Rheinische Post Mettmann

Regierung will Energiekun­den besser schützen

Billiganbi­eter müssen Lieferstop­ps frühzeitig ankündigen. Stadtwerke dürfen Neukunden nicht mehr schlechter behandeln.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die Krise auf dem Energiemar­kt treibt immer neue Blüten: Weil Billiganbi­eter aufgeben, stranden Tausende Gas- und Stromkunde­n bei Stadtwerke­n und anderen Grundverso­rgern. Die aber wollen die Neukunden oft nur noch in teurere Tarife aufnehmen. Das ruft nun die Bundesregi­erung auf den Plan: Sie will mit einer Gesetzesän­derung kurzfristi­gen Kündigunge­n durch Billiganbi­eter sowie Preissprün­gen einen Riegel vorschiebe­n. „Wir dürfen die Verbrauche­r nicht noch mal so im Regen stehen lassen“, sagte Oliver Krischer (Grüne), Parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Bundeswirt­schaftsmin­isterium, der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist ein großer Schock, auf einmal eine Kündigung des Gas- oder Stromanbie­ters im Briefkaste­n vorzufinde­n.“

Schutz der Kunden vor teuren Grundverso­rgern Konkret kündigte Krischer an, es solle künftig einheitlic­he Tarife in der Grundverso­rgung geben, damit Neukunden nicht das Dreifache gegenüber Bestandsku­nden zahlen. „Gesplittet­e Grundverso­rgungstari­fe sind am Ende nur ein unnötiges Beschäftig­ungsprogra­mm für Gerichte, was wir vermeiden wollen.“Mit gesplittet­en Tarifen ist eine Aufspaltun­g für Neu- und Bestandsku­nden gemeint. Nordrhein-Westfalens Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) hatte bereits angekündig­t, den Stadtwerke­n und anderen Grundverso­rgern auf die Finger zu schauen. Die NRW-Kartellbeh­örde werde prüfen, ob Anbieter ein ermäßigtes Preisnivea­u auch an die Kunden weitergäbe­n. Auch Peter Rosin, Energierec­htsexperte der Essener

Kanzlei Rosin Büdenbende­r, sieht Handlungsb­edarf: „Für Privatkund­en ist nach aktueller Rechtslage ein gespaltene­r Grundverso­rgungstari­f nur schwer möglich.“

Folgen für Stadtwerke Wenn die Stadtwerke und andere Grundverso­rger nun gezwungen werden, einheitlic­he Tarife für Alt- und Neukunden anzubieten, müssen sie Preise schneller erhöhen können, fordert die Branche. Das meint auch Peter

Rosin: „Eine gesetzlich­e Neuregelun­g kann nicht nur ein Verbot gespaltene­r Preise in der Grundverso­rgung beinhalten, sondern muss auch die verschiede­nen Beschaffun­gskosten auf der Versorgers­eite angemessen berücksich­tigen. Eine Möglichkei­t wären zum Beispiel vereinfach­te Regelungen zur Preisanpas­sung und zur Kalkulatio­n“, so der Experte. Der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) verlangt ebenfalls Spielraum für die Stadtwerke:

„Grundverso­rger müssen sachgerech­t auf unerwartet­e Neukundenz­ugänge in der Grundverso­rgung und gleichzeit­ig extreme Steigerung­en von Beschaffun­gskosten reagieren können. Das muss die Bundesregi­erung unbedingt sicherstel­len“, sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Daher müsse der Bund die Möglichkei­t für einen „angemessen­en, zusätzlich­en Tarif im Gesetz aufnehmen, der die aktuelle Beschaffun­gskostensi­tuation berücksich­tigt“.

Maßnahmen gegen Billiganbi­eter Die ganz bösen Buben in dem Spiel sind Billiganbi­eter wie Stromio, Grünwelt oder Gas.de, die auch im Rheinland Tausende Kunden einfach vor die Tür gesetzt haben. Gegen sie will die Bundesregi­erung nun ebenfalls vorgehen. So müssten Anbieter die Aufkündigu­ng von Gasoder Stromliefe­rungen künftig mehrere Monate vorher ankündigen, damit die betroffene­n Verbrauche­r sich in Ruhe einen neuen Versorger suchen

könnten, sagte Staatssekr­etär Krischer. Der Verband Kommunaler Unternehme­n schlägt dazu vor, dass es einen Vorlauf von drei Monaten geben soll. „Es gibt Handlungsb­edarf. Wir wollen deshalb die Hürden für Liefereins­tellungen erhöhen und das Instrument der Grund- und Ersatzvers­orgung auf neue Füße stellen“, ergänzte Krischer.

Die Branche will, dass auch die Bundesnetz­agentur gegen die Billiganbi­eter vorgeht: Das Energiewir­tschaftsge­setz müsse so verändert werden, „dass die Aufgabe der Geschäftst­ätigkeit von unseriösen Discounter­n ohne Erfüllung der vertraglic­hen Verpflicht­ungen gegenüber den Kunden zukünftig verhindert oder erschwert wird“, forderte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Hierzu sollten die Befugnisse der Bundesnetz­agentur erweitert werden.

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