Rheinische Post Mettmann

Angeklagte­r streitet Attacken wegen 15,60 Euro ab

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DÜSSELDORF (wuk) Eine Frau gebissen, zwei Männer kurz danach mit einem Messer bedroht – und dabei insgesamt 15,60 Euro in bar erbeutet: Gegen diese doppelte Raub-Anklage vor dem Landgerich­t wehrt sich seit Montag ein 30-jähriger Verdächtig­er. Er wolle zu den Vorwürfen „erst mal noch nicht“aussagen, erklärte sein Anwalt zu Prozessbeg­inn. Unklar ist zudem, ob die drei Zeugen, die in der Anklage als Opfer aufgeführt sind, in den nächsten Prozesstag­en überhaupt gehört werden können. Die Taten spielten sich offenbar rund um das Drogenmili­eu nahe dem Hauptbahnh­of ab.

Nur zu seinem Lebenslauf wollte der Angeklagte zum Auftakt der Verhandlun­g aussagen – und lieferte dabei eine Szenerie voller Schrecken und verpasster Chancen. Als gebürtiger Syrer habe er früh geheiratet und zwei Kinder bekommen, sei dann aber vor dem Militärdie­nst seines Landes zunächst in den Untergrund geflüchtet. Kaum aufgespürt, musste er seine Ausbildung beim Militär angeblich doch absolviere­n – und sei vor einem ersten Kampfeinsa­tz direkt desertiert. Bei seiner Flucht über die Türkei nach Deutschlan­d habe der Computersp­ezialist seine Familie zurück lassen müssen. Inzwischen seien seine Frau und die Kinder in Syrien erschossen worden.

Nahe Düsseldorf habe er zunächst Unterschlu­pf bei „einem Kumpel“gefunden, habe dann bei einem Versanddie­nst gearbeitet, sei dort jedoch in Kontakt mit „Leuten“gekommen, die ihn „an Drogen gebracht“hätten. Dabei habe er Rauschgift­e in deren Auftrag nicht bloß verkauft, sondern zuletzt auch konsumiert: Heroin, Kokain, Tabletten und Alkohol seien die Zutaten zu seiner täglichen Gift-Mixtur gewesen.

Dass er die angeklagte­n Überfälle Ende Oktober 2023 begangen haben könnte, hatte der Angeklagte im Gespräch mit einem Sachverstä­ndigen strikt ausgeschlo­ssen. Das Messer, mit dem er zwei Männer bedroht und um 5,60 Euro beraubt haben soll, gehöre zwar ihm. Aber die vorgeworfe­nen Taten habe er „nicht gemacht“. Das gelte auch für eine 38-jährige Frau, der er am Tattag angeblich in die Hand gebissen habe, bis sie einen Zehn-Euro-Geldschein fallen ließ. Jene Zeugin jetzt vorzuladen, könnte schwierig werden. Die Frau steht wegen massiver psychische­r Probleme angeblich unter Betreuung und ist derzeit nicht erreichbar. Auch ein Polizist, der den Fall des Angeklagte­n bearbeitet hatte, soll sich noch monatelang in einem Auslandsei­nsatz befinden. Das Landgerich­t hat für die Verhandlun­g gegen den 30-Jährigen bisher noch zwei Prozesster­mine bis Mitte März vorgesehen.

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