Die Kardelen-Frauen haben Power
Die Frauengruppe hat neue Mitglieder und ist nun wieder verstärkt mit Aktionen und Angeboten in der Stadt präsent. Ihr Treffpunkt ist das WIRHaus.
WÜLFRATH Schneeglöckchen sind nicht nur einer der ersten Frühlingsboten, sie stehen auch für Widerstandskraft, Willen, Mut, Stärke, aber auch Reinheit und Schönheit. Passender könnte der Name also nicht sein, den sich die Kardelen Frauengruppe gegeben hat. Kardelen stammt aus dem Türkischen und bedeutet übersetzt eben Schneeglöckchen. „Es symbolisiert alle Frauen“, betont Zeynep Aynur Cilekci, eine von 15 Frauen der Gruppe.
Etwas länger, vor allem während der Corona-Pandemie, war es etwas stiller um die initiative Frauengruppe geworden. Seit dem vergangenen Jahr sind sie aber wieder verstärkt präsent im Stadtgeschehen, wirken bei Festen und Veranstaltungen mit – so zum Beispiel auf dem Kartoffelfest. Und genau das ist das Ziel der Frauen: Gemeinsam mit anderen in Wülfrath etwas für die Gesellschaft machen und bewegen. Neueste Mitglieder und besonders motiviert sind Fatma Kaldirim, Zeynep Asci, Medine Kara und Zeynep Aynur Cilekci. Seit fünf Jahren leben sie mit ihren Familien nun in Deutschland. „Wir setzten uns für aktive Teilnahme an der Gesellschaft ein. Wir wohnen hier und wollen uns wohlfühlen“, sagen sie. „Und wir wollen einen Beitrag zur Vielfalt und Toleranz leisten. Das ist sehr wichtig gerade in diesen Zeiten“, ergänzt Fatma Kaldirim.
Die vier Frauen haben sich erst in der Gruppe kennengelernt und sind auch mitunter der Grund, warum die Gruppe nun wieder aktiver wird. Sie bringen neue Ideen für Angebote ein, um so auch möglichen Vorurteilen zu begegnen und sie abzubauen. Vor allem wollen sie aber eins: selbst etwas zurückgeben.
„Wir sind vor fünf Jahren aus politischen Gründen geflohen“, erzählt Zeynep Aynur Cilekci. Hier angekommen, haben sie und ihre Familie von vorne starten müssen. Unterstützung gab es etwa durch die Tafel. Es sei aber nicht immer alles einfach: neue Umgebung, neue Sprache und erst einmal ohne Job, weil es dauert, bis Abschlüsse anerkannt werden. In der KardelenGruppe haben sie neue Freundschaften gefunden, erzählt Medine Kara, die in ihrer Heimat als Lehrerin gearbeitet hat, momentan aber ihr kleines Kind versorgt.
Ihre Erfahrungen wollen sie auch dazu nutzen, um andere Frauen zu unterstützen und mit ihrem Engagement auch Vorbild zu sein. Fatma Kaldirim hat zum Beispiel BWL studiert, arbeitet hier nun bei einem Bildungsträger und studiert im Fernstudium Soziale Arbeit – neben der Familie. Und zusätzlich engagiert sie sich mit ihren Freundinnen in der Kardelen-Frauengruppe, die sich regelmäßig freitags im WIR-Haus trifft.
In gut zwei Stunden sprechen sie über unterschiedliche Themen, haben manchmal auch Referenten zu bestimmten Themen zu Gast. Hier ist Platz zum Austausch, aber auch zum Planen von weiteren Aktionen. Ein Schlüssel zur Integration, das wissen die vier aus eigener Erfahrung, ist die Sprache. Deshalb bietet die Gruppe, vermutlich ab April, ein regelmäßiges Sprachcafé nur für Frauen an.
Und es gibt noch weitere Pläne für 2024. Natürlich sind die Kardelen wieder beim Kartoffelfest dabei und auch bei „Wülfrath macht Kunst“, der Aktion der Bürgerstiftung Wülfrath. Zum Internationalen Frauentag
am 8. März lädt die Gruppe zum gemütlichen Beisammensein und Austausch Frauen ins WIR-Haus (siehe Infobox). Auch beim Dreckweg-Tag am 16. März wollen sie tatkräftig mit anpacken.
Und auch eine alte Tradition wollen sie wieder beleben: Denn früher hat die Kardelen-Gruppe Wülfrather zum gemeinsamen Fastenbrechen eingeladen. Das wollen sie in diesem Jahr wieder machen. Ebenfalls eine Tradition und damals die erste Aktion der Kardelen: das Verteilen von „Noahs Suppe“, auch als Aschure bekannt. Es ist eine Süßspeise mit verschiedenen Zutaten wie Aprikosen, Nüsse, Bohnen und Rosinen. Das Wichtigste dabei ist, dass sie geteilt wird und so eine Brücke zwischen Menschen und Kulturen schlägt.
Die Suppe sei aber ebenfalls ein Symbol für die Frauengruppe selbst, erklären die vier Frauen. Durchaus denkbar also, dass es in diesem Jahr wieder eine Noah Suppe in Wülfrath gibt.