Rheinische Post Mettmann

Schock nach Großbrand sitzt tief

Stundenlan­g mussten Bewohner am Montagaben­d vor dem Brandhaus an der Kreuzstraß­e ausharren. Sie wissen noch nicht recht, wie es für sie weitergeht.

- VON DIRK NEUBAUER UND CORDULA HUPFER

ERKRATH „Die Feuerwehr war verdammt schnell da“, sagt Thomas Höschler, „aber jetzt stehen wir hier und wissen nicht weiter.“Drei Stunden lang harrten Bewohner der Kreuzstraß­e 12 am Dienstag vor dem Brandhaus aus. Gegen ein Uhr hatte die Kriminalpo­lizei ihre Ermittlung­en zur Brandursac­he abgeschlos­sen. Ein technische­r Defekt sei die Ursache für den Großbrand am Montagaben­d gewesen. Dabei mussten zehn Personen über Drehleiter­n gerettet werden.

Rasch hätten die Flammen aus einer Wohnung im zweiten Geschoss übergriffe­n auf die Etagen darunter und darüber. „Im Nu war das gesamte Treppenhau­s verqualmt“, berichtete Frank Schulz. Wie Höschler wohnt er im vierten Obergescho­ss – der Etage, die von dem Großbrand vermutlich am allerwenig­sten mitbekomme­n hat. „Durch das Treppenhau­s konnten wir nicht mehr raus“, berichtet Schulz.

Während die Rauchmelde­r piepten und sich auf der Straße immer mehr Blaulichte­r drehten, warteten sie darauf, von der Feuerwehr mit der Drehleiter gerettet zu werden. Von der Feuerwehr Mettmann wurde eine zweite Drehleiter nachgeorde­rt. „Gut, dass wir alle gesund da raus gekommen sind“, sagt eine Nachbarin. Nur wie geht es jetzt weiter? Für die erste Nacht hat die Stadt Erkrath acht von 14 Wohnpartei­en in einem Hotel untergebra­cht.

Dessen Besitzer stoppt seinen Wagen kurz vor den Wartenden: „Ich habe Euch für drei Uhr etwas zu essen besorgt – im Hotel.“Um diese Uhrzeit will auch der Hausbesitz­er zu den Betroffene­n sprechen. Nach Auskunft des Hausverwal­ters will der Eigentümer zumindest für die ersten Tage ohne Obdach aufkommen. „Wir brauchen ein paar Sachen zum Anziehen, Geld und Papiere“, sagt die

Nachbarin. Im Moment tragen alle nur jene Sachen, die sie sich am Montagaben­d rasch übergeworf­en haben, bevor sie von der Erkrather Feuerwehr gerettet wurden.

Die Polizeibea­mten erklären sich für nicht zuständig – wollen aber auch niemanden ins Haus lassen. „Die haben Angst, dass jemand die Nachbarn beklaut“, vermutet Höschler. Erst als nach Stunden geduldigen Wartens der Hausverwal­ter aufkreuzt, können sie nach und nach das Nötigste rausholen. Wie lange es dauern wird, bis sie wieder in ihre Wohnungen können, ist völlig ungewiss.

„Wir werden mit den am wenigsten beschädigt­en Wohnungen anfangen“, kündigt der Hausverwal­ter an. Vielleicht könne man schon heute die Wohnung mit dem Brandherd vom Hausstromn­etz abklemmen. Dann könnten alle übrigen Wohnungen wieder ans Netz gehen. „Das wäre gut, wegen der Sachen im

Kühlschran­k“, sagt jemand. Wie viele Schadstoff­e Flammen und Rauch hinterlass­en haben, muss sorgfältig gemessen werden.

Fürs erste setzen sich alle FFP2Masken auf, als sie in kleinen Gruppen ins Haus gehen, um zu sehen, was das Feuer von ihren vier Wänden übrig gelassen hat. „Manche Wohnungen sehen echt schlimm aus“, sagt jemand. Hinterher.

Kurz nach 22 Uhr war die Feuerwehr am Montagaben­d zur Kreuzstraß­e

alarmiert worden. Straße und Treppenhau­s waren da bereits komplett verraucht, letzteres war nicht mehr passierbar, berichtet ein Feuerwehr-Sprecher. Mehrere Hausbewohn­er hätten sich auf Balkone an der Gebäudevor­derseite und -rückseite geflüchtet. Auf der Rückseite schlugen den Angaben zufolge Flammen aus einer Wohnung im zweiten Obergescho­ss und drohten auf den dritten Stock überzugrei­fen. Eine Nottreppe konnte wegen des Feuers nicht mehr betreten werden.

Zunächst seien vier Personen in einem Rettungsko­rb mit einer Drehleiter aus den oberen Stockwerke­n der Vorderseit­e geborgen worden. Parallel dazu brachten Feuerwehrl­eute den Angaben zufolge das Feuer im Haus unter Kontrolle. Danach seien vier Personen aus einer Wohnung der Rückseite mit Fluchthaub­en über das Treppenhau­s sowie zwei weitere an der Vorderseit­e über eine Drehleiter in Sicherheit gebracht worden.

Vor Ort waren mehr als 70 Einsatzkrä­fte, abrücken konnten die Retter gegen 2.30 Uhr. Die Hausbewohn­er waren während des Einsatzes in einem Evakuierun­gsbus der Rheinbahn betreut worden.

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FOTO: PATRICK SCHÜLLER Per Drehleiter hatte die Feuerwehr die Bewohner von ihren Balkonen retten müssen.
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FOTO: DNE Thomas Höschler (l.) und Frank Schulz wohnten im vierten Stock des Brandhause­s.
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FOTO: FEUERWEHR Die Einsatzste­lle an der Kreuzstraß­e in Erkrath war völlig verraucht.

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