Wie viel müssen die Bürger zahlen ?
Zwei Dinge sind vor der Sondersitzung des Stadtrates klar: Ganz ohne Grundsteuer-Anhebung wird Mettmann nicht davonkommen. Aber die 300 Prozentpunkte sind vom Tisch. Die Kämmerei sorgt für Verwunderung in der Politik.
METTMANN Zielgerade in Sicht – aber nicht das Ende aller Sparbemühungen. Mit der größten Grundsteuererhöhung in ganz Nordrhein-Westfalen war die Mettmanner Verwaltung vor einigen Monaten in den Haushaltsmarathon 2021 gestartet. Am Dienstagnachmittag, 24 Stunden vor der Sondersitzung des Rates, glühten noch einmal die Telefondrähte. Dann soll der Grundsteuer-Zeiger im Rathaus bei 190 Prozentpunkten gestanden haben – ohne dass Mettmann in einen Nothaushalt rutscht. Der zweitstärksten Ratsfraktion, den Grünen, reichte dieser Zwischenstand noch nicht. Sie haben sich auf 150 Punkte mehr Grundsteuer B auf Häuser und Wohnungen als Oberziel festgelegt.
Und das soll auch erreicht werden, wie Fraktionssprecherin Rebecca Türkis sagt: „Wir haben von Anfang an klar gemacht, dass der Vorschlag der Verwaltung, die Grundsteuer B um 300 Punkte anzuheben, für uns nicht akzeptabel ist. Menschen, die sich in finanziellen Notlagen befinden, werden in diesen schwierigen Zeiten damit übermäßig belastet. Daher haben wir eine Reihe von Vorschlägen und Anträgen eingereicht, Anfragen gestellt und Gespräche mit der Verwaltung und den anderen Fraktionen geführt, um Einsparpotenziale zu heben.“
Das lässt vor allem die Stadtkämmerei schlecht aussehen. Zuletzt fragten die Grünen, wo denn die Bundesmittel aus dem Teilhabechancengesetz geblieben seien. Ups, die 440.000 Euro, so schildern es Vertreter mehrerer Parteien mit extremer Verwunderung, hatte man doch glatt vergessen einzubuchen. Niemand aus der Politik will die Verwaltung mutwillig in den Regen stellen, sondern alle wollen das Beste für Mettmann erreichen. Nur wer den extrem tiefen Griff in die Taschen der Bürger als derart alternativlos darstellt und sich dann so häufig korrigieren muss, darf keinen Applaus erwarten.
So ist die Ausgangslage vor der entscheidenden Sitzung am Mittwoch, 17 Uhr in der Neandertalhalle: Die größte Fraktion, die CDU, will sich einer Grundsteueranhebung nicht verweigern. Mangels Alternativen, wie es heißt. Die Ansätze der unabhängigen Experten Helmut Peick und Harald Birkenkamp werden in Bezug auf einen völlig anderen Gewerbesteueransatz als Luftbuchung empfunden. Beim Rathauspersonal sehen die Christdemokraten sehr wohl Einsparmöglichkeiten. Fraktionschef Fabian Kippenberg sagt aber auch: „Der Ehrlichkeit wegen muss man den Bürgern dann aber auch sagen, worauf sie künftig verzichten müssen.“
Die Grünen kritisieren jahrelange Fehlentscheidungen und die dadurch entstandene Schieflage der Mettmanner Finanzen. Fraktionssprecher Nils Lessing macht deutlich, dass ab sofort vieles anders laufen muss in der Kreisstadt: „Wir wollen weiterhin deutlich mehr Klimaschutz, mehr Ökologie, eine andere Sozialpolitik, mehr Investitionen für Schulen, Jugendliche und Kitas, eine dezentrales Kulturkonzept und eine nachhaltige Mobilitätspolitik statt Investitionen in Straßen.“
Die SPD hat im Haushaltsstreit stets vermittelt. Sie feiert sich dafür, die Musikschule und die Bücherei aus der Schusslinie der Sparkommissare manövriert zu haben. Und SPD-Fraktionschef Florian Peters hat zudem eine strategische Konsolidierung gefordert: Mit Hilfe externer Experten und der Unterstützung der Bürger soll Mettmanns Haushalt auf Vordermann gebracht werden. Wirksam ab 2022, wenn es gut läuft.
Die FDP zeigt sich zutiefst enttäuscht von der Verwaltung und lehnt jede Grundsteueranhebung ab, sagt die liberale Fraktionschefin Andrea Metz. Letztes ist auch die Position der Linken und der Wählergeminschaft „Zur Sache! Mettmann“. Die von ZSM abgespaltene Wählergeminschaft ME bedauert es, für die Fehler anderer in der Vergangenheit gerade stehen zu müssen, will aber die Verantwortung annehmen und konstruktiv an Lösungen arbeiten. So geht es auf die Zielgerade.