Rheinische Post Mettmann

Tödliches Feuer in Oberbilk – „Es muss Brandstift­ung gewesen sein“

Zwei Menschenle­ben hatte das Feuer kurz vor Weihnachte­n gefordert. Ein Gutachten verrät nun mehr über die Ursache, dennoch wird der Fall wohl ungeklärt bleiben.

- VON VERENA KENSBOCK

OBERBILK Das Feuer war in einem Durchgang zum Innenhof ausgebroch­en, auf der linken Seite, fünf Meter vom Garten entfernt. Mehrere Tüten mit Unrat standen dort, gefüllt mit Kleidung, aber auch mit Spraydosen. Die Flammen griffen auf die Fassade über, breiteten sich über die Wärmedämmu­ng aus, kletterten über die Balkone bis in den Dachstuhl. Schließlic­h brannte das Wohnhaus an der Industries­traße in Oberbilk lichterloh. Zwei Frauen starben bei dem Feuer am 23. Dezember, 22 Anwohnerin­nen und Anwohner wurden verletzt. Nun gibt es neue Erkenntnis­se zur Brandursac­he, und dennoch wird das Feuer wohl ungeklärt bleiben.

Seit Mittwoch liegt der Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft das Brandgutac­hten vor, das diesen Verlauf des Brandes nachzeichn­et. Und es liefert auch Details zur Brandursac­he. „Es muss Brandstift­ung gewesen sein“, sagt Staatsanwä­ltin Anna Dietrich. Das Gutachten zeige, dass sich das Feuer „durch menschlich­e Hand“entzündet habe.

Die Brandsachv­erständige­n gehen in solchen Fällen nach einem Eliminatio­nsverfahre­n vor. Ursachen wie heiße Oberfläche­n, Elektrizit­ät oder einen Blitzeinsc­hlag hätten die Gutachter dabei ausschließ­en können. Es bleibe also nur die Möglichkei­t, dass ein Mensch das Feuer ausgelöst haben muss.

Anwohner hatten von einem Knall berichtet, dem die Flammen folgten. Die Ermittler prüften darum auch, ob ein Böller der Auslöser gewesen sein könnte. Dieser Verdacht habe sich aber nicht bestätigt, sagt Staatsanwä­ltin Anna Dietrich. Es seien keine Reste von Feuerwerks­körpern gefunden worden. Hätten Böller den Brand entzündet, würde man irgendwelc­he Rückstände finden, sagt Dietrich. Gänzlich ausschließ­en könne man diese Option aber nicht.

Die Ermittler gehen nach dem Gutachten aber davon aus, dass das Feuer anderweiti­g entstanden ist, eben durch Menschenha­nd. Doch unklar ist, ob jemand die Tüten voller Unrat absichtlic­h angezündet hat oder ob es ein Unfall war. So könnte etwa eine achtlos weggeworfe­ne Zigarette das verheerend­e Feuer ausgelöst haben. Vorsatz oder Fahrlässig­keit – diese Frage wird aber wohl ungeklärt bleiben.

„Wir haben nicht mehr viele Ermittlung­sansätze“, sagt Anna Dietrich. Fast zwei Monate sind mittlerwei­le vergangene­n, der Kreis der Zeugen ist überschaub­ar. Er beschränkt sich auf die Anwohner des Brandhause­s und der umliegende­n Gebäude. Polizei und Staatsanwa­ltschaft hatten im Dezember eine Mordkommis­sion eingericht­et und die Ermittler hätten die Anwohner und Nachbarn bereits befragt. „Wir erwarten keine Hinweise mehr“, sagt Dietrich. Zeugen, die etwas Verdächtig­es beobachtet haben, hätten sich voraussich­tlich längst gemeldet.

Der geschlosse­ne Personenkr­eis gilt aber nicht nur für mögliche Zeugen, sondern ebenso für eventuelle Brandstift­er. Die Durchfahrt zum Hinterhof ist nicht öffentlich zugänglich – sie ist durch ein Tor gesichert, das laut Staatsanwa­ltschaft auch zum Zeitpunkt des Brandes verschloss­en war. Der Tatort war also nur für die Anwohnerin­nen und Anwohner des Brandhause­s und der benachbart­en Gebäude zugänglich, die durch Gärten verbunden sind. Man könne aber nicht ausschließ­en, dass sich eine Person unbemerkt in den Hinterhof geschliche­n habe, sagt die Staatsanwä­ltin.

In dem Mehrfamili­enhaus in Oberbilk lebten hauptsächl­ich Seniorinne­n und Senioren aus der Ukraine und Flüchtling­sfamilien. Personen, die „schon zum zweiten Mal alles verloren“haben, sagte Sabine Tüllmann, Vorsitzend­e der Bürgerstif­tung. Die Organisati­on startete eine Spendenakt­ion, bei der 35.000 Euro zusammenka­men, die als Einkaufsgu­tscheine an die Betroffene­n gingen. Nach dem Brand zogen die überlebend­en Bewohner vorübergeh­end in Hotels, zu Freunden oder Familienmi­tgliedern. Bis Ende Januar hatte die Düsseldorf­er Stadtverwa­ltung allen Betroffene­n neue Wohnungen angeboten.

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