Das Virus rauscht durch die Gesellschaft
Wenn man die neuerlichen Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz liest, dann hat man es schwarz auf weiß, was jeder derzeit wohl erlebt: Die Omikron-Einschläge kommen entweder näher, oder sie sind schon da – in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis. Das Virus rauscht in atemberaubender Geschwindigkeit durch die Gesellschaft; zu stoppen ist es nicht, nur ein wenig auszubremsen. Kanzler und Ministerpräsidenten akzeptieren die Realität. Das ist die zentrale Botschaft der Bund-Länder-Runde.
Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten sind die Bremsmanöver bisher auch ganz gut gelungen. Aber das muss nicht so bleiben. Am Beschluss zur Priorisierung der PCR-Tests zeigt sich aber das alte Corona-Problem der Politik – man ist zu oft hinter der Welle statt davor. Das war bei der Groko so, das ist auch bei der Ampel so. Ausgerechnet jetzt, wo Quarantänezeiten verkürzt werden, aber immer mehr Menschen bei steigenden Inzidenzen in die Isolation müssen, fehlen Testkapazitäten – oder wer ein schnelles Ergebnis will, muss kräftig dafür zahlen. Die Priorisierung ist Resultat eines weiteren Versäumnisses. Selbst die Stadt Wien soll besser sein bei ihrer Teststrategie.
Weiterhin gilt: Wer dreimal geimpft ist, der kann mit einem milden Verlauf bei einer Omikron-Infektion rechnen. Darauf seitens der Politik immer wieder hinzuweisen, ist richtig, obwohl man sich inzwischen wohl fragen muss, ob die nach wie vor Ungeimpften überhaupt noch zu erreichen sind. Zweifel sind angebracht. Wenn die Omikron-Welle abklingt, stellt sich auch die Frage, welche Einschränkungen fallen sollen und für wen. Bei dieser Ministerpräsidentenkonferenz ist es für Antworten darauf noch zu früh gewesen. Aber die Politik sollte sich zügig auf ihr diesbezügliches Handeln vorbereiten.
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