Musikalische DNA mit Elektronik
Das Notabu-Ensemble porträtierte in seinem jüngsten Konzert im Hentrich-Saal der Tonhalle Komponisten mit Düsseldorf-Bezug.
DÜSSELDORF Kurz vor dem Höhepunkt der fröhlichen fünften Jahreszeit wurde es im Helmut-Hentrich-Saal der Tonhalle beim vierten Konzert der Saison unter dem Motto „Na hör’n Sie mal!“noch einmal ernst. Zum Hören aufgefordert wurde das Publikum zuallererst mit der Vertonung des wohl bekanntesten Else-Lasker-SchülerGedichts „Mein blaues Klavier“von Josef Tal. Lange hatten das NotabuEnsemble und sein Leiter Mark-Andreas Schlingensiepen ukrainische Beiträge ins Programm genommen. Nun sollte selbstverständlich auch der kriegerische Konflikt im Nahen Osten reflektiert werden.
Das zehnminütige Lied von Josef Tal ist voller expressiver Linien und Akkorde, die die Sopranistin Irene Kurka und die Pianistin Frederike Möller – Spezialisten für Neue Musik – kongenial nachvollzogen.
Im Zentrum des Konzerts stand der Düsseldorfer Komponist Christian Banasik, denn es galt, dem 1963 Geborenen nachträglich zum 60. Geburtstag zu gratulieren. Dies geschah mit drei Stücken aus seiner Feder. Wobei weniger die Feder sein Werkzeug ist, sondern vielmehr elektronisches Equipment, das er nicht nur beim Komponieren, sondern auch im Konzert einsetzt. Bei zwei Werken nahm der Komponist das auf, was von den Instrumenten gespielt wurde, bearbeitete es live und spielte dies über eine mehrkanalige Lautsprecheranlage wieder in den Raum.
Sowohl bei „Begegnung 8 – Kreiten-Projekt“für Klavier und Elektronik als auch bei „IK / Das Blindenspiel“für Flöte und Elektronik fügte er Hall und mehrfache Echos hinzu, die den virtuosen Instrumentalklang (Frederike Möller und Stefan Oechsle an der Flöte) vervielfachten und die Zuhörer in das lebendige Klanggeschehen einhüllten. Endlich war die äußerst trockene Akustik des Helmut-Hentrich-Saals für kurze Zeit vergessen. Wohltuend!
„Mapping Sound Fields“für Sopran, Ensemble und Laptop war dagegen ein Gewusel von Straßengeräuschen (aus dem Laptop) und den recht weit voneinander platzierten Mitgliedern des Notabu-Ensembles, das von Mark-Andreas Schlingensiepen mit Sicherheit und Strenge zusammengehalten wurde.
Im „Spacewalk“genannten Gespräch vor dem Konzert, das der Tonhallen-Dramaturg Uwe Sommer-Sorgente mit Banasik und Schlingensiepen geführt hatte, wurden die Beziehungen der Komponisten
des Programms zueinander und zu Düsseldorf erläutert. Josef Tal etwa wurde in der Neanderkirche oft aufgeführt. In den 80er-Jahren besuchte zudem die Kompositionsklasse Günther Beckers an der Musikhochschule – darunter auch Banasik – Tal in Israel. Er war dort eine führende Figur der Neuen Musik.
Nicht fehlen durfte im jüngsten Programm der vor 100 Jahren geborene Günther Becker. „Epiklesis Alpha“für Ensemble und Zuspiel wirkte auch noch nach knapp 50 Jahren in der Interpretation des Ensembles frisch. Kein Wunder: Notabu hat Becker sozusagen in seiner DNA. Werke seiner Studierenden
(und von ihm selbst) gehörten in der Anfangszeit zu seinem täglichen Brot. Selbstverständlich steuerte Banasik auch hier vom Laptop aus das Zuspiel.
In der Reihe der Solobeiträge von langjährigen Mitgliedern des Notabu-Ensembles war diesmal der Oboist Georg Bongartz an der Reihe. Er spielte mit Hingabe Luciano Berios „Sequenza VII“, ein höllisch schweres und musikalisch reiches Werk, das auch heute noch bis an die Grenzen des auf der Oboe Machbaren geht.
Wieder war der Saal nahezu voll. Und groß war die Begeisterung über das Programmkonzept, die Musik und ihre Interpretation.