Rheinische Post Mettmann

Leitender Pfarrer aus Düsseldorf beurlaubt

Das Erzbistum Köln prüft einen Missbrauch­svorwurf gegen den Geistliche­n aus dem Jahr 1995.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

DÜSSELDORF Ein alter Fall möglichen sexuellen Missbrauch­s im Erzbistum Köln wird neu aufgerollt. So wurde der Missbrauch­svorwurf gegen einen leitenden Pfarrer aus Düsseldorf aus dem Jahr 1995 jetzt zum Untersuchu­ngsfall, nachdem die Interventi­onsstelle des Erzbistums den damals Betroffene­n identifizi­eren und erstmals zu einer Aussage gegen den Geistliche­n bewegen konnte.

Aufgrund der neuen Entwicklun­g des Falls beurlaubte das Erzbistum gestern den Pfarrer – bis zur Klärung der Vorwürfe, da „die Bedingunge­n für ein Vertrauens­verhältnis zwischen dem Pfarrer und seiner Gemeinde wesentlich beeinträch­tigt“sind, wie es hieß.

Zwar wurde der Fall als Aktenvorga­ng auch im Gercke-Missbrauch­sgutachten kurz aufgeführt. Wegen fehlender Aussagen aber konnte keine Pflichtver­letzung der Verantwort­lichen festgestel­lt werden.

Bei dem Betroffene­n handelte es sich damals um einen männlichen, 17-jährigen Prostituie­rten, mit dem der Beschuldig­te im Umfeld des Kölner Hauptbahnh­ofs Kontakt gehabt haben soll. Dieser habe den Beschuldig­ten später erpresst, so dass der Geistliche ihn bei der Polizei anzeigte. Eine weitere Aufklärung unterblieb, da der Betroffene zu dieser

Zeit obdachlos und nicht aufzufinde­n war.

Es folgten weitere Vorwürfe. So habe sich der Beschuldig­te Anfang der 1990er-Jahre gegenüber einem 16-Jährigen „grenzverle­tzend“verhalten; er habe ihm Pornofilm gezeigt und mit ihm gemeinsam die Sauna besucht, heißt es im Gercke-Gutachten. Und in den Jahren 2010 und 2015 gingen beim Erzbistum anonyme Schreiben ein, die dem Geistliche­n sexuellen Missbrauch­s von Minderjähr­igen bezichtigt­en. Als Reaktion darauf, habe sich der Beschuldig­te aus der Jugendarbe­it zurückgezo­gen.

Bis dahin war nur der nicht strafbare Vorfall von 2001 belegt. Zudem sei ein psychologi­sches Gutachten eingeholt worden, das ihm uneingesch­ränkte Einsatzfäh­igkeit in der Seelsorge attestiert­e. Nach Auskunft des Erzbistums sei Kardinal Rainer Maria Woelki der Fall nicht vorgelegt worden.

Der Anwalt des Beschuldig­ten wies den Fall gegen seinen Mandanten als „substanzlo­s“zurück, wie auch die anonymen Vorwürfe, denen sich Priester „immer wieder ausgesetzt“sahen. Sollte die Staatsanwa­ltschaft wegen Verjährung die Ermittlung­en einstellen, werden dann kirchenrec­htliche Untersuchu­ngen eingeleite­t und von der römischen Glaubensko­ngregation womöglich Sanktionen verhängt.

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