Mendelssohn kehrt endgültig zurück
Eine wechselvolle Geschichte erlebte das Denkmal an der Heine-Allee. Zuerst entfernten es die Nazis, dann stand die Neuausgabe schief.
DÜSSELDORF Zweimal ist Mendelssohns Denkmal hier spurlos verschwunden, und mancher glaubte schon, es gebe womöglich doch einen langen antisemitischen Arm in der Landeshauptstadt gegen ihn. Doch so ist es nicht. Der zweite Abschied war unumgänglich geworden, weil das Denkmal auf unsicherem Fundament stand.
Das ist eine lange Geschichte, die viel mit den Bürgern der Stadt Düsseldorf zu tun hat. Im Jahr 1901 hatten sie durch Spenden dafür gesorgt, dass das Denkmal des Künstlers Clemens Buscher nahe dem Opernhaus aufgestellt wurde. Dort stand es 35 Jahre lang eindrucksvoll, bis die Nationalsozialisten 1936 auf Anweisung Hitlers anordneten, dass der Jude Mendelssohn von seiner bevorzugten Position im Stadtbild zu entfernen sei. Die Skulptur gelangte in den Besitz eines Privatmannes, der sie zu retten suchte – bis die Nazis sie 1940 bei ihm aufspürten und die sofortige Einschmelzung zur Metallspende für den Krieg verfügten.
Seitdem war Mendelssohn, der in Düsseldorf von 1833 bis 1835 Musikdirektor war, aus der Stadt verschwunden. Später neigte sich das öffentliche städtische Interesse vor allem dem Komponisten Robert Schumann zu, dessen Zeit in Düsseldorf zwar länger, allerdings weniger glücklich war. Deshalb versucht Düsseldorf seitdem, diese Scharte durch ein Übermaß an Schumann-Feierlichkeiten auszugleichen. Ein Mendelssohn-Fest gibt es in Düsseldorf nicht, zum Ausgleich allerdings den Mendelssohn-Saal der Tonhalle.
Im Jahr 2012 wurde die jahrzehntelange Denkmal-Lücke allerdings geschlossen, Mendelssohn kehrte als neu gegossene Skulptur zurück an seinen alten Platz nahe dem Opernhaus. Abermals waren es rührige Bürger gewesen, die knapp 150.000 Euro aufgebracht hatten und den damaligen Oberbürgermeister Dirk Elbers für das Projekt gewinnen konnten. Im September 2012 wurde Mendelssohn zum zweiten Mal aufgestellt, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung. Und als die Hülle fiel, riefen Fußballfans aus einem vorbeifahrenden Auto: „Fortuna!“Alle Festgäste lachten und hielten die Verbindung von Felix und Fortuna für gar nicht so abwegig. Elbers sagte in seiner Ansprache jedenfalls: „Wir können unseren Beitrag dazu leisten, dass die Erinnerungskultur nicht erlischt.“
Im Mai 2020 musste Mendelssohn erneut weichen. Wie die Stadt damals mitteilte, müsse „das Mendelssohn-Bartholdy-Denkmal an der Heinrich-Heine-Allee vorübergehend demontiert werden“. Hintergrund war, dass die Bronzeskulptur in leichte Schieflage geraten sei. Die Skulptur und der zweiteilige Natursteinsockel des Denkmals wurden vom abgesackten Fundament gelöst und mit einem Schwerlastkran abtransportiert. Anschließend wurde die Schadensursache untersucht und ein neues Fundament erstellt.
Das aber war, wie Edgar Jannott erzählt, gar nicht so einfach. Der engagierte Musikfreund, der viele Jahre nicht nur Victoria-Chef, sondern auch Mitinitiator des neuen Denkmals war, weiß zu berichten, dass die Statiker der Stadt lange Berechnungen durchführen mussten. Im Erdreich liegen offenbar Leitungen, die nicht zerstört werden durften. Indes dauerte der Prozess so lange, dass einige Spender von damals irritiert fragten, ob denn Mendelssohn
überhaupt noch einmal zurückkehre.
Diese Frage drängte sich auch deshalb auf, weil anfangs vor der Lücke ein Schild gestanden hatte, dass der Mendelssohn „vorübergehend entfernt“worden sei. Dieses Schild verschwand nun aber ebenfalls, weswegen dort einfach nur ein Loch war, das sich niemand erklären konnte. In diesen Tagen aber, weiß Jannott, naht Rettung: Am 29. April soll Mendelssohn wieder an bewährter Stelle aufgebaut werden. Dieser Termin sei ihm von der Stadt mitgeteilt worden.
Standfestigkeit wollen wir für diesen dritten Versuch dringend erhoffen, damit ein Satz des Komponisten auch über die Zeiten hinweg gilt. Seinem Kollegen Ignaz Moscheles hatte er 1834 in einem Brief eine Diagnose mitgeteilt: „Düsseldorf ist gar nicht so arg, wie ich’s anfangs machte.“