Erst bricht bei Lanxess der Gewinn ein, nun der Kurs
Für die meisten der 870 Stellen, die der Konzern streicht, sind die Verträge unterschrieben. 2035 erwartet er eine Erholung.
KÖLN (anh/rtr) Die bundesweite Chemiekrise hat auch den Kölner Lanxess-Konzern voll erwischt. Der Gewinn vor Steuern ging um fast die Hälfte auf 512 Millionen Euro zurück. „Ein solches Krisenjahr hat die deutsche Chemie und haben auch wir bei Lanxess noch nicht erlebt“, sagte Konzern-Chef Matthias Zachert am Donnerstag bei der Vorstellung der Bilanz. „Aber wir tun alles dafür, um möglichst stabil durch diese Phase zu kommen und bestmöglich aufgestellt zu sein, wenn die Zeiten wieder besser werden.“
Der Kölner Spezialchemiekonzern will angesichts schwacher Geschäfte im Zuge seines Sparprogramms weltweit 870 Stellen abbauen, davon 460 Stellen in Deutschland, wie er bereits im Herbst 2023 angekündigt hatte. Für den Großteil des Stellenabbaus seien bereits die entsprechenden Verträge unterzeichnet worden, sagte Zachert nun.
Die Chemieunternehmen leiden unter den hohen Energiekosten und langen Genehmigungsverfahren in
Deutschland sowie der weltweiten Konjunkturflaute. Der Umsatz von Lanxess sank um 17 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Unterm Strich machte Lanxess einen Verlust von 843 Millionen Euro Verlust, vor allem wegen Abschreibungen bei seiner Beteiligung am Kunststoffunternehmen Envalior.
Und die Krise ist noch nicht vorbei. Der einst von Bayer abgespaltene Konzern rechnet frühestens 2025 wieder mit stärkerem Wachstum. Nach einem harten Jahr
2023 müssten die finanzielle Basis des Unternehmens gestärkt und die Schulden weiter abgebaut werden, „um in der Wachstumsphase 2025, spätestens 2026 wieder einzuschlagen“, sagte Zachert. Die Nachfrage erhole sich nach einem für die gesamte Branche „toxischen“Jahr nur moderat. Hohe Energiekosten und die schwache Konjunktur, vor allem in der Bauindustrie, machen dem Spezialchemiekonzern weiter zu schaffen. Das bekommen auch die Aktionäre zu spüren: Die Aktie von Lanxess ging wegen des trüben Ausblicks auf Talfahrt. Zudem kappt der Konzern die Dividende auf zehn Cent je Aktie, im Vorjahr hatte es noch 1,05 Euro gegeben. Die Lanxess-Aktie
brach am Donnerstag um bis zu elf Prozent ein, holte dann aber wieder etwas auf. Sie notiert bei 24 Euro. Im Jahr 2021 hatte der Kurs mehr als doppelt so hoch gestanden – bei 64 Euro.
Bayer hatte einst seine Kunststoffe in das Unternehmen Covestro abgespalten und seine anderen Chemiegeschäfte in Lanxess. Für Lanxess sind die Werke in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen weiter wichtig. Der Konzern hat weltweit 13.000 Mitarbeiter, davon rund die Hälfte in NRW.
„Die Deindustrialisierung Deutschlands hat bereits begonnen“, hatte Zachert schon im Herbst im Interview gewarnt. „Ich arbeite seit 30 Jahren in der Branche: Ich habe nie erlebt, dass so viele Unternehmen gleichzeitig eine Gewinnwarnung ausgesprochen haben, wie es in den letzten Monaten zu sehen war. Die ersten Konzerne – auch wir – schließen Anlagen. Ich bin in tiefer Sorge. Der Standort Deutschland verliert massiv an Wettbewerbsfähigkeit
für die energieintensiven Unternehmen.“Zachert hatte früh vor dem Verlust Tausender Stellen in Deutschlands Chemie gewarnt. Inzwischen haben die Branchengrößen wie BASF, Evonik, Bayer und eben auch Lanxess Kostensenkungsprogramme und Stellenabbau angekündigt, um die Krise in den Griff zu bekommen.
Die Branche hatte lange für einen Industriestrompreis bei der Politik geworben, diesen hat die Bundesregierung wegen Bedenken von Ökonomen und Haushaltsproblemen aber nicht eingeführt. Stattdessen gibt es ein Sammelsurium an Entlastungen, das die Branche nicht ausreichend findet.
Daraus zieht Lanxess nun seine Schlüsse: Erweiterungsinvestitionen plant das Unternehmen in den USA und Asien, nicht aber in Deutschland. Hier werde der Bestand erhalten und in Nachhaltigkeit investiert. Auf die USA entfielen mittlerweile 30 Prozent des Umsatzes.