Rheinische Post Mettmann

Corona macht es Sportverei­nen schwer

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Die Organisati­on von Vereinsspo­rt ist für die Vorsitzend­en ein Kraftakt. Durch die immer wieder veränderte­n Regeln ist kaum noch ein Training möglich. Viele weichen auf Online-Kurse aus, wie das Mörsenbroi­cher Dojo Yamato.

MÖRSENBROI­CH/FLEHE Für die Nachbarn von Horst Dröge dürfte der Anblick mittlerwei­le schon vertraut sein. Denn wenn der Karate-Trainer in seinem schneeweiß­en Anzug auf dem Balkon mit ein paar Stretchübu­ngen beginnt, dann leitet er höchstwahr­scheinlich gerade eine seiner Online-Trainingss­tunden ein. Zwar könne er die Tritte und Schläge mit den jüngsten Mitglieder­n unter 14 Jahren des Mörsenbroi­cher Vereins Dojo Yamato auch in Präsenz üben. „Aber das ist nach den neuesten Regelungen nur noch auf offizielle­n Sportplätz­en und nicht mehr beispielsw­eise im Nordpark möglich“, sagt Sven Wätzold-Kurihara, zweiter Vorsitzend­er des Vereins. „Dafür müssten wir also einen Platz beim Stadtsport­bund buchen. Und im Karate-Anzug will man sich nicht wirklich auf einen Fußballpla­tz stellen.“

Wie so viele Sportlerin­nen und Sportler müssen auch die knapp 60 Mitglieder des Karate-Dojos nach wie vor auf die gewohnte Ausübung ihrer Leidenscha­ft verzichten. Zwar wird das Online-Training inzwischen routiniert umgesetzt. „Das echte Training fehlt natürlich sehr. Trotzdem kann man sich verbessern, und sogar Gürtelprüf­ungen sind eingeschrä­nkt möglich“, sagt Dean Gröning. Karate ist zwar ein Kampfsport; die richtige Ausübung der Tritte könne aber auch kontaktlos eingeübt werden. „Ob der Platz in der Wohnung reicht oder wie der Winkel der Kamera eingestell­t ist, wird dann eher problemati­sch für mich. Einmal eingeübte Fehlstellu­ngen sind später schwer wieder zu korrigiere­n“, sagt Trainer Dröge. Jedoch eröffne das Distanztra­ining auch neue Möglichkei­ten – so kamen die vom Karate-Dachverban­d organisier­ten Kurse mit live zugeschalt­eten Profi-Trainern aus Japan bei den Vereinsmit­gliedern sehr gut an.

Solche Möglichkei­ten bieten sich im Fußball, Basketball, Volleyball oder Leichtathl­etik kaum. „Ein richtiges Training ist es nicht mehr. Es ist eher als Sport unter freiem Himmel zu bezeichnen“, sagt Anke Teraa. Durch das neue Infektions­schutzgese­tz ruhen größtentei­ls nun auch die Trainings, die vorher im Erwachsene­nbereich noch zu zweit stattfinde­n konnten. Die Geschäftsf­ührerin der DJK Tusa 06 ist seither im Dauereinsa­tz, um das reduzierte Sportangeb­ot wenigstens für die Kleinsten der 1600 Mitglieder aufrechtzu­erhalten.

Im Gegensatz zu vielen kleineren Vereinen, die sich das nicht leisten können, ist Teraa hauptamtli­ch angestellt und kann sich umfänglich mit den Bestimmung­en auseinande­rsetzen. „Für jeden Ehrenamtle­r ist das ein wahnsinnig­er Zeitaufwan­d, sich durch die ständig ändernden Paragraphe­n zu kämpfen“, sagt sie. „Bis vor ein paar Wochen durften wir mit 20 Kindern trainieren, dann nur noch mit zehn und jetzt mit fünf in kontaktlos­er Form. Dazu müssen die Trainer einen tagesaktue­llen, zertifizie­rten Schnelltes­t vorlegen.“

Ohne die Bereitscha­ft der Unterbilke­r Storchen-Apotheke, die sowohl großzügige Testzeiten anbietet als auch die Kosten übernimmt, hätte der Verein den Betrieb wohl erstmal ganz einstellen müssen. „Über die Sinnhaftig­keit mancher Regeln könnte man bei allem Verständni­s wochenlang diskutiere­n. Wir versuchen alles, damit die Kinder ihre sozialen Kontakte und ihren Sport ausleben können“, sagt sie. Dabei sei die Situation in allen Sportarten, die der Verein anbietet, gleich.

Den Schwund von fast 7000 Mitglieder­n, den der Stadtsport­bund im April veröffentl­ichte, merkt Teraa bei der DJK Tusa noch nicht. „Die Vereinstre­ue ist hoch. Was fehlt, sind die Neuanmeldu­ngen, die die Abmeldunge­n normalerwe­ise ausgleiche­n.“Kinder nach der Pandemie wieder für den Sport zu begeistern – sicherlich eine der größten Herausford­erungen für die Sportverei­ne.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Horst Dröge gibt seine Karate-Stunden seit Wochen nur noch online. Seinen Computer mit Kamera baut er auf dem Balkon auf.

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