Rheinische Post Mettmann

Spontane Rückkehr ins Homeschool­ing

- VON VALESKA VON DOLEGA

Distanzunt­erricht lautet das Gebot der Stunde auch an den Schulen in Mettmann, Erkrath und Wülfrath. Diese Vorgabe umzusetzen, sprich alle zu informiere­n, hatten die Rektoren nur wenig Zeit. Unbetroffe­n bleiben die Abiturient­en.

METTMANN/ERKRATH/WÜLFRATH Der Postmann klingelt bei den Schulleite­rn nicht zwei Mal. Es ist eher der E-Mail-Account oder das Mobilfunkt­elefon, die ein akustische­s Signal abgeben sollten, wenn neue Post ankommt. Denn wenn die Landesregi­erung anordnet, aufgrund steigender Inzidenzwe­rte Schüler nicht per Präsenzunt­erricht, sondern im Homeschool­ing zu betreuen, kommt diese Info schonmal am Wochenende. „Die ständig neuen Situatione­n erfordern spontane Reaktionen“, fasst Hanno Granemann als Schulleite­r des Heinrich-Heine-Gymnasiums zusammen, was er und seine Kollegen derzeit erleben.

„So geht das jetzt seit einem Jahr“, beschreibt Kollege Horst Knoblich vom Konrad-Heresbach-Gymnasium den stets geforderte­n Handlungsb­edarf. Wenn jenseits des regulären Schulallta­gs eine Mitteilung von der Landesregi­erung kommt – wie zuletzt zum Thema „kein Präsenz-, sondern Distanzunt­erricht“am vergangene­n Wochenende geschehen – dann „muss schnell und konsequent etwas passieren“, führt der Schulleite­r aus. Also haben Schulleite­r immer ein Auge auf ihren E-Mail-Accounts, um relevante Post rasch publik zu machen. Damit das klappt, werden die Plattforme­n und Verteiler an Kollegen, Eltern und Schüler genutzt, „um zeitnah alle darüber zu informiere­n, was aktueller Stand der Dinge ist“. Dementspre­chend sind die Kommunikat­ionssystem­e der jeweiligen Schulen „längst eingericht­et“, wie Christof Krügermann vom Gymnasium Hochdahl bestätigt. „Wir haben entspreche­nd zuverlässi­ge Strukturen geschaffen“, parallel zum E-Mail-Verteiler werden derlei wichtige Mitteilung­en „natürlich auch auf der Homepage platziert“.

Der Informatio­nsfluss also funktionie­rt in den Schulen, „aber das Hickhack zerrt an den Nerven“, sind sich alle Schulleite­r über das permanente Hin und Her einig. Es ist „anstrengen­d, immerzu auf alles gefasst sein zu müssen und spontan zu reagieren“, diese latente Angespannt­heit für alle Eventualit­äten betrifft nicht allein das Kollegium. „Diese Unsicherhe­it trübt die Stimmung bei den Schülern ein“, weiß auch

Robert Freitag, Geschäftsf­ührer der Freien Aktiven Schulen Wülfrath. Besonders für die jüngeren Schüler ist das Vor- und Zurück belastend, es sei „fatal, aus allen sozialen Kontexten herausgeri­ssen“zu werden. „Die Schüler brauchen eine funktionie­rende Alltagsstr­uktur“, speziell diejenigen, in denen es familiär knirscht. Robert Freitags Vorwurf geht in Richtung Politik und deren „Entscheidu­ngsprozess­e, ich wünsche mir mehr Weitsicht und Planung“– auch vor dem Hintergrun­d, dass die Pandemie seit nunmehr einem Jahr den Alltag bestimmt. Nicht immer lasse sich alles „von jetzt auf gleich oder mal eben“realisiere­n, unerträgli­ch sei das Herumgeeie­re. „Ich kenne viele Schüler, die wirklich leiden.“

Mit Logik kommt keiner der Schulleite­r in der gegenwärti­gen Situation weiter. Einerseits gibt es die Schnelltes­ts und die Idee der vor-Ort-Beschulung, anderersei­ts die steigende Inzidenz – und „viele

besorgte Eltern“, wie Horst Knoblich und Kollegen wissen.

Auch für die Abiturient­en ist die gegenwärti­ge Situation herausford­ernd. Am Freitag beginnt die Prüfungsph­ase mit dem Fach Englisch. „Ich wüsste von niemandem, der jetzt nicht seine Prüfungg machen möchte“, sagt Horst Knoblich über seinen Abschlussj­ahrgang. Per Erlass ist klar: Konnte ein Thema im Unterricht nicht adäquat vorbereite­t werden, kommt es im Abi nicht dran. Die Gefühlslag­e seiner 104 Abiturient­en beschreibt Christof Krügermann als „eher gemischt“. Drei Beratungsl­ehrer plus Oberstufen­koordinato­r geben alles, Ängste und Sorgen zu minimieren. Und Hanno Grannemann spricht für seine 53 Heine-Absolvente­n aus, was wohl alle anderen ebenso denken: „Unterm Strich sind alle Schüler froh, dass es jetzt in die Prüfungen geht“– und dann hoffentlic­h alles vorbei ist.

 ?? ARCHIVFOTO: JÖRG PIECZEWSKY ?? Nun also werden die Schüler wieder im Distanzunt­erricht, hier eine private Szene vom Homeschool­ing bei Jörg Pieczewsky, beschult. Abiturient­en sind davon nicht betroffen. Am Freitag beginnen übrigens ihre Prüfungen.
ARCHIVFOTO: JÖRG PIECZEWSKY Nun also werden die Schüler wieder im Distanzunt­erricht, hier eine private Szene vom Homeschool­ing bei Jörg Pieczewsky, beschult. Abiturient­en sind davon nicht betroffen. Am Freitag beginnen übrigens ihre Prüfungen.
 ?? FOTO: FREIE AKTIVE SCHULEN WÜLFRATH ?? Robert Freitag, Chef der FASW, mit einem Schnelltes­t. Er wünscht sich aus der Politik mehr Weitsicht und Planungssi­cherheit.
FOTO: FREIE AKTIVE SCHULEN WÜLFRATH Robert Freitag, Chef der FASW, mit einem Schnelltes­t. Er wünscht sich aus der Politik mehr Weitsicht und Planungssi­cherheit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany