Die Corona-Pandemie hat kaum für Entspannung auf dem Düsseldorfer Immobilienmarkt geführt. Viele Menschen wollen Immobilien kaufen, aber die Angebote fehlen. Dafür sehen die Branchenexperten beim virtuellen Roundtable der RP viele Gründe.
Im vergangenen Coronajahr hat sich die Immobilienbranche als äußerst robust erwiesen. Das verdeutlichen die Schilderungen der Immobilienexperten beim jüngsten virtuellen Roundtable „Düsseldorfer Immobilienprojekte“der Rheinischen Post.
Bernd Meier (Hüttig & Rompf) kann die positive Dynamik des Immobiliengeschäfts an den eigenen Zahlen deutlich feststellen: „Unser Vermittlungsvolumen ist im ersten Quartal 2021 um 30 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr gestiegen, und schon das erste Quartal 2020 war gut.“Also kein Corona-Knick. Im Gegenteil: Laut Studien sei die Nachfrage nach Wohnimmobilien stark gestiegen, stellt der Finanzierungsexperte fest. Starke Preissteigerungen verzeichnen insbesondere die Peripherien der Großstädte.
Beflügelt werde die Nachfrage durch den Trend zum Homeoffice und den Wunsch nach einem grünen Umfeld. „Das war schon vor der Pandemie so. Corona hat die Entwicklung nur verstärkt.“Bei Bestandsimmobilien im Kreis Mettmann und im Rhein-Kreis Neuss stellen die Experten eine Preisexplosion fest. „Auf dem Markt gibt es wenige Angebote. Die südlichen Regionen profitieren zudem von der Nähe zu Düsseldorf wie auch zu Köln.“
In Düsseldorf habe sich die Preisentwicklung hingegen etwas abgeschwächt, beobachtet Klaus Franken (Catella). Vor allem das Luxussegment
sei schwer kalkulierbar, „es spricht nur eine kleine Interessentengruppe an“. Catella konzentriere sich indes auf den Mittelstand. „Es geht darum, für eine breite Nachfrage aus diesem Segment Angebote zu schaffen.“
Denn hier dürfte der Druck noch größer werden: „Nach Corona werden wir in der Region einen starken Zuzug von Arbeitskräften erleben“, prognostiziert Franken. NRW profitiere
Stadtsparkasse Düsseldorf
davon, dass Deutschland wirtschaftlich besser durch die Krise kommt als andere Länder. Das führe zu Druck auf den Arbeitsmarkt insbesondere in Düsseldorf. „Die Menschen suchen dann auch Wohnraum. Dafür müssen wir Angebote schaffen.“
„Es wird sicher Verlierer der Corona-Krise geben, aber auch Gewinner“, vermutet Matthias Spormann (Spormann Real Estate). Generell werde die 70 bis 80 Quadratmeter große Wohnung auch in Zukunft gefragt sein, „aber sie muss dann drei Zimmer haben. Die Anzahl der Quadratmeter und letztlich auch der Preis müssen in einem guten Verhältnis zur gebotenen Funktion der Wohnungen stehen.“Bei seinem neuen Projekt Hinz & Kunz in Flingern habe das Unternehmen diese Entwicklung bei den Quadratmetergrößen und dem Zuschnitt der Wohnungen berücksichtigt.
„Wir sollten uns davor hüten, aktuelle Entwicklungen überzubewerten. Immobilien sind auf Langfristigkeit ausgelegt“, bilanziert indes Klaus Franken bisherige Eindrücke aus der Pandemie-Zeit. „Ich sehe keinen Systemwechsel, denn wir haben immer schon Arbeitsplätze in unseren Wohnungen geplant – diese Anforderung ist nicht neu.“
Im Coronajahr sei die Nachfrage nach Wohnraum um rund 30 Prozent gestiegen, stellt Holger Knille fest. Die Experten der Stadtsparkasse Düsseldorf hätten einen guten Überblick über die Marktsituation, da die Sparkasse nicht nur Finanzierungen anbiete, sondern inzwischen auch eine eigene Maklerabteilung habe. Der Nachfrageanstieg treibe die Preise. Die Preissprünge in der Stadt seien aber moderater ausgefallen als im Umland, bestätigt Knille ähnliche Beobachtungen. „Das ist nicht besorgniserregend, vielmehr haben viele Kunden auf die Entwicklung reagiert und sind bereit, mehr von ihrem Nettogehalt für Wohnraum zu investieren.“
„Die Nachfrage nach Wohnraum ist ungebrochen“, sagt auch Alexander Schmitz (Interboden). „Die Studie der Deutschen Bank, wonach im Jahr 2024 die Immobilienpreise sinken könnten, können wir nicht bestätigen. Im Gegenteil: Private Kapitalanleger kaufen zu Preisen, die wir vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten haben.“Auf der anderen Seite gebe es wenige Bestandsimmobilien am Markt, merkt Bernd Meier an. „Besitzer verkaufen nicht, weil sie keine Alternativen für die Geldanlage sehen.“
„Auch bei der Vermietung sehen wir nicht, dass es Einbrüche bei den Preisen gibt“, fügt Werner Fliescher (Haus und Grund) hinzu. „Vielmehr investieren viele Eigentümer, auch mangels Alternativen in andere Anlagemöglichkeiten.“Die Investitionen stellen so auch Wertverbesserungen für viele Mieter dar, die Wohnqualität verbessere sich und werde auch immer stärker nachgefragt. Beim Wohnen gebe es keinen Preisverfall, zumal der Klimawandel zusätzlich dazu führe, dass immer mehr investiert werden muss, zum Beispiel in bessere Dämmung, aber auch in Schallschutz.
Auch Thomas Schüttken (Böcker Immobilien) bestätigt eine hohe Nachfrage. „Das Suchverhalten hat sich aber verändert, die Menschen schauen jetzt vermehrt über die Stadtgrenzen hinaus, etwa nach Duisburg, Neuss, Willich, Mönchengladbach oder Erkrath. Das Umland wird ein neues Angebot schaffen, was Düsseldorf nur gut tun kann“, ist er überzeugt.
Ruth Orzessek-Kruppa, Leiterin des Stadtplanungsamtes, hat im Coronajahr nur geringe Verzögerungen von Projekten erlebt. Die Terminkalender seien nach wie vor voll. „Die Bodenpreise steigen, der Marktdruck ist extrem hoch, viele Menschen sind verunsichert.“Forderungen der Politik, mehr Bestandssicherung zu betreiben, erhöhe den Arbeitsdruck zusätzlich. „Vielfach hat man den Eindruck, dass in Düsseldorf zu viel gebaut wird und Grundstücke nach dem Erbfall einfach durchgehandelt werden, um den höchsten Preis zu erzielen.“
Das sieht Thomas Schüttken anders: „Wir haben nicht zu viel Wohnraum. Es ist eine hohe Kunst, die Nachverdichtung möglichst qualitätsvoll zu gestalten. Dass die Nachbarn ganz oft Einwände haben, nach dem Motto: Ihr könnt nicht alles zubauen, erleben wir sehr oft. Allerdings profitieren wir auch von den Menschen, die nach Düsseldorf ziehen, und von den Arbeitsplätzen, dann muss ich ihnen auch die Möglichkeiten schaffen, hier zu wohnen. Diskussionen mit Anwohnern und Politikern zu führen, ist hier immer schwer.“
Tobias Kotzorek (Ralf Schmitz GmbH) betont in dem Zusammenhang: „Die größte Herausforderung ist, neue Grundstücke zu finden, hier ist das Angebot während der Corona-Zeit teilweise zurückgegangen, Preise für Grundstücke sind in den vergangenen zwölf Monaten überproportional gestiegen. Wir haben viele Kunden aus dem Ruhrgebiet, Düsseldorf ist nach wie vor sehr attraktiv. Wir merken aber, dass Homeoffice auch Einfluss auf die Wohnungsgrößen hat. Die Nachfrage nach kompakteren Wohnungsgrößen hat sich wieder gewandelt, Menschen suchen jetzt mitunter Wohnungen mit einem oder sogar zwei Arbeitszimmern.“
Die Experten gehen darüber hinaus auf die großen Trends ein, die über Corona hinaus die Immobilienmärkte und Preisentwicklungen beeinflussen. „Was in der Post-Corona-Zeit übrig bleibt: Corona hat vieles beschleunigt, zum Beispiel den Wandel im Einzelhandel“, führt Klaus Franken den Bogen weiter. „Auch Trends bei Veränderungen im Büroalltag zeichneten sich schon vor der Krise ab, zum Beispiel der Trend zum Arbeitsplatz zu Hause.“Das Thema Homeoffice werde künftig noch eine größere Rolle spielen, ist Bernd Meier überzeugt. „Kaufinteressenten sind bereit, in die Peripherie zu gehen, wenn sie dort mehr Platz und mehr Räume in den Gebäuden finden.“
Im Rahmen eines größeren Wandels verändern sich Innenstädte, Arbeits- und
Ralf Schmitz GmbH
Wohnwelten, ist Klaus Franken überzeugt. „Wir sehen eine Flexibilisierung in allen Lebensbereichen. So müssen Wohnimmobilien mehr Raum geben für das Arbeiten zu Hause. Büros müssen für neue Funktionen ertüchtigt werden. Es geht nicht um den Schreibtisch, sondern Kommunikation und Kreativität sind zu fördern. Und die Innenstadt wandelt sich von der reinen Einkaufswelt zum multifuntionalen Treffpunkt, der anziehend ist zum Beispiel mit gastronomischen und kulturellen Angeboten, aber auch mit Wohnraum.“
Eine weitere Beobachtung fällt Bernd Meier auf: Die Menschen kaufen nicht mehr die Immobilie fürs Leben, sondern denken mehr in Lebenszyklen. „Das sehen wir in unseren Kundengesprächen und an Fragen nach dem möglichen Wiederverkaufswert einer Immobilie.“Dem Wohnen im Single-Appartement
in der Stadt folgt das Heim mit der Familie außerhalb, im Alter zieht es dann viele wieder in die Zentren. All diese Trends habe man auch vor Corona schon gesehen.
„Immer mehr Käufer achten zudem auf Innovationen“, stellt Matthias Spormann (Spormann Real Estate) fest. „Wichtiger als der Anschluss für das Antennenkabel ist heute etwa die Wallbox für das Elektroauto. Oder, wie wir es zusätzlich jetzt bei unserem Projekt in Flingern planen, die intelligente Paket-Packstation, die erstaunlich günstig im Unterhalt ist, wird als Zusatzangebot geschätzt.“
Im Rahmen des Servicekonzepts bei ihren Projekten habe Interboden ähnliche positive Erfahrungen gemacht, fügt Alexander Schmitz hinzu: „Bei unseren jüngsten Projekten ohne bemannten Servicepoint haben wir die Wohneinheiten mit Paketstationen gekoppelt. Und über die Quartiers-App werden die Nutzer automatisch benachrichtigt, wenn ein Paket für sie hinterlegt wurde, das ist sehr praktisch.“
Tobias Kotzorek (Ralf Schmitz GmbH) betont in dem Zusammenhang: „Technologie muss immer im Einklang mit Architektur stehen.“Die Branche sei zwar auch träge, aber getrieben von Evolutionswillen und neuen Entwicklungen. „Dem Produkt Immobilie geht es nur gut, wenn sich die Menschen damit wohlfühlen.“
„Die Menschen sind bereit, mehr Geld fürs Wohnen zu investiereren“
Holger Knille
„Technologie muss immer im Einklang mit der Architektur
stehen“
Tobias Kotzorek
Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Zusammenfassungen unseres virtuellen Roundtables und werfen Sie einen Blick auf aktuelle Immobilienprojekte im Innenteil.