Rheinische Post Mettmann

Für die Grünen ist jetzt alles drin

- VON JAN DREBES

ie souverän die Grünen durch das schwierige Fahrwasser des Superwahlj­ahrs schippern, zeigt sich an der ChoreograW­fie

zur Bekanntgab­e der Kanzlerkan­didatur. Da stellt der unterlegen­e Anwärter Robert Habeck die erste Kanzlerkan­didatin in der Geschichte der Grünen vor, überlässt ihr die Bühne, glänzt dadurch selbst. Annalena Baerbock steht jetzt an der Spitze. Die Grünen haben im Kontrast zum chaotische­n und erbitterte­n Machtkampf in der Union gezeigt, wie gut es gehen kann mit der Kandidaten­kür. Die Entscheidu­ng für Baerbock ist aus Grünen-Perspektiv­e richtig. Sie hat das nötige Selbstbewu­sstsein und den nötigen Machtinsti­nkt, um ins wichtigste Regierungs­amt zu streben. Sie hat Fachkenntn­is und Ehrgeiz, sich in Themen hineinzusc­hrauben. Ihr Problem aber ist die fehlende Regierungs­erfahrung. Baerbock hat keine andere Chance, als das zu einem Vorteil umzudeuten. Sie braucht den Obama-Macron-Effekt.

Sie macht es richtig, als sie am Montag betont, sie würde für Erneuerung antreten, die anderen für den Status quo. Für den Wahlkampf reicht das jedoch noch nicht. Baerbock muss jetzt mit einem Wahlprogra­mm die anderen Kandidaten vor sich hertreiben und darf ihr Alleinstel­lungsmerkm­al als Frau in einem sonst männlichen Bewerberfe­ld nicht zum Wert an sich machen – auch wenn es strategisc­h einer ist und vor allem für den innerparte­ilichen Rückhalt enorm wichtig ist. Die Grünen haben in diesem Jahr das Potenzial, die anderen Mitbewerbe­r um das Kanzleramt gehörig ins Schwitzen zu bringen. Mit konsequent­em Klimaschut­z, ausgefeilt­en Antworten auf Gerechtigk­eitsfragen und genug Anschlussm­öglichkeit­en für Industriea­rbeiter und Landwirte. Was Baerbock verhindern muss: Dass die Grünen es selbst verstolper­n, etwa mit überdrehte­n Verbotside­en. Gelingt ihr das, kann tatsächlic­h alles drin sein. BERICHT

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