Im Notfall kommt der Schichtwechsel
Was, wenn immer mehr Personal der kritischen Infrastruktur in Quarantäne muss? Wie sich Polizei, Kliniken und Stadt vorbereiten.
DÜSSELDORF Mit der Omikron-Welle hat sich das Bangen um die kritische Infrastruktur verschärft. Polizei und Feuerwehr, Krankenhäuser, Energieversorger und Nahverkehr bereiten sich darauf vor, dass immer mehr Personal ausfällt – was passiert, wenn hier nichts mehr geht?
Von einem solchen Notstand sei die Düsseldorfer Polizei weit entfernt, sagt Sprecher Raimund Dockter. Mit 96 Prozent sei der Großteil der Belegschaft immunisiert – also geimpft oder genesen. Aktuell fallen zwischen 60 und 70 Polizistinnen und Polizisten aus, weil sie mit Corona infiziert sind – das sind 1,5 Prozent der Belegschaft. Die Verläufe seien in der Regel mild, die Quarantäne könne meist frühzeitig nach einem negativen Test beendet werden, dann sei das Personal wieder schnell im Einsatz. „Die Sicherheit der Bevölkerung ist jederzeit gewährleistet“, sagt Dockter.
Dennoch hat die Polizei einen Notfallplan in der Schublade liegen. Entschieden werde immer nach Krankheitslage, so der Sprecher, also zum Beispiel danach, ob in einer Dienststelle viele Einsatzkräfte gleichzeitig oder ob über alle Bereiche hinweg Beamte ausfallen. Bislang hätte es aber keinen größeren Ausbruch in einer Dienststelle gegeben – zu Ansteckungen im Dienst komme es kaum, die meisten Beamten infizierten sich im Privatleben, so Dockter.
Je nach Lage könnte die Polizei dann Unterstützung von anderen Dienststellen anfordern oder das Schichtmodell verändern – statt in drei Acht-Stunden-Schichten müssten die Polizisten dann in zwei Zwölf-Stunden-Schichten arbeiten. Für alle Bereiche, in denen das möglich ist, werde abwechselnd in Heimarbeit gearbeitet, damit die Büros nicht voll besetzt sind, in allen Gebäuden gelte zudem Maskenpflicht.
Auch die Feuerwehr Düsseldorf hat seit Beginn der Pandemie ihre internen Pläne verändert. Darin steht auch, was passiert, wenn viele Mitarbeitende aufgrund von Krankheit oder Quarantäne ausfallen. „Die Pläne, die in den letzten Monaten mehrmals angepasst wurden, haben mehrfach schon bewiesen, dass sie erfolgreich greifen“, sagt ein Stadtsprecher. So wurden etwa zu Beginn der Pandemie alle Beschäftigten, die im damaligen Hochinfektionsgebiet Kreis Heinsberg leben, über mehrere Wochen nicht im Dienst eingesetzt, um eine Ausbreitung des Virus zu vermeiden.
Die Mindestbesetzung sei bei der Feuerwehr jedoch nie unterschritten worden. Zu Hochzeiten sind maximal 60 Feuerwehrleute ausgefallen – das konnte durch die Pandemiepläne jedoch abgefangen werden, so der Sprecher, etwa durch Veränderungen in der Schichtplanung und tägliche Corona-Tests vor Dienstantritt.
An den Düsseldorfer Kliniken hingegen ist die Krankheitsquote aufgrund der schnellen Verbreitung der
Omikron-Variante bereits hoch. Das Universitätsklinikum etwa habe den höchsten Personalausfall seit Ausbruch der Pandemie. Um den Betrieb aufrecht zu erhalten, hat das Florence-Nightingale-Krankenhaus einen Notfallplan entwickelt. Der sieht vor, bei sehr hohem Personalausfall eine Art „Rumpfkrankenhaus“zu betreiben, um die gesundheitliche Notversorgung aufrecht zu erhalten. Im Krisenfall soll das arbeitsfähige Personal sich dann auf folgende Bereiche konzentrieren: Intensivstation, Notaufnahme, Notfall-OPs, Geburtshilfe. In VKKD-Kliniken wie dem Marien-Hospital oder dem St. Vinzenz-Krankenhaus
gehört etwa der Tausch von Stationsdiensten oder der Einsatz von Personal aus benachbarten Disziplinen (etwa Anästhesisten auf einer Intensivstation) zum Konzept.
Auch bei den Stadtwerken habe es „bislang keine wesentlichen Ausfälle“gegeben, sagt eine Sprecherin. „Bereits bestehende Notfallund Pandemiepläne haben sich in den vergangenen Monaten bewährt, wurden weiterentwickelt und sind weiterhin im Einsatz.“Federführend sei zu Beginn der Pandemie eine Task Force eingesetzt worden.
Für die Stadt ist die Energie- und Wasserversorgung elementar. Dafür brauche es „trotz eines hohen
Automatisierungsgrades weiterhin betriebsnotwendiges Schlüsselpersonal“, das „nicht ohne Weiteres“ersetzbar sei. Der Schutz dieser Spezialisten habe oberste Priorität.
Zur kritischen Infrastruktur beim Unternehmen gehören zum Beispiel Kraft- und Wasserwerke, Leitwarten, Müllverbrennung sowie Entstördienst. Für diese Bereiche seien die „betrieblichen Maßnahmenpläne auf maximales Schutzniveau hin überarbeitet“worden. Ein Beispiel: Arbeitsgruppen aus einem Bereich seien getrennt und auf unterschiedliche Standorte verteilt sowie zeitversetzte Schichten vorbereitet. Auch seien die Pläne für Notbesetzungen aktualisiert sowie Schicht- und Bereitschaftsdienste im Hinblick auf geänderte Arbeitszeitregelungen vorbereitet. Ab welchem Punkt beim Personalausfall bestimmte Versorgungsleistungen nicht mehr möglich seien und wie die Notfallpläne im Detail aussehen, wollen die Stadtwerke nicht kommunizieren. Die Impfquote liege bei allen, die nicht im Homeoffice arbeiten könnten, bei 90 Prozent. Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur hätten zusätzlich zur 3G-Regel die Möglichkeit, sich zweimal in der Woche auf dem Betriebsgelände testen zu lassen.
Die Rheinbahn geht davon aus, dass im schlimmsten Fall 30 Prozent der Belegschaft ausfallen könnten. Es gibt einen stufenartigen Notfallplan, um darauf zu reagieren. Bislang gebe es aber keine Einschränkungen im Betrieb, so ein Sprecher. Auch aus der Stadtverwaltung sind bislang keine Einschränkungen bekannt. Einer Sprecherin zufolge gebe es derzeit nur 34 infizierte Mitarbeiter. Durch Homeoffice und Schichtsysteme soll vorgebeugt werden.