Naturschützer kritisieren Bauen am Haselnussweg
Es werde erneut landwirtschaftliche Fläche versiegelt und zudem noch am Bedarf vorbeigebaut, gibt der BUND zu bedenken.
WÜLFRATH (RP) Es sei problematisch, einen über 25 Jahre alten B-Plan wieder aufleben und die Fläche unverändert bebauen zu lassen, meint Götz-Reinhardt Lederer von der BUND-Ortsgruppe Wülfrath. Das betreffe nicht nur die Probleme bei der Erschließung des Baugebiets Haselnussweg, sondern auch die Tatsache, dass dort lediglich Ein- bis Zweifamilienhäuser entstehen sollen. Denn der Wohnraumbedarf habe sich geändert.
„In der Region werden kleine bezahlbare Wohnungen benötigt und keine Einfamilienhäuser. Die Bebauung geht also völlig am Bedarf vorbei“, kritisiert Lederer. Dass ein sehr großes Interesse an den Grundstücken und Häusern bestehe, sei nicht so sehr dem Wohnraumbedarf geschuldet. Vielmehr scheine ein eigenes Haus bei der aktuellen europäischen Zinspolitik für viele Bürger die beste Geldanlage zu sein.
Aus Naturschutzgründen sei die fehlende artenschutzrechtliche Prüfung oder mindestens Vorprüfung des Gebiets verblüffend, so Lederer weiter. Diese Prüfung habe es 1994 noch nicht gegeben. In der Umweltverträglichkeitsprüfung sei aber schon damals auf die Empfindlichkeit des Gebiets hingewiesen worden. 2012 habe die Stadt für den B-Plan „Alte Kölnische Landstraße“
noch ein Artenschutzgutachten erstellt – am Haselnussweg mit seinem problematischen Siepengebiet aber noch nicht.
Dem BUND gefällt es zudem nicht, dass auf landwirtschaftlicher Fläche gebaut werden soll. Die landwirtschaftliche Fläche in Wülfrath habe sich von 1708 Hektar im Jahr 1994 auf 1344 Hektar im Jahr 2019 verringert. „Das ist ein Verlust von 27 Prozent, der natürlich nicht nur an der großzügigen Wohnbauplanung liegt, aber auch daran. Wir können uns einen weiteren Verlust landwirtschaftlicher Fläche nicht mehr leisten“, unterstreicht Lederer für den BUND. Die Bevölkerung sei im selben Zeitraum von 21.127 auf 20.947 Einwohner gesunken, also fast unverändert geblieben. Die umfangreichen Bebauungen der letzten Jahre hätten also nicht zu einem Bevölkerungswachstum geführt.
Der Vermutung, die Naturschützer würden den Bürgern keine Einfamilienhäuser gönnen, wollen die Aktiven mit Zahlen entgegentreten. Ihnen zufolge befinden sich auf der Hälfte der Wülfrather Wohnfläche Ein- und Zwei-Familienhäusern. Fast jeder vierte Wülfrather sei über 65 Jahre alt. Im Verlauf der nächsten zehn Jahre werde bei vielen dieser Altersgruppe der Gedanke an eine kleinere Wohnung aufkommen. Das würde bedeuten, dass Häuser den Besitzer wechseln werden – Häuser, die man zwar energetisch verbessern müsse, aber oft auf attraktiveren Grundstücken und mit guter Lage haben, ganz ohne weitere Flächenversiegelung.
Der Zuzug von 65 Familien mit vielleicht 130 Kindern nach Wülfrath könne bei 3300 Einwohnern unter 18 Jahre weder den Bedarf an Kindergärten noch an Schulen wesentlich beeinflussen. Auch die Hoffnung auf hohe Einnahmen über die Einkommensteuer für die Stadt würden sich kaum zu erfüllen, meint der BUND Die Suche nach neuen Firmen wäre da wohl chancenreicher.