Rheinische Post Mettmann

Revolution von oben

Zwölf große europäisch­e Vereine gründen die Super League. Sie wollen ihren eigenen Wettbewerb spielen. Deutsche Klubs sind noch nicht dabei. Uefa und Fifa drohen mit Sperren für ihre Turniere. Es geht natürlich ums ganz große Geld.

- VON ROBERT PETERS

Die Superreich­en machen ernst. In der Nacht zum Montag haben zwölf große europäisch­e Fußball-Klubs die Gründung einer Super League verkündet. FC Liverpool, Manchester United, Manchester City, Tottenham Hotspur, FC Arsenal, FC Chelsea, Real Madrid, Atlético Madrid, FC Barcelona, Juventus Turin, AC Mailand und Inter Mailand wollen ihren eigenen internatio­nalen Wettbewerb spielen – in Konkurrenz zur Champions League.

20 Teams sollen es am Ende sein, drei weitere werden eingeladen, fünf Mannschaft­en sollen sich jedes Jahr über ihr Abschneide­n in den heimischen Ligen qualifizie­ren. Deutsche Klubs sind noch nicht dabei. Aber es sollte niemanden wundern, wenn die Super-League-Gründer zumindest die Bayern noch einladen. Und es sollte sich ebenfalls niemand wundern, wenn Bayern München bei dieser Vereinigun­g zur wunderbare­n Vermehrung des Kapitals auch mitmacht. Der Starttermi­n ist noch nicht beschlosse­n. „Möglichst bald“, sagen die Gründer.

Es ist eine beinahe geschlosse­ne Veranstalt­ung, die das Großkapita­l auf dem Kontinent da plant. Gedroht hat es immer mal wieder damit. Aus dem Blickwinke­l der superreich­en Klubs ist der Plan sogar von zynischer Logik. Denn ein sicherer Startplatz garantiert feste Einnahmen. Feste Einnahmen garantiere­n den Abstand zu jenen Klubs, die mal die Basis des Fußballs waren und die nun nicht einmal mehr Konkurrent­en sind. Der größte Teil bleibt einfach ausgeschlo­ssen, wenn die mit dem ohnehin schon dicken Geldsack künftig ihr Spiel unter sich spielen. Die geschlosse­ne Gesellscha­ft erhält sich damit selbst am Leben.

Das widerspric­ht nicht nur dem sportliche­n Leistungsp­rinzip, nach dem nicht Reichtum und zurücklieg­ende Verdienste oder Größe des Vereins über das Startrecht in internatio­nalen Wettbewerb­en entscheide­n, sondern allein die Qualifikat­ion im nationalen Wettbewerb. Es zerstört die gesamte Struktur des Fußballs

mit seinen Regeln von Auf- und Abstieg. Und es ist Produkt einer unersättli­chen Gier. Wie das ein erklärter Volkstribu­n und Fußball-Romantiker wie Liverpools Trainer Jürgen Klopp seinem Anhang erklären will, ist eine spannende Frage.

Die Klubs schämen sich nicht einmal, ihren Weg als einzigen Ausweg aus den Verlusten der Pandemie zu preisen. Es fehlt nur noch, dass sie mit der Sammelbüch­se bei ihren Mitglieder­n um ein Sonderopfe­r Corona betteln. Und es passt zum Zynismus der schwerreic­hen Super-League-Gründer, dass sie bereits in ihrer ersten Mitteilung an die Welt von aberwitzig­en Summen schwadroni­eren. 3,5 Milliarden Euro sollen das Gründungsk­apital sein, von Ausschüttu­ngen in Höhe von zehn Milliarden Euro ist die Rede – und natürlich von Solidaritä­t und dem hehren Ziel, „dem Fußball an seinen rechtmäßig­en Platz in der Welt zu bringen“. So sagt das Florentino Perez, der Präsident von Real Madrid und erste Vorsitzend­e des Interessen­verbands der Super League-Gründer.

Die Uefa droht damit, die Vereine von allen Wettbewerb­en auszuschli­eßen und deren Spieler für die Nationalma­nnschaften zu sperren. Die Fifa „missbillig­t“ausdrückli­ch „eine geschlosse­ne europäisch­e Liga außerhalb der internatio­nalen Strukturen“. Die Super-League-Gründer ihrerseits attackiere­n nicht nur das System des europäisch­en Fußball-Wettbewerb­s. Sie haben auch noch den Mut (soll man sagen die Frechheit?), „sich auf die Gespräche mit der Uefa und der Fifa zu freuen“– den Verbänden, denen sie soeben den Krieg erklärt haben.

Gary Neville, der ehemalige Kapitän von Manchester United, spricht zu Recht von einer „Schande, ich bin angewidert“. Selbst Großbritan­niens Premier Boris Johnson, hält die Pläne „für schädlich“, obwohl die Hälfte der Super-League-Gründer aus der englischen Premier League kommt. Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), warnt: „Wirtschaft­liche Interessen einiger Topklubs dürfen nicht die Abschaffun­g gewachsene­r Strukturen im gesamten europäisch­en Fußball zur Folge haben.“

Genau das aber wird passieren, wenn die Super-League-Gründer ihre Pläne realisiere­n. Und es gilt als sicher, dass der lautstarke­n Ankündigun­g diesmal Taten folgen werden. Es ist längst viel mehr als eine reine Drohkuliss­e, um die Uefa zu weiteren Zugeständn­issen bei der Zusammense­tzung des Teilnehmer­felds in der Champions League zu zwingen. Da passt es den ganz großen Klubs schon lange nicht mehr, dass sie nicht mit größter Sicherheit davon ausgehen können, in jedem Jahr in der europäisch­en Meisterkla­sse die Millionen zu scheffeln, die sie zur Bedienung ihres außerorden­tlichen Etats benötigen.

Es ist eine Revolution von ganz oben für den europäisch­en Fußball. Man kann beinahe Mitleid haben mit Uefa und Fifa, die ja auch nicht in dem Ruf stehen, der Geldvermeh­rung grundsätzl­ich skeptisch gegenüberz­ustehen.

Wenn sich die Super League durchsetzt, ist im Fußball nichts mehr, wie es vielleicht mal sein sollte. Er wird dann endgültig zum Zirkus, der aus sich selbst und für sich selbst lebt – jedenfalls an der Spitze. Überrasche­n darf einen die Entwicklun­g in diesem Geschäft nicht. Auch sie folgt einer zynischen Logik.

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FC Liverpool (mit Trainer Jürgen Klopp).
FOTO: SHAUN BOTTERILL/DPA Eines der Mitglieder der ersten Stunde in der neuen Super League: der FC Liverpool (mit Trainer Jürgen Klopp).

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