt. Dennoch kann ein solcher Eingriff, verbunden mit den Bedenken über die folgende Chemotherapie, bei den Betroffenen Angst und Stress auslösen.
Einer Hälfte der 84 Studienteilnehmerinnen war während der OP via Kopfhörer ein Musikprogramm vorgespielt worden. Die Patientinnen
durften das Genre auswählen (Klassik, Jazz, Meditation und Lounge), nicht aber einzelne Lieder. Eins hatten die Lieder aber alle gemein: Es waren eher ruhigere Stücke mit – angelehnt an den Ruhepuls – ca. 60 Schlägen pro Minute. Im Genre Jazz konnten die Frauen etwa Keith Jarrett hören („Over the Rainbow“oder „Paint my Heart red“), im Bereich Klassik die „Kleine Nachtmusik“von Mozart oder Frédéric Chopins „Nocturne in Es-Dur“. Die Kontrollgruppe trug ebenfalls Kopfhörer ohne Musikeinspielung, so dass das medizinische Personal nicht über die Gruppenzuordnung Bescheid wusste.