Sozialkaufhaus an der Herzogstraße gerettet
Die Traditionsfiliale von „Cash und Raus“sollte Ende Mai schließen. Nach einem Bericht unserer Redaktion lenkte der Vermieter ein.
FRIEDRICHSTADT Inmitten der „Cash und Raus“-Filiale an der Herzogstraße hängt ein Zeitungsartikel der Rheinischen Post vom 21. März 2024. Die Überschrift: „Sozialkaufhaus schließt nach 20 Jahren“. Auf dem schwarz-weiß gedruckten Foto ist ein Mann zu sehen, der einen Dackel hält und traurig in die Kamera blickt.
Weniger als einen Monat später steht genau dieser Mann in eben dieser Filiale, um deren Rettung zu verkünden. „Wir bleiben“, sagt Markus Textores, Chef der „Cash und Raus“-Kaufhäuser in Düsseldorf. „Vor lauter Freude haben wir einen Salto rückwärts gemacht.“
Nach Angaben des 56-Jährigen gibt es jede Menge Menschen, die sich mit ihm und dem knapp 20-köpfigen Team an der Herzogstraße freuen. Textores weiß das, weil er die Trauer mitbekommen hat, nachdem die Nachricht über die geplante Schließung die Runde gemacht hatte. „Die Resonanz der Nachbarschaft war überwältigend“, sagt Textores.
Langjährige Stammkunden hätten das „Ende eines Ankers im Quartier“bedauert, viele meldeten sich über Facebook und Instagram, eine Frau habe sogar im Laden geweint. „Sie wohnt nebenan, hat drei Kinder, wenig Geld und kommt seit zehn Jahren fast täglich“, erzählt Textores. Wegen einer Gehbehinderung wäre die nächste Filiale an der Scheurenstraße zu weit für sie gewesen. Nun aber kann es weitergehen – weil auf die Emotionen eine rationale Lösung folgte.
Der Betreiber von „Cash und Raus“, der gemeinnützige Träger SKM, spricht von „einer großzügigen Spende durch den Vermieter“. Konkret hatte sich der Eigentümer des Hauses an der Herzogstraße 28 nach der Berichterstattung an das Sozialkaufhaus gewendet. „Auch er wollte uns unterstützen und kam uns dann bei der Miete entgegen“, erzählt Textores.
Für die 360 Quadratmeter große Verkaufsfläche zahlte das Kaufhaus bisher 4000 Euro kalt im Monat. In der zweiten Jahreshälfte wird es „deutlich weniger“sein, so der „Cash und Raus“-Chef. Dank dieser karitativen Mietminderung auf Zeit hat SKM jetzt Zeit, nach weiteren Geldquellen für den Standort zu schauen – zum Beispiel aus einem Fördertopf der Stadt.
Mit den Zugeständnissen des Vermieters hat das Sozialkaufhaus nun wieder genug Budget, um den Betrieb seiner größten Düsseldorfer Filiale fortzuführen. Schon am Montag hängten Mitarbeiter die Schilder für den „Räumungsverkauf“aus dem Schaufenster, stattdessen wird dort jetzt die Rettung verkündet. Großzügige Rabatte wird es aber trotzdem noch bis Ende dieses Monats geben. Bilder sind aktuell um die Hälfte reduziert, Kleidung sogar um 70 Prozent.
Wegen der günstigen Preise auf gut erhaltene Gebrauchtwaren ist „Cash und Raus“besonders bei Menschen gefragt, die unterdurchschnittlich viel Geld auf dem Konto haben. Die Kernzielgruppe von Sozialkaufhäusern wie auch dem „Kaufhaus Wertvoll“oder dem „Fairhaus“sind Menschen mit geringem Budget. „Aber einkaufen darf hier jedermann“, sagt Markus Textores.
Vor allem in den vergangenen Wochen war der Zulauf an der Herzogstraße enorm. Bis zu 250 Kunden
pro Tag hätten dort eingekauft, mehr als doppelt so viele wie sonst. Sofas, Hausrat und Textilien seien derzeit besonders beliebt. Im aktuellen Sortiment gibt es einen Zweisitzer mit Sessel für 150 Euro. Shirts, Hosen, Röcke, Hemden und Pullis kosten jeweils weniger als fünf Euro.
Wer etwas kauft, unterstützt automatisch ein Beschäftigungsprojekt. Denn Sozialkaufhäuser sind in Düsseldorf die größten Anbieter von Arbeitsmaßnahmen für Menschen, die mehr als ein Jahr arbeitslos sind – und so neben Tagesstruktur und etwas Lohn auch irgendwann wieder
einen festen Job finden sollen.
Bei diesem Vorhaben aber sind die Kaufhäuser abhängig von Fördergeldern des Bundes. Diese werden vom Jobcenter ausgezahlt und fallen dieses Jahr aufgrund bundespolitischer Sparmaßnahmen deutlich geringer aus.
Nach Angaben des Jobcenters Düsseldorf schrumpft das Budget für Ein-Euro-Jobs im Jahr 2024 um ein Fünftel im Vergleich zu den Vorjahren. Deshalb musste das Jobcenter jede fünfte Stelle für Ein-EuroJobs in Düsseldorf streichen. Als Reaktion wollte „Cash und Raus“die Filiale an der Herzogstraße eigentlich einsparen.
Stattdessen heißt es nun von SKM-Geschäftsführer Stephan Buttgereit: „Wir investieren in den Standort.“Die Außenwerbung wird erneuert, der Boden im Untergeschoss auch. Die Filiale soll moderner wirken. „Schließlich sind wir ein Treffpunkt im Viertel“, sagt Markus Textores. Künftig sei auch denkbar, auf der Fläche ein Café und eine Beratungsstelle anzubieten.