Jennie Gu ist Kreismeisterin im Vorlesen
Jennie Gu überzeugte die Jury, sie setze sich beim kreisweiten Vorlesewettbewerb durch. Jetzt bereitet sich die 12-jährige Gymnasiastin auf die nächste Runde Ende April vor. Warum Vorlesekompetenz wichtig ist.
METTMANN „Schock deine Eltern, greif zum Buch“ist ein Slogan, bei dem Jennie Gu lachend abwinkt. Die 12-jährige Schülerin des Heine-Gymnasiums ist eine begeisterte Leserin. „Ich mag es total, mich in Geschichten zu versetzen“, schwärmt sie von dicken Schmökern und Ausflügen in literarische Welten. Sie mag es, in eine andere Welt entführt zu werden, um andere Kulturen kennenzulernen und sich in die Gefühle und Gedanken der Charaktere einzufühlen. Die Sechstklässlerin ist aber nicht bloß „Dauergast in der Bücherei“und nervt schon mal ihre jüngere Schwester, weil lange nach Schlafenszeit noch das Leselicht brennt. Die Gymnasiastin kann auch richtig gut vortragen, weshalb sie Kreismeisterin im Vorlesen ist.
„Jetzt freue ich mich auf die nächste Runde“, Ende April geht es beim Bezirksentscheid weiter. „Positiv aufgeregt“ist Jennie Gu, zu deren Lieblingsfächern Mathe, Musik und Kunst zählen. Die Leserei ist neben Klavier, Blockflöte und Geige ein „schönes Hobby“, Fantasiebücher a la „Harry Potter“oder „Herr der Ringe“mag sie besonders und befragt, was denn das Herausfordernste beim Wettbewerb – sie setzte sich gegen 12 Teilnehmende aus Erkrath und Ratingen durch – war, lautet ihre Antwort: „Ich habe lange experimentiert, eine besonders spannende Textstelle zu finden. Aus dem Titel „Allein in der Wildnis“trug sie vor, Disziplinen wie deutliche Betonung, im Lesefluss zu sein und ein gutes Sprechtempo zu entwickeln, trainierte sie mit der Familie. „Die waren mein Publikum.“Im Wettbewerb muss auch ein fremder, von der Jury bestimmter Text vorgetragen werden. Um hier präpariert zu sein, „übe ich. Und kenne ich mal ein Wort nicht, dann schlage ich das nach“. Stress bereitet ihr der Wettbewerb nicht. „Das ist doch auch inspirierend für andere, mal zum buch zu greifen“, konnte sie auch schon Freundinnen und Mitschüler animieren.
Kinder, die frühzeitig mit dem Vorlesen in Kontakt kommen und regelmäßig vorgelesen bekommen, entwickeln eine bessere Sprachkompetenz, ein größeres Vokabular und eine verbesserte Lesefähigkeit im Allgemeinen. So ordnet Stephanie Majewski, Deutsch- und Geschichtslehrerin am HHG, diese Fähigkeit ein. Sie organisiert den schulinternen Vorlesewettbewerb,
selbst in der Pandemie „unter aberwitzigen Bedingungen“. Denn „Lesen zu können ist eine Kompetenz, die Zugang zu allen Fächern schafft“. „Lesen ist wie googeln, nur krasser“, fachübergreifend werden Lesekompetenzen auch in Projekten und Ferienarbeiten kreativ gefördert.
Die Jahrgänge, die während der Pandemie in der Grundschule waren, haben deutliche Defizite beim Lesen und Schreiben, weiß die Lehrerin. Auch deshalb versucht das Kollegium, die Liebe zum Buch und die Lust zum Lesen zu vermitteln – Themen und Genres werden Alter und Kompetenzen entsprechend ausgewählt. Vorleswettbewerbe hält sie für „wichtig, sie sollten keiner Sparpolitik zum Opfer fallen“.
Wettbewerb Der Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels wird seit 1959 jährlich ausgetragen.
Leselust Vorlesekompetenz ist nicht nur ein akustisch schönes Moment für Zuhörende. Sie ist aus
Dass Jennie Gu den Kreiswettbewerb gewonnen hat, erfuhr Stephanie Majewski, weil sie nachfragte. „Jennie ist zu bescheiden, mit einem Erfolg anzugeben“, der erste Platz ist eine „ganz, ganz tolle Leistung“.
Pädagogensicht auch zur Entwicklung anderer Fähigkeiten wichtig wie etwa der Konzentration, dem Zuhören und der Empathie. Beim Vorlesen werden Kinder in eine andere Welt entführt, in der sie neue Erfahrungen machen, andere Kulturen kennenlernen und sich in die Gefühle und Gedanken der Charaktere einfühlen können.
Und letztlich hat, wer früh Literatur für sich entdeckt, die Chance zu selbstbewussten, kritischen und einfühlsamen Lesern heranzuwachsen, der die Welt mit offenen Augen und einem offenen Herzen betrachtet.