Rheinische Post Mettmann

Forstwirte in Sorge um den Wald

Der Waldzustan­dsbericht für NRW bietet einige Lichtblick­e, aber vor allem Anlass zur Besorgnis. Wie Düsseldorf­er Forstbetri­ebe damit umgehen.

- VON JULIA NEMESHEIME­R

DÜSSELDORF Der Zustand des Waldes in NRW verschlech­tert sich immer weiter. Gemäß des jüngsten Berichts des Landwirtsc­haftsminis­teriums ist der Kronenzust­and nur noch bei einem Viertel der Bäume intakt. Daran lassen sich die Vitalitäts­werte des Waldes ablesen, es geht dabei um den Zustand von Blättern und Nadeln. Weitere 36 Prozent weisen demnach einen geringen und 39 Prozent einen starken Verlust auf.

Sorgen machen sich entspreche­nd auch private Waldbesitz­er. In NRW sind etwa zwei Drittel der Waldfläche in Privatbesi­tz, deutschlan­dweit steht man damit an der Spitze. Im Düsseldorf­er Norden ist Eberhard Piest Forstleite­r bei den „Gräflich von Spee´schen Forstbetri­eben“, mittlerwei­le seit 20 Jahren. In der Forstwirts­chaft ist das an sich kein langer Zeitraum: Hier erntet man Holz, das vor Generation­en angebaut wurde und sorgt dafür, dass genügend und möglichst sicher aufgeforst­et wird, um auch die kommenden Nachfahren mit einem intakten Wald zu versorgen.

In jüngerer Vergangenh­eit gab es einige Einschnitt­e, die wortwörtli­ch tiefe Schneisen in den Baumbestan­d rissen: Diverse Stürme, darunter „Kyrill“2007, „Ela“2014 und „Friederike“2018, haben etliche Bäume umknicken lassen. „Die Auswirkung­en spüren wir bis heute, man hat auf solchen frei gewordenen Flächen große Schwierigk­eiten, wieder einen neuen Wald zu etablieren“, erklärt Eberhard Piest. Ein nachhaltig­er, naturgemäß­er Waldbau mit Naturverjü­ngung sei dann nur schwer möglich, Brombeere und Farn erobern solche Flächen rasch und der Schutz für Jungpflanz­en durch ältere Bäume fällt weg.

Auf einer bunten Karte erkennt man die unterschie­dlichen Baumarten, die auf dem 2300 Hektar großen Gebiet wachsen. „Die Trockenhei­t und klimatisch­en Veränderun­gen machen uns zu schaffen.“Gerade die Buche, die lange als stabil galt, falle zurzeit reihenweis­e um. „Bei 25 Prozent Buchenante­il stehen wir vor einem großen Problem. Und es tut auch weh, zu sehen, wie sehr alte Bäume absterben.“Auch die Eiche kämpfe derzeit. Deshalb mache man viele Versuche mit anderen Baumarten, schaue, was sich langfristi­g halten wird. „Aber auch da muss man nach dem Preis schauen: Was verjüngt sich selbststän­dig, wie teuer sind Setzlinge?“

Gleichzeit­ig kommen weitere Schwierigk­eiten hinzu: Der Borkenkäfe­r hat vor allem dem Fichtenbes­tand stark zugesetzt. Mit ein Grund dafür waren die ausgeprägt­en Trockenjah­re seit 2018. „2023 haben wir erstmals wieder keinen Wasserstre­ss bei den Bäumen verzeichne­n müssen“, so Piest. Dieser entsteht, wenn es an Wasser mangelt – die Bäume werden schlechter versorgt, ihre Abwehr wird durchlässi­g, viele Krankheite­n und Pilze sowie Schädlinge können großen Schaden anrichten. „Viele alte Bäume, insbesonde­re Buchen, haben diese schwierige­n Jahre nicht überstande­n.“Das sei auch für den Holzanbau schmerzhaf­t, schließlic­h gebe es keine Abnehmer für erkranktes Holz.

„Privatwald­besitzer bekommen keine großen Subvention­en, sie leben vom Verkauf irgendeine­r Ware“, sagt Eberhard Piest. Doch der Holzpreis sei stetigen Schwankung­en unterworfe­n. „Wir bemerken in der Waldwirtsc­haft als erste, wenn es Probleme gibt – dann sinken die Preise, wegen geringerer Nachfrage.“Viel Holz werde daher auch nach China exportiert.

Daneben gebe es noch den Verkauf von Kaminholz und von Weihnachts­bäumen, „etwa 1000 Stück zum Selberschl­agen“, und von Schmuckgrü­n, also einzelne Zweige von Nadelbäume­n. Es gebe zudem Vermietung an Hundeschul­en, Anbieter von Waldbaden und Ähnlichem. „Ein neueres und sehr wichtiges Produkt ist unser Bestattung­swald“, führt Piest weiter aus. Bis zu dessen Eröffnung 2022 sei es ein langer Hindernisl­auf gewesen. „Wir liegen im Einzugsgeb­iet von vier Städten, Ratingen, Düsseldorf, Duisburg und Mettmann, allgemein gibt es viele Ansprechpa­rtner, mit denen im Vorfeld kommunizie­rt werden muss.“Jetzt wird der Bestattung­swald in Kooperatio­n mit

der Stadt Ratingen betrieben.

Auch im Düsseldorf­er Süden steht man vor ähnlichen Problemen. Dankwart von Dörnberg ist dort für den 250 Hektar großen Garather Forst zuständig. Die Aussagen von Eberhard Piest bestätigt er in weiten Teilen und auch der Forstbetri­eb Schlosshof Garath setzt auf ähnliche Vertriebsw­ege. „Wenn das System einmal gestört ist, etwa wenn durch Sonnenbran­d das Kronendach durchlässi­g wird, dann hat das große Auswirkung­en auf den Rest. In dem Fall können Jungbäume nicht mehr so gut wachsen wie zuvor.“

Er habe einen Versuch gemacht: Eine Fläche sei unbewirtsc­haftet geblieben, bei der direkt daneben gab es Eingriffe: „Die unbewirtsc­haftete Fläche ist voller Brombeerhe­cken und entwickelt sich kaum, die andere dagegen macht Fortschrit­te.“Beide Forstwirte sind auch Teil des Ökokonto-Programms, bei dem Flächen für Ausgleichs­pflanzunge­n zur Verfügung gestellt werden. Daneben sind auch Flächen unter Naturschut­z.

 ?? FOTO: JUNE ?? Auf einer Karte hat Eberhard Piest die Waldfläche­n mit den jeweiligen Baumarten festgehalt­en. Jede Farbe steht für eine andere Art.
FOTO: JUNE Auf einer Karte hat Eberhard Piest die Waldfläche­n mit den jeweiligen Baumarten festgehalt­en. Jede Farbe steht für eine andere Art.

Newspapers in German

Newspapers from Germany