One-Woman-Show in der Schule
Mit einem neuen Konzept will die Rheinoper Jugendliche für sich begeistern.
DÜSSELDORF Fragt man Jugendliche, wo sie am liebsten ihre Freizeit verbringen, so kommt die Oper auf dieser Liste meist nicht vor. Diese Erfahrung hat zumindest Monika Doll, Sprecherin der Deutschen Oper am Rhein, gemacht. Um dem entgegenzuwirken und junge Menschen zwischen zwölf und 17 Jahren für die Angebote der Oper zu begeistern, habe sich das Team der Deutschen Oper am Rhein entscheiden, neue Wege einzuschlagen: „Wir gehen den Weg umgekehrt“, sagt Doll. Sie erklärt: Nicht mehr die Schüler müssten zur Oper kommen, sondern die Oper komme zu den Schülern – und zwar in Form eines Musiktheaters fürs Klassenzimmer.
Die mobile Produktion mit dem Titel „Echtzeitgefühl“feierte am Donnerstag vor rund 20 Siebtklässlern der städtischen Flora-Realschule im Stadtteil Bilk Premiere. Von Minute eins an zog die Duisburger Sängerin und Performerin Florence Mankenda die Schüler in ihren Bann. Alle blickten interessiert zu ihr, ihrer Loopstation und zu den zwei großen Displays nach vorne. Denn mehr braucht es für das Stück in knapper Schulstundenlänge nicht.
Komponist Sergej Maingardt setzt bei seinem Musiktheater, für das er zusammen mit Librettistin Christina Kettering verantwortlich ist, auf Kopfhörer. Dies sei ihm bei der
Konzeptidee wichtig gewesen, da so eine Intimität hergestellt werden könne. Zudem seien Kopfhörer aus dem Alltag der Schüler nicht mehr wegzudenken.
„Echtzeitgefühl“ist ein immersives Erlebnis für die Ohren und Augen. Thematisch basiert es auf Ovids „Metamorphosen“. Mit deutschem Sprechgesang behandelt das Stück Jugendthemen wie Selbstverwirklichung, Abgrenzung, Selbstfindung und thematisiert auch übergriffiges Verhalten von Männern, die sich „für Gott“halten, wie es mit den Worten „Baby, wehr dich nicht, wehr dich nicht, ich bin dein Gott“in der Performance heißt. Melodien aus der Popmusik treffen auf eingängige Beats und bildgewaltige Videoinstallationen.
Vieles passiert gleichzeitig, alles auf einmal wahrzunehmen ist unmöglich. Die Schülerinnen und Schüler verfolgen die Darbietung aufmerksam. Einige Jungs wippen mit ihrem Kopf zum Beat. Mankenda hält über die ganze Performance hinweg Blickkontakt zum Publikum, mal schlägt sie sanfte soulige Töne an, mal schreit sie.
Noch ertönte nicht der Schulgong, da ist die One-Woman-Show vorbei, die Siebtklässler applaudieren. Ihnen scheint es gefallen zu haben, sie überschütten die Verantwortlichen mit Komplimenten. „Du hast echt eine schöne Stimme“, sagt eine nervös wirkende Schülerin zu Mankenda. „Die Beatauswahl war sehr, sehr gut“, lobt ein Junge – und fügt an: „Die Videos waren cool.“