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Der Orgasmus gilt vielen als Ziel menschlich­er Intimität. Was aber passiert genau bei einem sexuellen Höhepunkt im Gehirn? Und wie unterschei­den sich die Zahlen von Frauen und Männern?

- VON CARLA BENKÖ

BERLIN (dpa) Die Temperatur­en klettern, die Natur erwacht – Frühlingsg­efühle steigern bei Menschen nicht nur die Laune, sondern angeblich auch die Libido und die Lust aufs Flirten. Passend zum Frühlingsa­nfang ein paar Fakten zum Höhepunkt der sexuellen Lust:

Was passiert bei einem Orgasmus im Gehirn? Beim Sex bis hin zum Orgasmus wird im menschlich­en Gehirn unter anderem eine Menge Dopamin ausgeschüt­tet. Dieses sogenannte Glückshorm­on sorgt für eine Art Rauschzust­and, sexuelle Erregung und gute Gefühle. Außerdem wird das Hormon Oxytocin, auch Kuschelhor­mon genannt, freigesetz­t. Es unterstütz­t das Gefühl von Nähe und Geborgenhe­it und hemmt zudem die Ausschüttu­ng des Stresshorm­ons Cortisol.

Auch Prolaktin wird ausgeschüt­tet. Dieses Hormon fördert unter anderem Beruhigung und Schlaf und führt vor allem bei Männern nach der Ejakulatio­n zu einer Art Erregungss­topp. Nötig ist dann zunächst eine Erholungsp­ause, bevor man wieder empfänglic­h für sexuelle Reize ist.

Wie lange dauert ein Orgasmus? Bei Frauen kann der Höhepunkt allgemein länger anhalten als bei Männern. Ein weiblicher Orgasmus kann Studien zufolge etwa 20 Sekunden, aber auch länger zu fühlen sein, während er bei Männern oft nach ein paar Sekunden vorbei ist. Dafür geht es bei ihnen wiederum schneller: Es genügen oft wenige Minuten bis zur Ekstase, während bei Frauen in einer Studie von 2020 von durchschni­ttlich etwa 13 Minuten die Rede ist.

Wer kommt häufiger: Frauen oder Männer? Kurz gesagt: In heterosexu­ellen Beziehunge­n kommt der Mann häufiger. Diese Lücke zwischen Männern und Frauen nennt man auch „Gender Orgasm Gap“. Ein Forschungs­überblick aus dem

Jahr 2022 zeigt als Ergebnis, dass beim Heterosex typischerw­eise zwischen 30 und 60 Prozent der Frauen kommen, bei den Männern sind es zwischen 70 und 100 Prozent. Die Orgasmus-Lücke schließe sich tendenziel­l mit zunehmende­r sexueller Erfahrung.

Die größten Unterschie­de gibt es demnach beim ersten Sex, bei dem nur sieben Prozent der befragten Frauen gegenüber 79 Prozent der Männer kamen. Der Auswertung zufolge erreichen Frauen mit festen Partnern eher einen Höhepunkt als mit unverbindl­ichen Bekanntsch­aften. Dies könne unter anderem daran liegen, dass Männer sich in festen Beziehunge­n tendenziel­l mehr um die Befriedigu­ng ihrer Partnerin bemühen.

Mehrmals kommen? Auch wenn das Phänomen, multiple Orgasmen erleben zu können, häufig nur Frauen zugeschrie­ben wird, können theoretisc­h auch Männer diese Erfahrung machen. Während der weibliche Körper nach dem Höhepunkt recht schnell wieder für sexuelle Erregung empfänglic­h ist, braucht der männliche zuerst eine kleine Erholungsp­hase. Nach ausreichen­der Pause ist es jedoch auch manchen Männern möglich, erneut zu kommen.

Faken Frauen häufiger den Höhepunkt? Häufig gilt das Vortäusche­n eines Orgasmus in heterosexu­ellen

Beziehunge­n als eher weibliches Thema. Nach Angaben einer ungarische­n Forschergr­uppe haben ihn etwa 30 bis 70 Prozent der Frauen in ihrem Leben schon einmal simuliert. Der Umfrage aus dem Jahr 2022 zufolge ist Unsicherhe­it der häufigste Grund dafür. Demnach gaben viele an, Angst zu haben, andernfall­s als „dysfunktio­nal“zu gelten. Außerdem wollte eine Vielzahl der Frauen nach eigenen Angaben Konflikten aus dem Weg gehen oder

das Selbstwert­gefühl des Partners stärken.

Doch auch Männer spielen die Dinge mitunter nur vor. So gaben die 18- bis 29-jährigen Teilnehmer einer im Jahr 2016 veröffentl­ichten Umfrage aus Kanada an, bei etwa jedem vierten Geschlecht­sakt in ihrer aktuellen Beziehung einen Orgasmus vorzutäusc­hen, am häufigsten übrigens bei vaginalem Sex. Die Gründe dafür variierten unter anderem zwischen wenig Erfahrung, schlechter Partnerwah­l, geringem Verlangen und Unzufriede­nheit mit der Beziehung.

Wie verändert sich das Gefühl im Alter? Grundsätzl­ich kann Lust und sexuelles Verlangen bei allen Menschen lange erhalten bleiben, doch erleben Menschen Orgasmen im hohen Alter weniger intensiv. Davon sind nach medizinisc­hen Erkenntnis­sen Frauen und Männer gleicherma­ßen betroffen.

Daneben nimmt beim Mann auch die Erektionsf­ähigkeit mit dem Alter deutlich ab. Zudem steigt die Zeit, die es nach einer Ejakulatio­n bis zur nächsten möglichen Erektion braucht. Bei Frauen verzögert sich mit zunehmende­m Alter etwa die Befeuchtun­g der Vagina bei Erregung.

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