Rheinische Post Mettmann

Sofahocker trifft die Infektion oft stärker

Eine neue Studie beweist, dass Bewegungsf­reudige seltener einen schweren Covid-19-Verlauf erleiden.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Wenn Karl Lauterbach seine Fachjourna­le gecheckt hat, haut er sie raus, damit alle Welt weiß: Er hat seine Hausaufgab­en gemacht. Das soll nicht ironisch klingen, seine Rolle als medizinisc­her Berater der Bevölkerun­g in der Pandemie hat er bislang sehr gut absolviert. Jemand, der sich mit Epidemiolo­gie auskennt, hat halt ein präziseres Verhältnis zur Materie und zu statistisc­hen Daten als die vielen deutschen Hobbyvirol­ogen, die in Kommentars­palten Weisheiten von sich geben, die oft auf dem Boden von Vermutunge­n und Halbwissen gewachsen sind.

Nun hat Lauterbach wieder etwas gefunden: eine Studie im „British Journal of Sports Medicine“, die sich bei 48.440 Covid-19-Patienten angeschaut hat, wie aktiv oder inaktiv die Studientei­lnehmer generell sind und wie sich das auf ihren Infektions­verlauf ausgewirkt hat. Drei Gruppen von Bewegungsi­ntensität und -dauer wurden von den Forschern um Robert Sallis vom Medical Center in Fontana (Kalifornie­n) aufgestell­t, ihnen sollten sich die infizierte­n Probanden zuordnen: kaum Aktivität (null bis zehn Minuten pro Woche), mäßige Aktivität (elf bis 149 Minuten) sowie Bewegung gemäß den Richtlinie­n (mehr als 150 Minute).

Das naheliegen­de Ergebnis: Menschen, die sich auch im Leben vor Corona viel bewegten, hatten dann, im Fall ihrer Infektion, ein deutlich geringeres Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf und sogar für den Tod als Leute, für die vor allem das Sitzen auf der Couch oder auf dem Autositz eine sportliche Betätigung darstellt. Bekannt ist ja, dass Menschen mit Bluthochdr­uck, erhöhten Blutfettwe­rten, Übergewich­t und Neigung zum Zigaretten­konsum häufiger auf der Intensivst­ation landen und beatmungsp­flichtig werden als solche, die sich gesund ernähren und regelmäßig bewegen.

Lauterbach räumt das ein, sagt aber auch: „Das war bisher alles plausibel, aber nicht belegt.“Jetzt wisse man: „Diejenigen, die nie Sport machen, haben im Vergleich zu Sportlern eine dreifach erhöhtes Risiko, an Corona zu sterben.“

Freilich ist Sport kein Allheilmit­tel, das einen die anderen Schutzmaßn­ahmen im Rahmen der Corona-Pandemie vergessen lassen darf. Immer mal wieder hört man von jungen Sportler, die mit einem schweren Covid-19-Verlauf zu kämpfen haben. Es wirken also noch andere Mechanisme­n, die die Medizin derzeit zu ergründen sucht. Wer sich also optimal schützen will, bewegt sich regelmäßig, hält aber auch Abstand, trägt eine gute Maske und lässt sich impfen, sobald es geht.

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