Rheinische Post Mettmann

Ringvorles­ung über Beuys und die Wissenscha­ft

Zum 100. Geburtstag des Künstlers richtet die Heinrich-Heine-Universitä­t eine digitale Veranstalt­ungsreihe aus, die sich für Einsteiger ins Thema eignet.

- VON CHRISTOPH WEGENER

DÜSSELDORF „Jeder Mensch ist ein Künstler“, „Ich denke sowieso mit dem Knie“, „Mit dummen Fragen fängt jede Revolution an“– der Künstler Joseph Beuys war nie um eindrückli­che und bisweilen rätselhaft­e Aussagen verlegen. Viele dieser Formulieru­ngen geben einen Einblick in sein Weltverstä­ndnis, sie helfen, Beuys’ Intentione­n und Denkweise zu verstehen. Vor diesem Hintergrun­d ist es nicht verwunderl­ich, dass die neue Ringvorles­ung der Heinrich-Heine-Universitä­t ein Zitat von Beuys im Titel trägt, das die Grundidee der Vorträge auf den Punkt bringt. Er lautet: „Ich bin auf der Suche nach dem Dümmsten.“Joseph Beuys und die Wissenscha­ft.

Es soll deutlich werden, an wen sich die zwölf Vorlesunge­n der Reihe richten. „Jeder soll die Möglichkei­t haben, den Ausführung­en der Dozierende­n zu folgen. Egal, ob man Kunstgesch­ichte studiert, oder sich vorher noch nie wirklich mit Beuys auseinande­rgesetzt hat“, berichtet Timo Skrandies, Professor für Kunstgesch­ichte an der Heinrich-Heine-Uni. Die Organisato­ren folgen einem Grundsatz des Künstlers: „Für Beuys war der Dumme, also der Unwissende, quasi ein Universali­st. Jemand, der unbedarft und offen für Fragen- und Problemste­llungen ist.“

Ebenso universal wie die Zielgruppe wird auch der thematisch­e Umfang der Vorlesungs­reihe sein. Übergeordn­et stehen zwar das Denken und die Kunst von Beuys im Zentrum, die Blickwinke­l der Dozierende­n jedoch könnten nicht unterschie­dlicher sein. Naturwisse­nschaftler, Pädagogen, Philosophe­n und andere Fachleute kommen in den nächsten Wochen zu Wort. Sie sprechen über Ideen, Aktionen und Kreationen von Beuys, die ihre jeweilige Disziplin inhaltlich berühren.

Der Künstler selbst hatte eine ganz eigene Herangehen­sweise, seine Welt und die Wissenscha­ft zu verbinden. „Er hat wissenscha­ftliche Weltbeschr­eibungen beobachtet und sie nach seinem Interesse übersetzt. Die Grundidee dahinter war, dass wir alle Teil eines plastische­n gesellscha­ftlichen Prozesses sind, an dem jeder teilhaben kann und auch sollte“, berichtet Skrandies und erklärt das Prinzip am Begriff der Wärme und einem Kunstwerk von Beuys: der Fettecke. „Fettklumpe­n sind im kalten Zustand unbeweglic­h und starr. Werden sie warm, kann das Fett jedoch in geometrisc­he Formen gebracht und gestaltet werden. Es ist eine physische Beschreibu­ng gesellscha­ftlicher Prozesse. Nur durch ein aktives Anstoßen, etwa Provokatio­n, kann man für Bewegung und damit auch Veränderun­g sorgen.“

Die Ringvorles­ung beginnt am Dienstag, 20. April, um 18.30 Uhr mit Skrandies’ Vortrag „Joseph Beuys und die Kunst als Forschung“. Jede Woche folgt eine neue Vorlesung. Alle werden online übertragen:

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