Papst Benedikt räumt Falschaussage ein
Anders als behauptet nahm Joseph Ratzinger als Erzbischof an einer Sitzung über einen Missbrauchstäter teil.
MÜNCHEN/ROM Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat eingeräumt, bei seiner Stellungnahme für das Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising an einer wichtigen Stelle eine falsche Aussage gemacht zu haben. Laut schriftlicher Stellungnahme seines Privatsekretärs Georg Gänswein sprach Benedikt von einem „Fehler“und einem „Versehen bei der redaktionellen Bearbeitung“seiner Stellungnahme.
Benedikt habe – anders als in der Stellungnahme zu dem vorige Woche veröffentlichten Gutachten behauptet – doch im Jahr 1980 als Erzbischof von München und Freising an einer Ordinariatssitzung teilgenommen, bei der nach Angaben der Gutachter
über einen Priester gesprochen wurde, der mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auffällig geworden war. Benedikt hatte in seiner Stellungnahme behauptet, bei der damaligen Sitzung nicht anwesend gewesen zu sein. Die Gutachter der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatten anhand eines Sitzungsprotokolls, in dem von Aussagen Kardinal Ratzingers die Rede war, das Gegenteil bewiesen.
Der emeritierte Papst, dem in dem Gutachten als Münchner Erzbischof in vier Fällen fehlerhaftes Verhalten vorgeworfen wird, hatte also die Unwahrheit angegeben. Sogar von Lüge war die Rede; die Glaubwürdigkeit seiner 82 Seiten langen Stellungnahme war durch die Aussage schwer angeschlagen. Nun gab Sekretär Gänswein
in einer Erklärung zu, dass die Angabe „objektiv falsch“war. Benedikt wolle aber betonen, „dass dies nicht aus böser Absicht heraus geschehen, sondern Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“gewesen sei. Wie es dazu gekommen sei, werde Benedikt in einer „noch ausstehenden Stellungnahme erklären“. Der Fehler tue ihm „sehr leid, und er bittet, diesen Fehler zu entschuldigen“.
Die Aussage war von großer Bedeutung, da es 1980 um die Versetzung eines Missbrauchstäters aus Essen nach München ging. Benedikt beharrt nun zudem auf der Darstellung, dass in der betreffenden Sitzung nicht „über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden
Priesters entschieden wurde“. Es sei nur der Bitte entsprochen worden, dem Priester während seiner Therapie in München Unterkunft zu ermöglichen. Der Mann war in seiner Zeit in München erneut wegen Missbrauchs straffällig geworden.
Der Sprecher der Opferinitiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, zeigte sich enttäuscht über die Reaktion. Benedikt habe nur dafür um Entschuldigung gebeten, dass er eine falsche Angabe zu seiner Teilnahme an der Sitzung gemacht habe. „Entschuldigen müsste er sich eigentlich für den ganzen Vorgang, denn er ist mit dafür verantwortlich, dass dieser Priestertäter anschließend jahrzehntelang Kinder im Bistum gefährden konnte“, sagte Katsch. (mit dpa) Leitartikel