Rewe fährt in Pandemie Rekordumsatz ein
Lebensmittel top, Touristik flop – die Bilanz des Kölner Handelskonzerns spiegelt die Situation der Branchen in der Corona-Krise.
KÖLN Lebensmittel braucht und kauft jeder, verreisen kann kaum jemand in der Pandemie: Diese Phänomene spiegeln sich klar in der Bilanz der Rewe-Gruppe. Die Kölner sind durch die Übernahme des Großhändlers Lekkerland im vergangenen Jahr deutlich gewachsen und haben dank des starken Lebensmttelgeschäfts den coronabedingten Einbruch in der Touristiksparte wettgemacht. Der Umsatz des Konzerns stieg um 12,6 Milliarden auf den Rekordwert von 75,3 Milliarden Euro – ein Anstieg, der in etwa dem durch den Lekkerland-Zukauf entstanden Plus entspricht. Das Wachstum in den Supermärkten sowie beim Discounter Penny und der Baumarktkette Toom habe die Rückgänge im Reisegeschäft mehr als ausgeglichen, erklärte Vorstandschef Lionel Souque. Operativ hat der Konzern mehr als 1,2 Milliarden Euro verdient, eine Steigerung um mehr als ein Drittel. Unter dem Strich sank der Gewinn wegen der Touristikprobleme und steuerlicher Lasten um fast ein Fünftel auf 415 Millionen Euro.
Das Reisegeschäft mit den Marken DER, Jahn Reisen und ITS war im vergangenen Jahr logischerweise die problematischste Sparte. Es verlor drei Viertel seines Geschäfts und machte nur noch 1,3 Milliarden Euro Umsatz. Unter dem Strich hat der Bereich knapp 400 Millionen Euro Verlust gemacht. Man habe in der Krise Konsequenzen gezogen, sagte Finanzvorstand Christian Mielsch in einer Telefonkonferenz. Rückzahlungen an Reisekunden seien aus eigenen Mitteln und mit Geld aus der Rewe-Gruppe erledigt worden. Kosten gespart worden seien unter anderem durch Kurzarbeit und Änderungen in der IT-Struktur. Gleichzeitig habe man investiert – in Hotels und den Zukauf von 25 Reisebüros der Galeria Karstadt Kaufhof. Die Perspektive für das laufende Jahr bleibt aber vorerst bescheiden. Das Ziel für 2021 sei gewesen, die Hälfte des Niveaus von 2019 zu erreichen, teilte Touristik-Vorstand Sören Hartmann mit. Aber unter den gegebenen Beschränkungen sei eine Prognose für das laufende Jahr schwierig.
Die fehlende Gelegenheit, Urlaub zu machen, hat für einen Boom bei Heimwerkern gesorgt. Der hat das Geschäft bei den Baumärkten um ein Fünftel wachsen lassen. Gegenwärtig ist dieser Bereich aber wegen der sich verändernden Bedingungen für Öffnungen schwierig, wie Rewe einräumt. Derzeit seien viele Märkte geschlossen; in anderen sei Click & Collect möglich.
Das Einkaufsverhalten der Kunden hat sich vor allem zu Beginn der Coronavirus-Pandemie verändert. Damals habe es Hamsterkäufe gegeben, aber das sei mittlerweile zu vernachlässigen, so der Konzernchef. Aktuell sei es so, dass die Kunden seltener kämen, aber dafür dann mehr einkauften. Zudem gibt es der Beobachtung des ReweChefs zufolge einen Trend zum sogenannten
One-Stop-Kauf, bei dem der Kunde möglichst große Teile seines Bedarfs in einem einzigen Laden abzudecken versucht. Ausgangssperren, wie es sie beispielsweise in Baden-Württemberg, aber auch bereits in einzelnen Kommunen Nordrhein-Westfalens gibt (beispielsweise in Köln), lassen die Erlöse nach Souques Angaben zwar leicht sinken. Aber Rewe wird sich nicht wehren. Man werde „kein Theater machen“, so Souque. Wäre wohl auch nicht nötig, wenn die Sperre erst um 22 Uhr beginnt. Dass es umgekehrt dann, wenn Restaurants wieder öffnen dürften, einen nennenswerten Umsatzrückgang geben wird, will der Rewe-Chef wiederum auch nicht glauben: „Die Lust zum Kochen wird bleiben.“
Investieren will der Konzern 2021 wie in den beiden folgenden rund 2,3 Milliarden Euro. Damit sollen Filialen modernisiert, die Logistik ausgebaut und die Digitalisierung vorangetrieben werden, wie Souque sagte.