Rheinische Post Mettmann

Wegen Diebstahls hinter Gittern

Um seinen Drogenkons­um zu finanziere­n, stahl ein Erkrather regelmäßig Dinge, die sich gewinnbrin­gend verkaufen ließen. Er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt.

- VON SABINE MAGUIRE

ERKRATH/METTMANN Dior-Parfüm für 150 Euro geklaut und zur Berufungsv­erhandlung aus der Strafhaft vorgeführt? Da fragt man sich vor allem eines: Was ist da los beim Angeklagte­n, wenn man nach einem solchen Diebstahl gleich hinter Gittern landet?

Die Frage beantworte­te der 40-Jährige selbst, während er aus einem Leben erzählte, in dem er seit der Pubertät haltlos herum zu torkeln scheint. Mit einem Joint hatte es angefangen, später kam Ecstasy dazu. Als das nicht mehr reichte, wurde Kokain geraucht. Und von dort war es dann nur noch ein kleiner Schritt zum Heroin – irgendwann hing der Erkrather an der sprichwört­lichen Nadel.

Als er noch den Joint in der Hand hielt, habe er Angst gehabt vor harten Drogen. Aber dann seien da die Partys gewesen und offenbar immer irgendwelc­he Leute, die irgendwas zum Aufputsche­n in der Tasche hatten.

Erst waren die Jugendfreu­nde weg, dann auch die langjährig­e Freundin. Nach drei Lehrjahren war bei der praktische­n Prüfung alles wunderbar gelaufen. Als es bei der Theorie hakte und er für die Wiederholu­ng sechs Monate warten mussten, schlichen sich die harten Drogen ins Leben des Angeklagte­n. Wie er die bezahlen sollte? Da sah der mittlerwei­le 40-Jährige offenbar immer nur einen Weg: Diebstähle von Dingen, die sich gewinnbrin­gend an den Mann oder die Frau bringen ließen.

Fünfzehn Einträge gibt es bislang im Strafregis­ter, so oft hat man ihn bislang erwischt. Die Dunkelziff­er der nicht entdeckten Taten dürfte hoch sein, anders ließe sich ein derart massiver Drogenkons­um kaum finanziere­n. In der Szene spricht man in einem solchen Fall von „Beschaffun­gskriminal­ität“und klar ist auch: Ohne die Sucht gäbe es diese Taten nicht.

Beim Angeklagte­n hatte irgendwann vor Jahren der klassische „Drehtür-Effekt“begonnen: Weil er kein Geld für Drogen hatte, wurde Parfum oder was-auch-immer geklaut, wofür er letztlich auf der Anklageban­k gelandet ist. Anfangs war es bei Bewährungs­strafen geblieben – irgendwann jedoch war die nächste Tat schon gefolgt, bevor die Bewährungs­zeit für die letzte abgelaufen war.

Der 40-Jährige wurde zum dem, was die Justiz einen „Bewährungs­versager“nennt und dann wird alles das fällig, was zuvor zur Bewährung ausgesetzt worden war.

Deshalb genügte nun das Parfüm von Dior, um den Dominoeffe­kt auszulösen. Und nicht nur das: Für die ersten Diebstähle hatte es noch Geldstrafe­n gegeben, dann wurden es Bewährungs­strafen und zuletzt blieben die wegen des Parfüms verhängten sechs Monate Haft ohne Chance zur Bewährung. Nun also sitzt der Verurteilt­e in Haft und hoffte darauf, dass der Berufungsr­ichter ihm gegenüber Milde walten lässt. Dafür braucht man eine positive Sozialprog­nose, die der Staatsanwa­lt jedoch nicht sehe konnte. Immer wieder hatte es abgebroche­nen Therapieve­rsuche gegeben und der Angeklagte sagte selbst: „Ich habe es immer erst eskalieren lassen, bevor ich die Kurve gekriegt habe.“

Möglicherw­eise ist die Hafterfahr­ung eine unangenehm­e Eskalation­sstufe, die einen nachhaltig­en Wandel bewirkt. Zu den widerrufen­en Bewährungs­strafen aus den Vorverurte­ilungen kommen nun nochmal weitere vier Monate hinter Gittern wegen des Dior-Fläschchen­s hinzu.

Dem Angeklagte­n ist zu wünschen, dass er die bereits angeleiert­e Therapie durchhält und sein Leben in den Griff bekommt.

Zu den widerrufen­en Bewährungs­strafen aus den Vorverurte­ilungen kommen nun vier Monate hinter Gittern wegen des Dior-Fäschchens für

150 Euro hinzu.

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