Die Union hat Gesprächsbedarf
Die meisten Corona-Maßnahmen bleiben in Kraft. Trotzdem gab es beim Treffen von Bund und Ländern einige Irritationen.
BERLIN Länger als ursprünglich geplant haben die Bundesländer am Montag mit dem Kanzleramt getagt. Obwohl man keine tiefgreifenden Änderungen an der Corona-Politik vornehmen wollte, gab es Gesprächsbedarf. Die unionsgeführten Länder waren sauer auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Stimmung war gereizt – dass der Genesenenstatus nur noch drei Monate lang gültig ist, hatte die Ministerpräsidenten der sogenannten B-Seite verärgert. Sie sparten nicht mit Kritik an der Kommunikationsstrategie des Gesundheitsministeriums. Das Vorgehen habe „Vertrauen zerstört“, sagte etwa der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Lauterbach habe Besserung in Sachen Kommunikation gelobt, hieß es nach dem Treffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte deutlich, dass nach wie vor in Deutschland strenge Regeln in Kraft seien. Man wisse noch nicht, ob man noch mit einer dramatischeren Situation rechnen müsse oder doch „ganz gut durch die Zeit komme“. Scholz sagte weiter, die Impfkampagne werde noch einmal deutlich verstärkt, auch mit umfangreichen Werbemaßnahmen. Ansonsten sehe man sich zunächst auf gutem Kurs, die bestehenden Regeln blieben daher zunächst in Kraft. „Jetzt gilt: Kurs halten“, sagt Scholz. Es sei keine Zeit für Lockerungen angesichts der steigenden Omikron-Infektionszahlen.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) betonte, Bund und Länder würden in den nächsten Wochen dennoch Öffnungsperspektiven beraten – für die Zeit, wenn sicher sei, dass das Gesundheitssystem durch Omikron nicht überlastet werde und die kritische Infrastruktur stabil bleibe. Priorisierungen sollen künftig insbesondere bei den Tests und bei der Kontaktnachverfolgung gelten. Hier ein Überblick der Beschlüsse.
Impfungen Die Quote der mindestens einmal Geimpften ist mit rund 75 Prozent nach Angaben von Bund und Ländern zu niedrig, um aus der Pandemie zu kommen. Immerhin: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist bereits geboostert. Dennoch dringen Bund und Länder darauf, dass sich noch mehr Menschen für einen vollständigen Impfschutz
entscheiden, und wollen eine Werbe- und Informationskampagne starten.
Alle Länder dringen nach wir vor auf eine allgemeine Impfpflicht, die meisten fordern sie ab 18 Jahren. Wüst betonte in der Pressekonferenz die Wichtigkeit. Bei dem Thema ist nun erst einmal der Bundestag am Zuge, der sich in dieser Woche mit der Impfpflicht zunächst in einer Orientierungsdebatte am Mittwoch beschäftigen wird. Man sei hier „zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit“, sagte Wüst. Scholz betonte, dass die Frage einer Impfpflicht nicht mit dem Aufbau eines Impfregisters in Zusammenhang stehe.
Großveranstaltungen Noch offen ist, wie viele Zuschauer künftig beispielsweise bei Fußballspielen oder Konzerten zugelassen werden sollen. Die Länder wollen sich dazu nun abstimmen und zu gemeinsamen Werten kommen, wie Scholz sagte. Bis zum 9. Februar soll es Ergebnisse geben.
Tests Künftig sollen PCR-Tests vorrangig bei Menschen aus Corona-Risikogruppen und Beschäftigten eingesetzt werden, die diese betreuen und behandeln. Die PCR-Testkapazitäten sollen möglichst rasch erhöht werden. Wer an den aktuell knappen Kapazitäten Schuld sei, wollte Wüst nicht näher beantworten.
Kontaktnachverfolgung Im Beschlusspapier heißt es, dass vor dem Hintergrund der derzeit hohen Zahl der täglichen Neuinfektionen, der beschränkten Kapazitäten der Gesundheitsämter sowie des guten Schutzes von geboosterten Personen auch im Rahmen der Nachverfolgung der Kontaktpersonen von Infizierten eine Priorisierung „sinnvoll und notwendig“sei. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), die Vizevorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz ist, appellierte auch an die Eigenverantwortung der Menschen. Sie sollten im Falle von Symptomen oder einem positiven Test selbst Kontakt zu Menschen aufnehmen, die sie möglicherweise angesteckt haben könnten.
Genesenenstatus An der Verkürzung der Gültigkeit des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate wird nicht gerüttelt. Die Kritik der Länder bezog sich auf das Vorgehen des Robert-Koch-Instituts, nicht auf den Inhalt der Entscheidung.
Digitalisierung Bund und Länder wollen die Verbesserung digitaler Hilfsmittel im Kampf gegen die Pandemie anschieben. So sollen insbesondere die Corona-Warn-App und die Covpass-App weiterentwickelt werden, „um die Einhaltung der 2Gbzw. 2G-plus-Regel auf einfachem Wege prüfen zu können“, heißt es im Beschluss.
Am 16. Februar soll es eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz geben.