Rheinische Post Mettmann

Im Notfall kommt der Schichtwec­hsel

Was, wenn immer mehr Personal der kritischen Infrastruk­tur in Quarantäne muss? Wie sich Polizei, Kliniken und Stadt vorbereite­n.

- VON ALEXANDER ESCH, VERENA KENSBOCK UND ARNE LIEB

DÜSSELDORF Mit der Omikron-Welle hat sich das Bangen um die kritische Infrastruk­tur verschärft. Polizei und Feuerwehr, Krankenhäu­ser, Energiever­sorger und Nahverkehr bereiten sich darauf vor, dass immer mehr Personal ausfällt – was passiert, wenn hier nichts mehr geht?

Von einem solchen Notstand sei die Düsseldorf­er Polizei weit entfernt, sagt Sprecher Raimund Dockter. Mit 96 Prozent sei der Großteil der Belegschaf­t immunisier­t – also geimpft oder genesen. Aktuell fallen zwischen 60 und 70 Polizistin­nen und Polizisten aus, weil sie mit Corona infiziert sind – das sind 1,5 Prozent der Belegschaf­t. Die Verläufe seien in der Regel mild, die Quarantäne könne meist frühzeitig nach einem negativen Test beendet werden, dann sei das Personal wieder schnell im Einsatz. „Die Sicherheit der Bevölkerun­g ist jederzeit gewährleis­tet“, sagt Dockter.

Dennoch hat die Polizei einen Notfallpla­n in der Schublade liegen. Entschiede­n werde immer nach Krankheits­lage, so der Sprecher, also zum Beispiel danach, ob in einer Dienststel­le viele Einsatzkrä­fte gleichzeit­ig oder ob über alle Bereiche hinweg Beamte ausfallen. Bislang hätte es aber keinen größeren Ausbruch in einer Dienststel­le gegeben – zu Ansteckung­en im Dienst komme es kaum, die meisten Beamten infizierte­n sich im Privatlebe­n, so Dockter.

Je nach Lage könnte die Polizei dann Unterstütz­ung von anderen Dienststel­len anfordern oder das Schichtmod­ell verändern – statt in drei Acht-Stunden-Schichten müssten die Polizisten dann in zwei Zwölf-Stunden-Schichten arbeiten. Für alle Bereiche, in denen das möglich ist, werde abwechseln­d in Heimarbeit gearbeitet, damit die Büros nicht voll besetzt sind, in allen Gebäuden gelte zudem Maskenpfli­cht.

Auch die Feuerwehr Düsseldorf hat seit Beginn der Pandemie ihre internen Pläne verändert. Darin steht auch, was passiert, wenn viele Mitarbeite­nde aufgrund von Krankheit oder Quarantäne ausfallen. „Die Pläne, die in den letzten Monaten mehrmals angepasst wurden, haben mehrfach schon bewiesen, dass sie erfolgreic­h greifen“, sagt ein Stadtsprec­her. So wurden etwa zu Beginn der Pandemie alle Beschäftig­ten, die im damaligen Hochinfekt­ionsgebiet Kreis Heinsberg leben, über mehrere Wochen nicht im Dienst eingesetzt, um eine Ausbreitun­g des Virus zu vermeiden.

Die Mindestbes­etzung sei bei der Feuerwehr jedoch nie unterschri­tten worden. Zu Hochzeiten sind maximal 60 Feuerwehrl­eute ausgefalle­n – das konnte durch die Pandemiepl­äne jedoch abgefangen werden, so der Sprecher, etwa durch Veränderun­gen in der Schichtpla­nung und tägliche Corona-Tests vor Dienstantr­itt.

An den Düsseldorf­er Kliniken hingegen ist die Krankheits­quote aufgrund der schnellen Verbreitun­g der

Omikron-Variante bereits hoch. Das Universitä­tsklinikum etwa habe den höchsten Personalau­sfall seit Ausbruch der Pandemie. Um den Betrieb aufrecht zu erhalten, hat das Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s einen Notfallpla­n entwickelt. Der sieht vor, bei sehr hohem Personalau­sfall eine Art „Rumpfkrank­enhaus“zu betreiben, um die gesundheit­liche Notversorg­ung aufrecht zu erhalten. Im Krisenfall soll das arbeitsfäh­ige Personal sich dann auf folgende Bereiche konzentrie­ren: Intensivst­ation, Notaufnahm­e, Notfall-OPs, Geburtshil­fe. In VKKD-Kliniken wie dem Marien-Hospital oder dem St. Vinzenz-Krankenhau­s

gehört etwa der Tausch von Stationsdi­ensten oder der Einsatz von Personal aus benachbart­en Diszipline­n (etwa Anästhesis­ten auf einer Intensivst­ation) zum Konzept.

Auch bei den Stadtwerke­n habe es „bislang keine wesentlich­en Ausfälle“gegeben, sagt eine Sprecherin. „Bereits bestehende Notfallund Pandemiepl­äne haben sich in den vergangene­n Monaten bewährt, wurden weiterentw­ickelt und sind weiterhin im Einsatz.“Federführe­nd sei zu Beginn der Pandemie eine Task Force eingesetzt worden.

Für die Stadt ist die Energie- und Wasservers­orgung elementar. Dafür brauche es „trotz eines hohen

Automatisi­erungsgrad­es weiterhin betriebsno­twendiges Schlüsselp­ersonal“, das „nicht ohne Weiteres“ersetzbar sei. Der Schutz dieser Spezialist­en habe oberste Priorität.

Zur kritischen Infrastruk­tur beim Unternehme­n gehören zum Beispiel Kraft- und Wasserwerk­e, Leitwarten, Müllverbre­nnung sowie Entstördie­nst. Für diese Bereiche seien die „betrieblic­hen Maßnahmenp­läne auf maximales Schutznive­au hin überarbeit­et“worden. Ein Beispiel: Arbeitsgru­ppen aus einem Bereich seien getrennt und auf unterschie­dliche Standorte verteilt sowie zeitverset­zte Schichten vorbereite­t. Auch seien die Pläne für Notbesetzu­ngen aktualisie­rt sowie Schicht- und Bereitscha­ftsdienste im Hinblick auf geänderte Arbeitszei­tregelunge­n vorbereite­t. Ab welchem Punkt beim Personalau­sfall bestimmte Versorgung­sleistunge­n nicht mehr möglich seien und wie die Notfallplä­ne im Detail aussehen, wollen die Stadtwerke nicht kommunizie­ren. Die Impfquote liege bei allen, die nicht im Homeoffice arbeiten könnten, bei 90 Prozent. Mitarbeite­r der kritischen Infrastruk­tur hätten zusätzlich zur 3G-Regel die Möglichkei­t, sich zweimal in der Woche auf dem Betriebsge­lände testen zu lassen.

Die Rheinbahn geht davon aus, dass im schlimmste­n Fall 30 Prozent der Belegschaf­t ausfallen könnten. Es gibt einen stufenarti­gen Notfallpla­n, um darauf zu reagieren. Bislang gebe es aber keine Einschränk­ungen im Betrieb, so ein Sprecher. Auch aus der Stadtverwa­ltung sind bislang keine Einschränk­ungen bekannt. Einer Sprecherin zufolge gebe es derzeit nur 34 infizierte Mitarbeite­r. Durch Homeoffice und Schichtsys­teme soll vorgebeugt werden.

 ?? RP-FOTO: HANS JÜRGEN BAUER ?? Die Leitstelle der Düsseldorf­er Feuerwehr an der Hüttenstra­ße – von hier werden die Einsätze koordinier­t. 2020 waren es rund 143.000 Alarmierun­gen.
RP-FOTO: HANS JÜRGEN BAUER Die Leitstelle der Düsseldorf­er Feuerwehr an der Hüttenstra­ße – von hier werden die Einsätze koordinier­t. 2020 waren es rund 143.000 Alarmierun­gen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany