Schlagerstar im Hintergrund
Tobias Reitz schreibt für alle großen deutschen Sänger der Branche Liedtexte. Manchem Künstler kommen da schon mal Freudentränen, sagt er. Nun wurde der Düsseldorfer für seine Arbeit mit einer wichtigen Auszeichnung geehrt.
DÜSSELDORF Am häufigsten wird Tobias Reitz gefragt, was ein guter deutscher Schlager enthalten muss. Der 41-jährige Düsseldorfer Texter musste die Antwort schon oft geben. Denn kürzlich wurde er mit dem Fred-Jay-Preis geehrt. Dieser wird jährlich von der Gema-Stiftung für besondere Leistungen in der deutschen Musik vergeben. „Von diesem Preis habe ich lange geträumt, es ist die größte Ehre für meinen Beruf“, sagt er.
Bekommen hat Reitz diese Auszeichnung für sein Werk, das schon jetzt mehr als 1000 Schlagertexte umfasst. Jeder Schlagerfan (und auch andere Musikliebhaber) dürften seine Texte schon gehört haben – gesungen von Thomas Anders, Mary Roos, Florian Silbereisen, Andrea Berg und vielen anderen Starts der deutschsprachigen Schlagerbranche. Auch für Helene Fischer hat Reitz schon geschrieben.
Der Beweis dafür ist im Gäste-WC seiner Düsseltaler Wohnung zu sehen. Eingerahmt an der Wand hängt die goldene CD für Fischers Millionenseller „Farbenspiel“, für den Tobias Reitz den Songtext für „Fehlerfrei“beigesteuert hat und daher auch eine Prämierung erhalten hat.
Helene Fischer war es auch, die seine Schlagertext-Karriere überhaupt in Schwung gebracht hat. Denn nach seinem Studium an der Heinrich-Heine-Universität war Fischers Hit „Du fängst mich auf und lässt mich fliegen“mit seinem Text im Jahr 2007 der erste große Erfolg für den Düsseldorfer. „Danach habe ich viele Telefonanrufe erhalten von Musikern, die meine Texte zuvor abgelehnt hatten“, sagt er.
Inzwischen ist Tobias Reitz in der Schlagerwelt ein bekannter Mann und schreibt etwa 40 Texte pro Jahr. Beginnt er mit einer neuen Arbeit, steht der Titel meist am Anfang. Zusammen mit dem Komponisten entsteht dann nach und nach der Song, Zeile für Zeile, Strophe für Strophe. Eng ist auch die Zusammenarbeit mit den Sängern und Sängerinnen, „denn letztlich sind die Interpreten es, die den Titel manchmal über Jahre hinweg im Repertoire ihrer Konzerte haben“, sagt Reitz. „Text und Musik müssen zu ihnen perfekt passen.“Aus diesem Grund telefoniere er auch häufig mit den Stars.
Die Arbeit an einem Text bestehe aus 80 Prozent Kommunikation und zu 20 Prozent aus Schreiben. Hat Tobias Reitz gute Arbeit geleistet, gebe es bei den Stars dann auch schon mal Tränen der Freude, dann nämlich, „wenn meine Zeilen ihre Gefühlswelt perfekt treffen“, erzählt der 41-Jährige.
Dass letztlich die Interpreten und Interpretinnen den Ruhm und die Begeisterung der Zuhörer einheimsen, ist für Reitz in Ordnung. Er sei ganz gern der Mann im Hintergrund, wenngleich er mit dem Gedanken spielt, einmal ein Casting zu
moderieren, in dem es um Schlagermusik geht. „Nachwuchs in der Branche ist mir besonders wichtig“, sagt er. Vor Publikum zu stehen ist jedenfalls nichts, was ihm fremd ist. Reitz ist Mitglied der Theatergruppe Phönixallee, die für ihr Improvisationstheater bekannt ist.
Nun stehen aber erst einmal neue Texte an. Für Florian Silbereisen schreibt er zurzeit, auch Andy Borg wird bald wieder einen Reitz-Text im Programm haben. Auch für das neue Helene-Fischer-Album sei er im Rennen, erzählt Reitz, und auch für das nächste Projekt von Roland Kaiser. Was diese neuen Schlagertexte ebenso wie alle anderen enthalten müssen, verrät Tobias Reitz übrigens gern: „Tiefe Emotionen, eine Portion Trost und einen guten Unterhaltungswert.“