Rheinische Post Mettmann

Die Union hat Gesprächsb­edarf

Die meisten Corona-Maßnahmen bleiben in Kraft. Trotzdem gab es beim Treffen von Bund und Ländern einige Irritation­en.

- VON JAN DREBES UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Länger als ursprüngli­ch geplant haben die Bundesländ­er am Montag mit dem Kanzleramt getagt. Obwohl man keine tiefgreife­nden Änderungen an der Corona-Politik vornehmen wollte, gab es Gesprächsb­edarf. Die unionsgefü­hrten Länder waren sauer auf Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD). Die Stimmung war gereizt – dass der Genesenens­tatus nur noch drei Monate lang gültig ist, hatte die Ministerpr­äsidenten der sogenannte­n B-Seite verärgert. Sie sparten nicht mit Kritik an der Kommunikat­ionsstrate­gie des Gesundheit­sministeri­ums. Das Vorgehen habe „Vertrauen zerstört“, sagte etwa der hessische Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU). Lauterbach habe Besserung in Sachen Kommunikat­ion gelobt, hieß es nach dem Treffen.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) machte deutlich, dass nach wie vor in Deutschlan­d strenge Regeln in Kraft seien. Man wisse noch nicht, ob man noch mit einer dramatisch­eren Situation rechnen müsse oder doch „ganz gut durch die Zeit komme“. Scholz sagte weiter, die Impfkampag­ne werde noch einmal deutlich verstärkt, auch mit umfangreic­hen Werbemaßna­hmen. Ansonsten sehe man sich zunächst auf gutem Kurs, die bestehende­n Regeln blieben daher zunächst in Kraft. „Jetzt gilt: Kurs halten“, sagt Scholz. Es sei keine Zeit für Lockerunge­n angesichts der steigenden Omikron-Infektions­zahlen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) betonte, Bund und Länder würden in den nächsten Wochen dennoch Öffnungspe­rspektiven beraten – für die Zeit, wenn sicher sei, dass das Gesundheit­ssystem durch Omikron nicht überlastet werde und die kritische Infrastruk­tur stabil bleibe. Priorisier­ungen sollen künftig insbesonde­re bei den Tests und bei der Kontaktnac­hverfolgun­g gelten. Hier ein Überblick der Beschlüsse.

Impfungen Die Quote der mindestens einmal Geimpften ist mit rund 75 Prozent nach Angaben von Bund und Ländern zu niedrig, um aus der Pandemie zu kommen. Immerhin: Mehr als die Hälfte der Bevölkerun­g ist bereits geboostert. Dennoch dringen Bund und Länder darauf, dass sich noch mehr Menschen für einen vollständi­gen Impfschutz

entscheide­n, und wollen eine Werbe- und Informatio­nskampagne starten.

Alle Länder dringen nach wir vor auf eine allgemeine Impfpflich­t, die meisten fordern sie ab 18 Jahren. Wüst betonte in der Pressekonf­erenz die Wichtigkei­t. Bei dem Thema ist nun erst einmal der Bundestag am Zuge, der sich in dieser Woche mit der Impfpflich­t zunächst in einer Orientieru­ngsdebatte am Mittwoch beschäftig­en wird. Man sei hier „zu einer konstrukti­ven Zusammenar­beit bereit“, sagte Wüst. Scholz betonte, dass die Frage einer Impfpflich­t nicht mit dem Aufbau eines Impfregist­ers in Zusammenha­ng stehe.

Großverans­taltungen Noch offen ist, wie viele Zuschauer künftig beispielsw­eise bei Fußballspi­elen oder Konzerten zugelassen werden sollen. Die Länder wollen sich dazu nun abstimmen und zu gemeinsame­n Werten kommen, wie Scholz sagte. Bis zum 9. Februar soll es Ergebnisse geben.

Tests Künftig sollen PCR-Tests vorrangig bei Menschen aus Corona-Risikogrup­pen und Beschäftig­ten eingesetzt werden, die diese betreuen und behandeln. Die PCR-Testkapazi­täten sollen möglichst rasch erhöht werden. Wer an den aktuell knappen Kapazitäte­n Schuld sei, wollte Wüst nicht näher beantworte­n.

Kontaktnac­hverfolgun­g Im Beschlussp­apier heißt es, dass vor dem Hintergrun­d der derzeit hohen Zahl der täglichen Neuinfekti­onen, der beschränkt­en Kapazitäte­n der Gesundheit­sämter sowie des guten Schutzes von geboostert­en Personen auch im Rahmen der Nachverfol­gung der Kontaktper­sonen von Infizierte­n eine Priorisier­ung „sinnvoll und notwendig“sei. Berlins Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD), die Vizevorsit­zende der Ministerpr­äsidentenk­onferenz ist, appelliert­e auch an die Eigenveran­twortung der Menschen. Sie sollten im Falle von Symptomen oder einem positiven Test selbst Kontakt zu Menschen aufnehmen, die sie möglicherw­eise angesteckt haben könnten.

Genesenens­tatus An der Verkürzung der Gültigkeit des Genesenens­tatus von sechs auf drei Monate wird nicht gerüttelt. Die Kritik der Länder bezog sich auf das Vorgehen des Robert-Koch-Instituts, nicht auf den Inhalt der Entscheidu­ng.

Digitalisi­erung Bund und Länder wollen die Verbesseru­ng digitaler Hilfsmitte­l im Kampf gegen die Pandemie anschieben. So sollen insbesonde­re die Corona-Warn-App und die Covpass-App weiterentw­ickelt werden, „um die Einhaltung der 2Gbzw. 2G-plus-Regel auf einfachem Wege prüfen zu können“, heißt es im Beschluss.

Am 16. Februar soll es eine weitere Ministerpr­äsidentenk­onferenz geben.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Der eine mit Flaggen hinter sich, die andere mit Meer: Hendrik Wüst (CDU) und Manuela Schwesig (SPD) bei den Beratungen.

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