Bayerns Unruhe ist Bayers Chance
Im ersten Spiel nach Flicks Abschiedsankündigung empfängt München Leverkusen.
MÜNCHEN/LEVERKUSEN Der FC Bayern ist auf dem besten Weg, die neunte Meisterschaft in Serie zu feiern. Fünf Spieltage vor dem Saisonende beträgt der Vorsprung auf Verfolger Leipzig sieben Punkte, der insgesamt 31. Liga-Titel wohl nur noch Formsache. Nach Feiern ist an diesen Tagen dennoch niemandem in München zumute. Denn: Die Posse um Cheftrainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic hängt wie eine dunkle Wolke über der Säbener Straße.
Kurz nach dem 3:2-Sieg am vergangenen Samstag in Wolfsburg war Flick zum Missfallen der Klubführung vorgeprescht und hatte seinen Abschied aus München zum Ende dieser Spielzeit angekündigt. Der wochenlange und zum Teil öffentlich ausgetragene Streit mit Intimfeind Salihamidzic um Macht bei Transfers und die sportliche Ausrichtung des Klubs hatte den 56-Jährigen mit zu diesem Entschluss bewogen. Er wird nun mehr denn je als Kandidat Nummer eins für die Nachfolge von Joachim Löw als Bundestrainer gehandelt.
Nutznießer der Unruhen beim Rekordmeister könnte Bayer Leverkusen
sein. Der Werksklub ist am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) zu Gast beim Spitzenreiter. Interimscoach Hannes Wolf geht zwar nicht davon aus, dass die Münchner durch den Wirbel um den angekündigten Flick-Abschied verwundbarer geworden sind und betont: „Die Situation scheint sie nicht sportlich zu betreffen, sondern sie eher noch zu vereinen.“Zugleich sagt der 40-Jährige aber: „Auch wir haben unsere Waffen.“
Als Tabellensechster benötigt Leverkusen weiterhin jeden Punkt im Kampf um einen Startplatz im internationalen Wettbewerb. „Eine Partie gegen den FC Bayern gibt immer einen zusätzlichen Kick: Da ist man bereit, über Grenzen zu gehen“, sagt Wolf. Ein Topspiel „in allen Bereichen“sei nötig, um den zwar deutlichen, aber spielerisch ausbaufähigen 3:0-Derbysieg gegen Köln zu vergolden. „Wir gehen mit Rückenwind in die Partie und trauen uns zu, auch dort etwas zu holen.“
Beim Rekordmeister zeigte sich Flick indes bemüht, den Fokus auf die verbleibenden Partien zu lenken. Zum Rüffel der Klubführung wollte er sich nicht äußern, dafür aber zu Robert Lewandowski. Der Weltfußballer fehlt den Bayern seit Wochen wegen einer Knieverletzung. „Robert macht einen hervorragenden Eindruck, aber ich glaube, das Spiel gegen Leverkusen kommt eventuell zu früh“, sagt Flick. Er hofft, dass der Stürmer, dem noch fünf Treffer zum Torrekord von Gerd Müller fehlen, am Samstag in Mainz wieder zur Verfügung steht.
Seinem Gegenüber Wolf drücke Flick indes die Daumen, dass dieser sich bis Saisonende als Dauerlösung unter dem Bayer-Kreuz empfehlen kann. „Ich hoffe, dass er seine Chance in Leverkusen nutzen kann.“Ein Triumph von Wolfs Werkself in München wäre wohl ein starkes Empfehlungsschreiben.