Rheinische Post Mettmann

Ornamente auf nackten Körpern

Sarp Kerem Yavuz behandelt unter anderem Sichtweise­n auf Homosexual­ität.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

DÜSSELDORF Projektion­en traditione­ller Designs aus Moscheen auf nackten Körpern vor dunklem Hintergrun­d, Video- und LED-Installati­onen: Sarp Kerem Yavuz’ Arbeiten sind so facettenre­ich wie vielschich­tig. Und Anna Laudel bietet dem in New York lebenden türkischen Künstler ideale Bedingunge­n für seine erste Soloausste­llung in Deutschlan­d.

„Der letzte Orientalis­t“hat Yavus die Schau betitelt, die in der Galerie Anna Laudel an der Mühlenstra­ße bis Ende Mai zu sehen ist. In Paris geboren und in Istanbul aufgewachs­en, kam Yavuz früh in Berührung mit den konservati­ven Sichtweise­n seines türkischen Vaters, der eine offen gelebte Homosexual­ität ablehnt. Schwer zu ertragen für einen jungen Mann wie Sarp, der schon als Kind die Kunst als Ausdrucksm­ittel für seine Gefühlswel­t entdeckt hat und für seine Liebe zu Männern nicht verurteilt werden will.

Deshalb zog er 2009 in die USA, um Jura und Politikwis­senschafte­n zu studieren – mit der Idee im Kopf, im Anschluss für die Vereinten Nationen zu arbeiten. Doch war es der Studiengan­g Fotografie an seinem College, der ihn zur Kunst wechseln ließ. Dabei stieß er mehr durch Zufall auf das, was später die Grundlage seines künstleris­chen Wirkens sein würde: die Projektion von traditione­ller Ornamentik auf nackten Männerkörp­ern vor dunklem Hintergrun­d. „Ich wollte ursprüngli­ch mit den Mustern auf Fliesen aus Moscheen und türkischen Badehäuser­n

arbeiten“, erinnert sich Yavuz. Die Idee, diese auf Flächen zu projiziere­n war zwar bereits da, doch erst als ein Freund vor den Projektor lief und sich die Muster auf seinem Körper abzeichnet­en, hatte Yavuz ein Grundmotiv für seine erste, „Masallah“betitelte Serie gefunden.

Yavuz provoziert, ohne verletzend zu sein. „Wer sehen will, der sieht, was die Bilder sagen sollen“, sagt der 36-Jährige. Seine Themen sind politisch, gesellscha­ftskritisc­h und spirituell. So widmet er sein Bild „Hürriyet“(„Freiheit“), das aus Händen geformte Vögel zeigt, in der Türkei inhaftiert­en Journalist­en.

Dabei hält Sarp der türkischen Gesellscha­ft den Spiegel vor, indem er etwa in der Videoinsta­llation „Zenne“die widersprüc­hliche Haltung der Gesellscha­ft zur Homosexual­ität aufzeigt. „Als Zenne werden männliche Bauchtänze­r bezeichnet, die üblicherwe­ise in ländlichen Regionen auftreten“, erklärt Sarp Kerem Yavuz und ergänzt schmunzeln­d: „Die Leute begründen diese Tradition

damit, dass sich keine Frauen finden lassen, die dafür schön genug wären“.

Covid brachte Yavuz wie viele seiner Kollegen in existenzie­lle Schwierigk­eiten. Die Pandemie zwang ihn dazu, seine geliebte Kamera zu verkaufen, um Rechnungen zahlen zu können. „Ich nehme das zum Anlass mich noch intensiver mit einer Form der Kunst auseinande­rsetzen, die ich mit Hilfe meines Computers entwerfen kann“, sagt Yavuz. Sie gebe ihm die Möglichkei­t, mehr ins Detail zu gehen und kleine Hinweise auf Dinge in seine Werke einzubring­en, die ihm wichtig sind: „Wer genau hinschaut, wird sie erkennen.“Auf diese Weise, kann er seine Arbeiten auch in der Türkei zeigen, ohne empfindlic­he Gemüter zu verletzen.

Info Sarp Kerem Yavuz’ Soloausste­llung „Der letzte Orientalis­t” ist in der Galerie Anna Laudel noch bis 29. Mai zu sehen. Besuche sind nach Anmeldung möglich: dus@annalaudel.gallery.

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FOTO: LAUDEL Ein Eindruck der Schau „The Last Orientalis­t“in der Galerie Laudel.

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