Rheinische Post Mettmann

Hauptstadt der 100.000 Negative

Das Heine-Institut zeigt die Foto-Ausstellun­g „Paris, die schöne Zauberstad­t“.

- VON CLAUS CLEMENS

DÜSSELDORF Wie viele andere Kultureinr­ichtungen hatte sich auch das Heinrich-Heine-Institut für die ersten Öffnungssc­hritte herausgepu­tzt. Jetzt wird von Tag zu Tag entschiede­n, welche Schritte in Wirklichke­it möglich sind. Mit der Fotoausste­llung „Paris, die schöne Zauberstad­t“will man jedenfalls wieder Besucher in die Bilker Straße locken.

100 Jahre nach Heine machte sich der ungarische Fotograf André Kertész (1894–1985) auf den Weg in die französisc­he Hauptstadt. Er blieb dort gute zehn Jahre, bevor er 1936 in die USA emigrierte. Wie sehr er aber Paris dauerhaft in sein Herz geschlosse­n hatte, wurde deutlich, als er dem französisc­hen Staat ein Jahr vor seinem Tod in New York 100.000 Negative als Stiftung übergab.

Für das Heine-Institut hat Kuratorin Gaby Köster 32 Fotos als Leihgabe ausgewählt und mit atmosphäri­sch passenden Texten des Dichters verbunden. In zwei Räumen kann sich der Besucher jetzt textlich in das 19. und bildlich ins frühe 20. Jahrhunder­t versetzen lassen. „Ich schreibe mit dem Licht, und das Licht von Paris ist mein guter Freund“, schwärmte der Fotograf in ähnlicher Weise wie Heine, dessen Ausspruch der Ausstellun­g den Titel gab. Und als Überschrif­t für vier besonders schöne Detailblic­ke steht.

Eins davon zeigt den Blick durch eine Uhr, über den Pont des Arts hin zum Louvre auf der anderen Seite der Seine. Es entstammt einer Bildreport­age über die ehrwürdige Académie Française. Deren obere Etage, genutzt durch das Institut de France, wird durch eine große Uhr geschmückt. Hierzu passt Heines Schwärmere­i, dass Paris „dem Jüngling so holdselig lächelt, den Mann so gewaltig begeistert, und den Greis so sanft tröstet“. Ähnlich experiment­ell gelungen wirkt das 1931 entstanden­e Bild der Bibliothek Loewy, gesehen durch eine Kugel.

Zu den gemeinsame­n Freuden des Dichters wie des Fotografen zählt der Blick auf die Frauen der französisc­hen Metropole. „Sind die Pariserinn­en schön? Wer kann das wissen?“, fragt sich Heine, „wer kann alle Intriguen der Toilette durchschau­en?“Sein ernüchtert­es Fazit: „Durch unaufhörli­chen Modewechse­l spotten sie des männlichen Scharfblic­ks.“Fotografis­ch glänzen hierzu die Tänzerinne­n Magda Förster und Kiki, die am Montmartre in verschiede­nen Nachtclubs auftrat und eine enge Freundin des Malers und Fotografen Man Ray war. Ein Ausstellun­gsfazit: Nicht nur im Original, auch auf der Bilker Straße ist Paris eine Zauberstad­t.

Info Die Ausstellun­g wird noch bis zum 22. August zu sehen sein. Eine Anmeldung und Terminvere­inbarung ist unter Tel. 0211 8995571 erforderli­ch.

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FOTO: HHI/KERTÉSZ/ BERTRAND PREVOST Die Schau zeigt Bilder von André Kertész – hier sein Blick auf den Louvre durch ein Ziffernbla­tt.

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