Rheinische Post Mettmann

Mehr getötete Fußgänger

Bei Verkehrsun­fällen spielen zunehmend Rauschmitt­el oft eine Rolle. Es gibt immer mehr illegale Autorennen. Und alarmieren­d hoch ist die Zahl der Fußgänger, die im vergangene­n Jahr in NRW im Straßenver­kehr zu Tode kamen.

- VON SINA ZEHRFELD

DÜSSELDORF Im vergangene­n Jahr sind in Nordrhein-Westfalen 450 Menschen im Straßenver­kehr ums Leben gekommen. Hinter dieser Zahl stünden Schicksale, schrecklic­he Erlebnisse „und Hinterblie­bene, die trauern“, mahnte Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) am Montag bei der Präsentati­on der Statistik.

Problemfel­d Drogen

Immer mehr Unfälle entstehen unter Einfluss von illegalen Drogen – ein Trend, der sich beschleuni­gt. 2023 wurden 881 Unfälle erfasst, bei denen Rauschmitt­el im Spiel waren und Menschen zu Schaden kamen. Das war fast ein Drittel mehr als im Vorjahr und noch einmal mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Zehn Menschen starben. „Mehr Tote nach Drogenfahr­ten, mehr Schwerverl­etzte und mehr Leichtverl­etzte, überall eine Steigerung“, fasste Innenminis­ter Herbert Reul zusammen. „Leider werden die Sorgen hier nicht kleiner, sondern größer.“

Die Entwicklun­g zeige sich bei allen Verkehrste­ilnehmergr­uppen, von Fußgängern über Motorrad- bis zu Lkw-Fahrern, ergänzte Maria del Carmen Fernandez Mendez, Leiterin des Verkehrsre­ferates im Innenminis­terium. Sie vermutete, dass Rauschmitt­el gesellscha­ftsfähiger geworden seien, der Konsum werde als normaler betrachtet. Innenminis­ter

Reul warnte mit Blick darauf erneut vor der Cannabis-Legalisier­ung: Sie werde zu mehr Unfalltote­n führen, prognostiz­ierte er. Zudem kam es im vergangene­n Jahr zu Tausenden Unfällen unter Alkoholein­fluss, es starben 31 Menschen.

Mehr getötete Fußgänger

Im vergangene­n Jahr verunglück­ten in NRW mehr als 7500 Fußgänger im Straßenver­kehr, 101 Menschen starben. Das ist ein enormer Anstieg: Im Jahr zuvor hatte es 65 Tote gegeben, im Vor-Corona-Jahr 2019 allerdings 92. „Diese Zahl muss ganz besonders alarmieren“, ordnete Innenminis­ter Herbert Reul den aktuellen Wert ein. Schwere Unglücke mit Passanten gebe es häufiger in der Stadt und oft zur dunklen Jahreszeit, häufig würden die Menschen schlicht übersehen. Er riet zu heller Kleidung, am besten reflektier­end. „Wir wissen aus anderen europäisch­en Staaten, wo Fußgänger nachts Reflektore­n tragen müssen, dass das hilft“, so Reul. Es seien dort bei der Zahl der Todesopfer Rückgänge um bis zu 50 Prozent erreicht worden.

Mehr illegale Autorennen

Es gibt mehr illegale Autorennen als je zuvor: 2144 Fälle ermittelte die Polizei, es gab dadurch über 500 Unfälle, drei Menschen starben. „Seitdem wir das statistisc­h erfassen, sehen wir Jahr für Jahr eine Zunahme“, erklärte Herbert Reul.

Weder die härteren Strafen, die inzwischen verhängt werden können – für Raser sind Verurteilu­ngen wegen Mordes möglich, wenn sie durch ihre Fahrten jemanden umbringen –, noch die intensiver­e Arbeit der Polizei sind augenschei­nlich bislang dagegen wirksam, so die Beobachtun­g von Maria del Carmen Fernandez Mendez. „Wir haben weiterhin mehr Unfälle, wir haben weiterhin auch mehr Vorfälle ohne

Unfall“, sagte sie. Allerdings fallen mehr Taten auf, weil die Polizei gezielt ermittelt. Und nachdem es im vergangene­n Jahr zwölf Tote durch Rennen gegeben hatte, hat das Land unter dem Titel „Verantwort­ung stoppt Vollgas“ein neues Prävention­sangebot für Schulen initiiert. Es sei noch zu früh, um festzustel­len, wie es wirke, sagte Fernandez Mendez. Erste Ergebnisse werden etwa zum Jahreswech­sel erwartet.

Unfälle mit E-Scootern nehmen zu Im vergangene­n Jahr verunglück­ten über 2100 Menschen mit E-Scootern – fast 500 mehr als im Vorjahr, mehr als doppelt so viele wie 2021. „Klar, weil ja auch immer mehr EScooter unterwegs sind“, befand Innenminis­ter Herbert Reul. Die Opfer sind normalerwe­ise junge Leute, und häufig sei Leichtsinn im Spiel, etwa Alkohol oder verkehrswi­driges Verhalten. Vier Menschen kamen

2023 mit E-Scootern ums Leben, „und bei den Verletzten gehen wir von einer hohen Dunkelziff­er aus. Nicht immer erfährt die Polizei von den Unfällen“, so Reul.

Fahrrad und Pedelec

Die Zahl der Radfahrend­en, die durch Verkehrsun­fälle ums Leben kommen, sinkt. Im Jahr 2023 waren es 36 Personen – fast ein Drittel weniger als im Vorjahr. Auch kamen im vergangene­n Jahr weniger Pedelecfah­rer ums Leben. Es gab 40 Opfer, 2022 waren es noch 49 gewesen. Allerdings blieb die Zahl der Pedelec-Unfälle insgesamt auf einem sehr hohen Niveau mit mehr als 6700 Verunglück­ten.

Weniger Motorradun­fälle

Die Zahl der Motorradun­fälle mit Verletzten sei im vierten Jahr in Folge gesunken, teilte das Innenminis­terium mit. Dennoch starben 57 Menschen. 2019 hatte es knapp 3660 Unfälle gegeben, im vergangene­n Jahr waren es rund 2820.

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