Rheinische Post Mettmann

Fördergeld für Ladesäulen oft nicht abgerufen

Von 310 Millionen Euro an Bundeshilf­en wurden erst 43 Millionen Euro ausgezahlt. In China dagegen boomt die E-Mobilität.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN/SCHANGHAI Die Zulassungs­zahlen von Elektroaut­os und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen steigen, doch die bundesweit flächendec­kende Versorgung mit öffentlich­en Ladepunkte­n für elektrifiz­ierte Fahrzeuge kommt weiter nur stockend voran. Zumindest legen das aktuelle Zahlen zur Verteilung der Fördermitt­el für die Ladeinfras­truktur nahe: Von knapp 310 Millionen Euro an bereitsteh­enden Fördermitt­eln des Bundes für die Errichtung öffentlich zugänglich­er Ladesäulen für Elektroaut­os sind bis zum Frühjahr 2021 erst knapp 43 Millionen Euro abgeflosse­n. Das geht aus der Antwort des Bundesverk­ehrsminist­eriums auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach hatte das Ministeriu­m bereits Anfang 2017 ein Förderprog­ramm in Höhe von 251 Millionen Euro aufgelegt, von denen bis Ende Februar 2021 erst 29 Millionen Euro ausgezahlt worden sind. Auch ein im März 2018 zusätzlich aufgelegte­s 50-Millionen-Euro-Förderprog­ramm des Wirtschaft­sministeri­ums sei bisher erst zu weniger als einem Viertel ausgeschöp­ft worden. Als Ursachen nennt das Ministeriu­m in seiner Antwort Verzögerun­gen durch unvollstän­dige Förderantr­äge, erforderli­che Ausschreib­ungsund lange Genehmigun­gsverfahre­n zur Errichtung der Ladesäulen sowie Lieferengp­ässe.

Der Antwort des Ministeriu­ms zufolge sind in Deutschlan­d bis zum Stichtag 1. April 2021 bislang 38.441 öffentlich zugänglich­e Ladepunkte errichtet worden. Spitzenrei­ter bei den Ladesäulen ist demnach Bayern mit 7978, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 6809 und Baden-Württember­g mit 6262 Säulen. Rheinland-Pfalz kommt auf 1648 Ladepunkte. Bis zum 1. April 2021 wurden zudem bisher bundesweit 4832 Schnelllad­epunkte neu aufgestell­t, Ende 2016 waren es erst 490 Säulen dieses Typs gewesen.

„Der Bund kommt seinen eigenen Ansprüchen beim Thema Ladepunkte nicht hinterher. Von über 300 Millionen Euro bewilligte­n Fördermitt­eln seit 2015 sind bisher etwa 40 Millionen ausgezahlt. Nur knapp die Hälfte aller Schnelllad­epunkte wurde überhaupt mit Förderung errichtet. Wieso stärkt die Bundesregi­erung daher nicht den wachsenden wettbewerb­lichen Ausbau?“, kritisiert­e der verkehrspo­litische Sprecher der FDP-Fraktion, Oliver Luksic.

Während die E-Mobilität hierzuland­e weiterhin noch mit den Rahmenbedi­ngungen wie Ladeinfras­truktur, einheitlic­hen technische­n Standards und Bezahlmode­llen zu kämpfen haben, holen die deutschen Autobauer auf dem Weltmarkt in Sachen E-Mobilität auf – allen voran in China, dem unangefoch­tenen Marktführe­r in Sachen E-Mobilität und der, global betrachtet, wichtigste­n Absatzregi­on für deutsche E-Autobauer.

Das wurde auch am Montag auf

Eine Schnelllad­esäule für Elektroaut­os in Dinslaken. der größten Automesse der Welt in Schanghai deutlich. Auf der „Auto China“erwarten rund 1000 Aussteller bis zum 28. April – unter besonderen Corona-Vorkehrung­en – Hunderttau­sende Besucher. E-Mobilität und Konnektivi­tät sind nicht von ungefähr die großen Themen der Messe, die sich über insgesamt zwölf Hallen erstreckt.

Sowohl der Volkswagen-Konzern, der schon seit seinen ersten JointVentu­res in den 1980er-Jahren ein hohes Ansehen in der Volksrepub­lik genießt und allein in diesem Jahr in China nach eigener Aussage 100.000 Elektroaut­os verkaufen will, als auch die großen Premiummar­ken wie BMW und Mercedes präsentier­en auf der Branchensc­hau eine ganze Palette neuer E-Autos – allen voran VW mit seinem neuen elektrisch­en Stadtgelän­dewagen ID 6X.

„Der Wandel der deutschen Autoherste­ller verlief ziemlich schnell“, sagte der Direktor der Vereinigun­g der chinesisch­en Autohändle­r, Jia Xinguang. „Vor fünf Jahren hat Europa

noch gedacht, dass die Entwicklun­g von Elektrofah­rzeugen nicht realistisc­h ist“, so der Verbandsch­ef. „Aber jetzt war die Wende bei den Unternehme­n aus Deutschlan­d schneller als bei jenen aus den USA oder selbst Japan und Südkorea. Doch ein Defizit in Deutschlan­d wie auch in Europa sind die Batterien.“

„Der Volkswagen-Konzern hat einen sehr guten Job bei den Elektroaut­os gemacht“, so der Direktor des Centers for Automotive Research, Ferdinand Dudenhöffe­r, in Duisburg. „Die China-Strategie bei VW-Audi-Porsche-Skoda stimmt.“Auch Mercedes sei in Schanghai „schwungvol­l“mit neuen Modellen gestartet. „Einzig BMW war in der Vergangenh­eit sehr zögerlich“, sagte Dudenhöffe­r. Die Münchner seien aus seiner Sicht noch zu stark bei den Plug-In-Hybriden mit Benzinund Elektromot­or engagiert, die am Markt eine kurze Lebensdaue­r hätten. BMW habe „zu lange den Trend zu reinen Batterieau­tos ignoriert,“so Dudenhöffe­r. (mit dpa)

 ?? FOTO: HEINZ SCHILD ??
FOTO: HEINZ SCHILD

Newspapers in German

Newspapers from Germany