Mehr Theater für Menschen mit Behinderung
Drei Jahre lang haben sich Theater in Düsseldorf, Köln und Dortmund zum Thema Barrierefreiheit Gedanken gemacht.
DÜSSELDORF Drei Kulturbetriebe in NRW hatten sich seit 2021 mit der Thematik beschäftigt, Menschen mit Beeinträchtigungen den Weg zur Teilnahme zu ebnen: das Junge Schauspiel Düsseldorf, das Theater Dortmund, das Comedia Theater Köln. Angestoßen und begleitet wurde das Projekt von zwei Kölner Initiativen, Access Maker und UnLabel. Die Abschlussveranstaltung fand jetzt in Düsseldorf statt.
„Gute Impulse, neues Wissen, viele Fragezeichen“, bilanzierte Intendant Wilfried Schulz. So konnten Erfahrungen gesammelt und ausgeweitet werden – beim barrierefreien Zugang, der angepassten Website, der Audiodeskription für Hörgeschädigte, der integrierten Gebärdensprache und der Übertitelung in mehreren Sprachen. Besonders wertvoll sei die Kommunikation mit Menschen mit Behinderung gewesen. „Manches funktionierte gut, manches weniger“, räumte Schulz ein: „Wir haben auch dicke Fehler gemacht, die aber nötig sind in einem solchen Prozess.“
Fast alle Abteilungen des Theaters waren eingebunden: Technik, Öffentlichkeitsarbeit, Service, Kunst in allen Schattierungen. Bisher habe es sich um Einzelanstrengungen gehandelt, jetzt werde man ein Konzept erarbeiten und verstetigen. „Alles auf einmal geht nicht“, sagte Schulz: „Wir werden Bereiche evaluieren. Das bedarf einer gesunden Mischung aus Geduld und auch Ungeduld, weil man ja vorankommen will.“Die Entwicklung im Theater sei Teil eines nötigen gesellschaftlichen Prozesses. Ein Problem sei allerdings deutlich hervorgetreten: „Jegliche Form von Integration in die Strukturen unseres Hauses beansprucht Ressourcen und kostet Geld. Die ausgedachten Maßnahmen müssen im Wirtschaftsplan aufscheinen. Wir brauchen eine Basis.“
Im Grußwort ging Gonca Türkeli-Dehnert, Staatssekretärin Kultur und Wissenschaft, auf die Arbeit von Access Maker ein. Ihr seien die Schwierigkeiten beeinträchtigter Menschen beim Zugang zur Kultur bewusst: „Es mangelt nicht am Willen, sondern an der Erfahrung bei der Umsetzung.“Die Theater leisteten Vorbildliches, indem sie sich für Diversität und Teilhabe auf, vor und hinter der Bühne einsetzten. Das Projekt werde bis 2027 fortgesetzt.
Lisette Reuter und Charlott Dahmen von Un-Label berichteten von der riesigen Resonanz auf ihre Arbeit. Das Thema sei vernachlässigt worden, weil es im Theater kaum Kontakte mit behinderten Menschen gab. Kreativlabore, Netzwerkarbeit, Beratung, Infofilme und die Begleitung von 20 Produktionen an den beteiligten Häusern hätten das Bewusstsein verändert.
Das bestätigten bei der Podiumsdiskussion die Dramaturgen. Kirstin Hess vom Jungen Schauspiel: „Es dauerte lange, bis wir wussten, was wir entwickeln wollten und wie wir das Interesse beim Publikum wecken sollten. Unsere Arbeit ist ein Wurzelwerk, das wachsen wird.“Dany Handschuh, Dramaturgin der Jungen Oper am Theater Dortmund, erläuterte Maßnahmen wie ein kontrastreiches Bühnenbild zur Orientierung oder besondere Materialien der Kostüme für eine Tastführung. Die blinde Kulturjournalistin und Radiomoderatorin Amy Zayed setzt alles daran, auch die Medien für das Thema zu sensibilisieren. Patrizia Kubanek, Performerin im Rollstuhl, fordert, dass im Kulturbetrieb mehr Menschen wie sie sichtbar werden: „Das Publikum wird sich daran gewöhnen, dass es behinderte Künstler gibt. Die Welle wabert durch das ganze Land.“